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Warum linke Care-Politik nicht erfolgreich war

Eine Wahlanalyse der Nationalratswahl 2024 von Nikolaus Kowall*

„Die SPÖ hat ihr schwächstes Ergebnis erreicht, seit es freie Wahlen gibt.“ Das war der erste Satz meiner Analyse am Blog der Sektion 8 sowohl im Oktober 2008 als auch im Oktober 2013. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs hat 2024 trotz eines Zuwachses von 20.000 Stimmen das bisherige Rekord-Tief von 2019 prozentuell minimal unterboten und den geringsten Stimmenanteil seit 1919 eingefahren.

Diese Wahl brach noch zwei weitere Rekorde: Erstens erreichte die FPÖ ihr bislang bestes Ergebnis und wurde erstmals stärkste Partei, zweitens haben die Parteien links der Mitte (selbst unter Einrechnung der Bierpartei!) mit nur 33,5% das schlechteste Resultat seit 1945 eingefahren. Die Parteien rechts der Mitte konnten gemeinsam leicht zulegen, brachen aber nicht den Allzeit-Rekord von 2017. Aber 55% für ÖVP und FPÖ sind auch beachtlich und ihr gemeinsam drittstärkstes Ergebnis seit 1945.

Seit 2006 gibt es zwei deutliche Trends: Erstens, das rechte Lager wächst an. Zweitens schmilzt das linke Lager (SPÖ, Grüne und KPÖ) noch schneller ab als das rechte ansteigt. Das liegt am Erstarken der Liberalen (in die Grafik die „Mitte“). Es ist ja prinzipiell nichts dabei, wenn eine liberale Mitte-Partei an Bedeutung gewinnt. Würde diese links und rechts gleichermaßen Stimmen kosten, käme damit vielleicht keine Vermögenssteuer, aber es würde Österreich tendenziell aus seiner atmosphärischen Stickigkeit helfen. Was aber fassungslos macht ist, dass die NEOS im Saldo ausschließlich Stimmen links der Mitte aufsammeln. Wichtig ist die Betonung von „Saldo“, denn die Partei wird schon auch die eine oder andere ÖVP-Stimme gewinnen. Aber das sind weniger als Rot-Grün an den Rechtsblock verliert.  

Noch eine andere Perspektive unterstreicht diesen Trend: Wenn man, vereinfacht gesagt, nur die „demokratischen“ Parteien berücksichtigt, also die FPÖ ignoriert und die ÖVP einrechnet (v.a. für die Kurz-Periode unter erheblichen Schmerzen), könnte man eine Lagergrenze zwischen Rot-Grün und Schwarz-Pink ziehen. Von 1994 (als das Liberale Forum ins Parlament einzog) bis 2013 lag Rot-Grün vorne. Seit 2017 führt Schwarz-Pink innerhalb des „demokratischen“ Spektrums. Mittlerweile ist Schwarz stärker als rot und pink stärker als grün.

Hinzu kommt eine Entwicklung, die sich seit 2006 immer deutlicher beobachten lässt. Wenn die Wahlbeteiligung sinkt, schrumpft das rechte Lager, wenn die Wahlbeteiligung steigt, wächst es. Im Prinzip hängt das Verhältnis von Links vs. Rechts also maßgeblich davon ab, ob die FPÖ-Wählerschaft gerade durch Ibiza etc. demobilisiert ist oder nicht.

Während die Rechte zu anderen Zeitpunkten zersplittert war (2013 beispielsweise in FPÖ, BZÖ und Team Stronach), ist seit 2017 die schrumpfende Linke zersplittert und die Rechte geeint. Diesmal sind 4,4% Stimmen links der Mitte gar nicht im Parlament vertreten (Bier & KPÖ). Die parlamentarische Linke, bestehend aus SPÖ und Grünen, fällt damit erstmals unter 30 Prozent.

Nur vor diesem Hintergrund macht eine Analyse des SPÖ-Resultats Sinn. Denn die Stabilisierung des Parteiergebnisses bei 21,2% muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass sich die SPÖ – wie schon 2017 – auf Kosten der Grünen konsolidiert hat. Sprich, was die Partei im urbanen Bereich (und im Speckgürtel (!), siehe Mödling oder Eichgraben) von den Grünen gewinnen konnte, hat sie anderenorts an die Rechtsparteien verloren. Die Problematik sticht sofort ins Auge, wenn man meinen industriell geprägten, aber ländlichen Herkunftsbezirk Lilienfeld (NÖ) mit meinem Wahlkreis Wien Innen West (Bezirke 1,6,7,8,9) vergleicht. Im Wahlkreis haben wir die höchsten Zuwächse in Österreich erreicht, im Bezirk Lilienfeld heißt die Nummer 1 jetzt FPÖ. Lilienfeld ist übrigens der Bezirk mit dem österreichweit höchsten Anteil von Beschäftigten in der Metallindustrie nach Steyr Stadt. Beim SPÖ-Wahlsieg unter Gusenbauer 2006 war die SPÖ hier mit 43% die klare Nummer 1. Es handelt sich also um historisch rotes Kerngebiet wie bei der Obersteiermark oder dem oberösterreichischen Zentralraum.  

Im big picture befindet sich die SPÖ seit 1979, als sie noch mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet war, in einem Abwärtstrend. Genau genommen hatte sie sich zwischenzeitlich (1994 bis 2006) recht solide bei 35% stabilisiert, danach hat sich der Negativ-Trend aber fortgesetzt. Der größere Brocken ging seit damals mathematisch an Grüne und NEOS (sie waren 2019 zusammen sogar stärker als die SPÖ), der kleinere an das Lager rechts der Mitte. Die Wahl 2024 brachte für die SPÖ eine prozentuelle Stagnation und damit eine Atempause. Das ist (kurzfristig) schön für die Partei, bringt aber nichts für Österreich.

Mitte links im Schatten rechter Erfolge

Was Österreich eigentlich benötigt, ist eine Regierung ohne die seit 1987 durchgehend regierende ÖVP. Die Republik braucht nicht nur etliche neue Weichenstellungen, die durch die ÖVP blockiert werden (Bildung, Klima, Verteilung), sondern auch eine demokratiehygienische Entlüftung. Leider verblasst diese positive Perspektive eines anderen Österreichs zunehmend als Motiv. Denn was wir mittlerweile in ganz Europa und darüber hinaus am dringlichsten suchen ist eine politische Agenda, die attraktiv genug ist, um den Rechtspopulismus in Zaum zu halten und die Demokratie als System zu stabilisieren. Dafür gab es in den letzten Jahren drei große Mitte-links-Strategien:

  1. Zentrismus

Die traditionellen Mitte-Links-Parteien (in unserem Fall die SPÖ) sollen ganz in die Mitte rücken, Verteilungsfragen hintenanstellen und eine „pragmatische“ Wirtschaftspolitik mit einer liberalen Gesellschaftspolitik koppeln. Die Extremform dieser Variante hat sich in Frankreich durchgesetzt, wo mit Emanuel Macrons Partei „Renaissance“ gleich eine ganz neue zentristische Bewegung entstand, die die Sozialdemokratie verdrängte. Dies hat Marine Le Pens Rassemblement National nicht davon abgehalten kürzlich mit einem Drittel der Stimmen stärkste politische Kraft in Frankreich zu werden. Das ist insofern nicht verwunderlich, als der Weg des „Zentrismus“ seit den 1990er-Jahren in den meisten Ländern erheblich dazu beitrug, dass sich traditionelle Wählergruppen der Sozialdemokratie nicht mehr mit ihrer langjährigen Partei identifizieren konnten. Während die SPÖ seit der Finanzkrise ihre inhaltlichen Positionen zunehmend wieder schärfte, veränderte sie aber nicht ihren apolitischen Mainstream-Habitus. Man nahm der Sozialdemokratie bis Andreas Babler gar nicht ab, für Vermögenssteuer oder Arbeitszeitverkürzung wirklich kämpfen zu wollen. Das war unsere langjährige Kritik an der SPÖ, zuletzt unter Rendi-Wagner.

2. Rechts-Linkspopulismus

Die Sozialdemokratie solle einen Kurs Pro-Wohlfahrtsstaat mit einem restriktiven Kurs in Migrationsfragen koppeln. Dieses Modell findet man in Dänemark. Wie nachhaltig es ist, wird man sehen, die dänische Sozialdemokratie hat bei den EU-Wahlen deutlich verloren und liegt in Umfragen genau bei jenen 21%, die die SPÖ kürzlich erreicht hat. Allerdings – und dieses Faktum lässt sich nicht ignorieren – liegen die anderen Linksparteien zusammen bei nochmals 30%. Der Preis dafür war hoch. Weil auch Dänemark mit nationalen Mitteln ein internationales Phänomen wie Migration nicht steuern kann, hat man es mit einem Ekel-Wettbewerb versucht. Von der Idee her nicht unähnlich der türkis-blauen Agenda unter Kanzler Kurz, nur mit anderen Maßnahmen. Für Ausreisepflichtige und Geduldete gibt es eigene Zentren, die man nachts nicht verlassen darf. Der Europarat bezeichnete die Zustände überspitzt als schlechter, denn in russischen Gefängnissen. Es solle dort auch nicht „behaglich“ sein, so der sozialdemokratische „Integrationsminister“, die Menschen sollten ja zur Ausreise angehalten werden.

Die Vorstellungen eines Hans-Peter-Doskozil über die Ausrichtung der SPÖ wiesen eine ideologische Verwandtschaft mit dieser politischen Richtung auf (vielleicht mit Extra-Fokus auf öffentliche Infrastruktur und einer größeren Portion kulturellem Konservatismus). Leute wie ich sahen 2023, als Doskozil sich anschickte SPÖ-Chef zu werden die Gefahr darin, dass in Österreich eine dritte Großpartei rechtspopulistische Töne anschlagen würde. Das würde einerseits den gesamten Diskurs noch weiter nach rechts abdriften lassen, andererseits wäre unklar ob die Leute am Ende des Tages zum Schmied (der FPÖ) gingen, oder zum Schmiedel (einer Doskozil-SPÖ).   

3. Care-Linke  

Mitte-Links-Parteien sollten bei der Bevölkerung vor allem einen Eindruck hinterlassen: „they care about us.“ Das heißt auf einer konkreten Ebene sich um die Verbesserung von Lebensrealitäten zu bemühen und auf einer allgemeinen Ebene sich um die breite Masse anstelle von Eliteinteressen zu kümmern. Diese über Verteilungsfragen ausgetragene Frontstellung gegenüber dem Geldadel sollte den Rechten ihren exklusiven Anti-Establishment Nimbus nehmen. Mit so einem Ansatz konnte Bernie Sanders 2016 beinahe die Vorwahlen innerhalb der US-Demokraten für sich entscheiden, 2017 konnte Jeremy Corbyn damit 40% bei den Wahlen in Großbritannien für die Labour-Party erreichen. Einen weltanschaulich verwandten Zugang hat die SPÖ unter Andreas Babler vor gut einem Jahr eingeschlagen.

Seit ich mich erinnern kann hat kein SPÖ-Vorsitzender so konsequent versucht sowohl den rechtspopulistischen Kulturkampf, als auch das marktliberale Bullshit-Bingo zu vermeiden und stattdessen über Lebensrealitäten zu sprechen: Über Menschen die Akkord oder Schicht arbeiten, über die harte körperliche Tätigkeit von Pfleger:innen, über Alleinerziehende die Schwierigkeiten haben für Kinder neue Schuhe zu bezahlen, über Mindest-Pensionist:innen, denen steigende Mieten zusetzen. Diesen Menschen Perspektiven zu verschaffen, was ihre Einkommenssituation betrifft, die Entwicklung ihres Mietzinses, ihre Arbeitszeitbelastung, die sie umgebende Infrastruktur vom S-Bahnanschluss bis zur Kinderbetreuung – das ist die zentrale Botschaft einer Care-SPÖ. Gleichzeitig wurde offen kommuniziert, dass die Finanzierung dieser Reformen mittels steuerlicher Umverteilung erfolgen solle. Das Vermögen sei bei den Reichen mittlerweile so konzentriert, dass ein höherer steuerlicher Beitrag ihrerseits unerlässlich zur Finanzierung der Verbesserung der Lebensumstände für die breite Masse sei.

Wir wissen jetzt, dass dieser Zugang bei der Nationalratswahl keinen entscheidenden Vorteil für die SPÖ brachte. Betrachtet man das Ergebnis links der Mitte insgesamt, sind wir überhaupt an einem historischen Tiefpunkt angelangt. Nun wäre man verleitet, die linke Care-Politik alleine dafür verantwortlich zu machen. Das ist angesichts vieler anderer widriger Umstände unzulässig. Gleichzeitig wäre es auch naiv, jeglichen Zusammenhang mit der politischen Ausrichtung der Care-SPÖ abzustreiten. Hier der Versuch einer Einordnung verschiedener Erklärungsfaktoren für das enttäuschende Resultat.  

Wieso hat Mitte links so schlecht abgeschnitten?

  1. Der globale rechter Trend

Der Trend in Richtung Autoritarismus ist nicht nur europäisch, sondern tatsächlich global. In Europa sind die Rechten mittlerweile die relativ stärkste Kraft in Frankreich, Italien, der Schweiz, den Niederlanden, Polen und eben Österreich. Ungarn haben sie bereits in ein autoritäres Regime umgebaut, in den USA nehmen sie gerade den zweiten Anlauf dazu. In Moskau, dem vor Budapest wichtigsten spirituellen Zentrum der globalen Rechten, reibt man sich die Hände. Dieser globale Zeitgeist macht linke Mehrheiten dieser Jahre praktisch unmöglich und selbst Mehrheiten aus linken und liberalen Parteien sehr schwierig. Ein SPÖ-Ergebnis wie in der stabilen Phase zwischen 1994 und 2006, also bei rund 35%, wäre aktuell selbst bei einem tadellosen Auftritt nicht erreichbar und eine linke Mehrheit vollkommen aus der Welt. Das Potential für die SPÖ liegt aktuell bei bestenfalls 30%, aber Platz 1 wäre damit noch drinnen. 

2. Der schlechte Zustand der SPÖ

Alle, die im Straßenwahlkampf und bei Hausbesuchen für die SPÖ unterwegs waren, haben vor allem eine Rückmeldung erhalten: Bei euch weiß man nicht was Sache ist weil ihr nicht an einem Strang zieht. Tatsächlich gab es in diesem Wahlkampf mindestens zehn verschiedene Wahlkämpfe: Einen des Bundes-SPÖ und neun in den Landesorganisationen. Andreas Babler und seine Forderungen wurden vielerorts gar nicht plakatiert. In Wien erfolgte die Schattenkampagne in Form einer Regionalisierung – „Gemeinsam für Mariahilf“ oder „Floridsdorf ins Parlament“. So ähnlich hielten es auch die anderen Landesorganisationen. Das bedeutet auf Bundesebene wurde versucht die Care-SPÖ inklusive Anti-Establishment Note zum Markenkern zu erheben, während sich andere Ebenen so staatstragend wie möglich präsentierten und die Babler-Inhalte verschwiegen. Das entfaltet, gelinde gesagt, keine Sogkraft.

Hinzu kommen natürlich die seit Jahren aufpoppenden Skandale und Querelen, die bis in die heiße Wahlkampfphase anhielten. Obendrein ist die Kampagne der Bundespartei nicht optimal gelaufen, was viel mit der geringen Vorlaufzeit zu tun hatte. Eine frühere Programmerstellung hätte beispielsweise mehr Raum geschaffen, dieses mit den zahlreich involvierten Expert:innen im Wochentakt zu präsentieren. Alle diese Faktoren zusammen haben vielleicht nochmals weitere fünf Prozentpunkte Rückhalt gekostet. Weder eine Mehrheit für die Austro-Ampel noch Platz 1 für die SPÖ waren so noch in Reichweite. Aber selbst unter diesen Umständen hätte die SPÖ gemäß der Einschätzung vieler noch 24-25% und Platz 2 hinter der FPÖ erreichen können.   

3. Die linke Care-Politik hat nicht verfangen  

Und damit kommen wir zum bittersten Part der Analyse. Es ist der Part, auf den die Bundes-SPÖ am meisten Einfluss hatte – nämlich den Spirit der linken Care-Politik. Denn selbst wenn der SPÖ-Apparat damit fremdelte, hätte dieser Spirit – bei entsprechender Attraktivität – unabhängig davon Wirkung entfalten können. Etwa indem er viele lokale SPÖ-Strukturen, Vorfeldorganisationen, Initiativen außerhalb der Partei sowie Leute auf Social Media mobilisiert und damit womöglich sogar auf die SPÖ-Landesorganisationen positiv zurückwirkt hätte. Wie viele andere war ich optimistisch, dass diese Ansprache trotz widrigster Umstände eine eigene Kraft entfalten würde. Das ist schlicht und ergreifend nicht passiert.

Meine aktuelle Einschätzung ist, dass wir historisch zu spät dran waren. Corbyn und Sanders fanden in einem anderen Zeitalter statt, nämlich vor Pandemie, Krieg und Inflation, aber auch vor dem Durchbruch der Klimabewegung in die breite Öffentlichkeit. Die Leute glauben nicht mehr, dass Politik etwas Positives verändern kann. Sie trauen Behörden, Institutionen, dem Staat, der Demokratie generell weniger. Die neoliberale Saat geht hier auf, der gemäß alle ihres Glückes eigener Schmied sind. Dass strukturelle Faktoren für die persönlichen Lebenschancen auch eine große Rolle spielen, geht im darwinistischen Kampf um gesellschaftliche Positionen unter. Viele Leute empfinden eine Care-Linke als übergriffig und ahnen nicht, dass sie ohne staatliche Umverteilung kaum noch Teil der Mittelschicht wären. Libertäre und rechtsextreme Echokammern nehmen die letzten Restvorstellungen von Solidarität in den Zangengriff und desavouieren die Eckpfeiler progressiver Weltsicht.

Was tun?

Wie man progressive Mehrheiten gewinnt, wird man sich von der Pike weg neu überlegen müssen. Die linke Care-Politik ist jedenfalls keine Wunderwaffe. Dennoch ist Umverteilung der essentiellste sozialdemokratische Beitrag zum politischen Diskurs. Ich vermute, man wird die Verteilungsfrage weiter stellen müssen, aber mit weniger klassenkämpferischer Pose. Vielleicht muss man eher alle, die fest auf dem Boden der Demokratie stehen überzeugen, dass die enorme Vermögenskonzentration genau das Ende dieser Demokratie bedeutet. Das ist dann aber eher ein Kampf um die Hirne der Mittelschicht als um die Herzen früherer roter Wählergruppen. Also eher Speckgürtel als Bezirk Lilienfeld. Jedenfalls braucht es für die Verteilungsfrage eine spezifische Sprache des 21. Jahrhunderts und ich plane in den kommenden Wochen meine Gedanken dazu noch zu Papier zu bringen.

Die Verteilungsfrage selbst ist, und das ist sehr bitter niederzuschreiben, wohl nicht der entscheidende Hebel, um traditionelle Wählergruppen zurückzugewinnen. Die Kassiererin beim Spar, die wegen der ungerechten Vermögensverteilung SPÖ wählt, gibt es offenbar nicht. Den Arbeiter, der wegen der 4-Tage-Woche rot wählt, offenbar auch nicht. Wenn es also um historisch rote Kerngebiete wie den Bezirk Lilienfeld geht, muss man womöglich weniger die Perspektiven, sondern die größten Ängste offen und ohne Scheu ansprechen:

  1. Die Sorge vor unkontrollierter Migration, die als Gefahr für Sicherheit, Sozialstaat und kulturelle Identität angesehen wird
  2. die verdrängte Furcht vor der offensichtlichen Klimaveränderung, die gleichzeitig mit Sorge vor Deindustrialisierung & Verarmung durch Klimapolitik einhergeht
  3. die Angst vor Krieg

Ja, das sind zentrale Talking points des rechten Kulturkampfes. Aber es sind auch die größten politischen Fragen unserer Zeit. Stattdessen über andere, hoffnungsreichere Dinge zu sprechen, hilft offenbar auch nicht. Man kann nicht darauf setzen, dass, sowie anno 2006, mitten im Hochwahlkampf das Thema Pflege Themen wie Migration & Asyl in den Hintergrund drängt und die SPÖ so die Wahl gewinnt. Irgendeine Boulevardzeitung wird immer eine syrische Familie mit sieben Kindern aufspüren die entsprechend viel Sozialhilfe bekommt. Also machen wir uns auf die Suche nach einer Sprache für diese Themen und nach einer offenen Benennung, was wir als Nationalstaat in welchem Ausmaß wirklich beeinflussen können. Und das, was wir beeinflussen können, sollten wir auch stärker tun.

Niki Kowall ist promovierter Ökonom und Inhaber einer AK-Stiftungsprofessur für Internationale Wirtschaft an der FH des BFI. Er ist Stellvertretender Bezirksparteivorsitzender der SPÖ Alsergrund. 2007 hat er die Sektion Acht gegründet und zwischen 2007 und 2014 geleitet.

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Gedanken zum österreichischen Wahlrecht

Nikolaus Kowall*

Als jemand, der gerade in Österreich einen Vorzugsstimmenwahlkampf bestreitet, bin ich direkt mit den Herausforderungen des österreichischen Wahlrechts konfrontiert. Die größte Baustelle scheint mir dabei der geringe Einfluss des Wahlvolkes auf die personelle Zusammensetzung des Nationalrats. Um dies herauszuarbeiten, beginnen wir mit zwei Gegenbeispielen:

In Großbritannien gibt es pro Wahlkreis eine/n Abgeordneten. Um Kandidat:in zu werden, muss man sich innerhalb der lokalen Parteistruktur durchsetzen. Die Person steht am Stimmzettel, die Partei steht „nur“ zur Orientierung unter (!) dem Namen. Der/Die Kandidat:in, die dann bei der Wahl die relativ meisten Stimmen erringt, erhält das Mandat. Das ist gut, weil die Person damit ein Selbstverständnis als demokratisch zweifelsfrei legitimiertes Mitglied der Legislative mitbringt. Ob die persönlich gewählte Abgeordnete nach der Wahl dem Parteimainstream auf nationaler Ebene folgt oder nicht, ist vollkommen offen.

Der Nachteil besteht darin, dass sie sich stark als Lobbyistin für ihren Wahlkreis versteht, was dem großen Ganzen, um das es im britischen Unterhaus gehen sollte, zuwiderläuft. Solche Modelle tendieren dazu, dass Abgeordnete das Parlament als Versammlung von Bürgermeister:innen betrachten. Hinzu kommt, dass eine Partei mit nur 34 Prozent der Stimmen eine deutliche absolute Mehrheit im Parlament erreichen kann, wie das derzeit bei der Labourparty der Fall ist. Eine, aus unserer Verhältnis-Wahlrecht-Sicht, schwache Repräsentation. 

Das Gegenmodell ist die Slowakei. Dort ist das ganze Land ein einziger Bundeswahlkreis und es gilt ein strenges Verhältniswahlrecht. Das Commitment zur nationalen Ebene ist dadurch hoch, was absurdem Schrebergartendenken vorbeugt. Es bedeutet aber auch, dass Kandidat:innen a) keinerlei regionale Legitimation mitbringen und b) dass nur Personen mit einem soliden Listenplatz rechnen können, die dem Parteimainstream folgen. Als Ausgleich dafür sind in der Slowakei die Hürden für Vorzugsstimmen gering: Erhält eine Kandidatin drei Prozent der für die Partei abgegebenen Stimmen, wird sie vorgereiht.     

In Österreich haben wir ein recht unübersichtliches System mit drei Ebenen (Regionalwahlkreis, Landeswahlkreis, Bundeswahlkreis), in dem wir eher die Nachteile als die Vorteile beider Welten vereinen. Nur ein Teil der Kandidat:innen repräsentiert die 39 Wahlkreise, deren Zusammensetzung meist keiner geografischen oder politischen Logik folgt (Kärnten Ost, NÖ Mitte oder in meinem Fall Wien Innen West – die Bezirke 1,6,7,8,9). Ein großer Wahlkreis wie Linz und Umgebung kann, wie derzeit, vier Grundmandate entsenden, ein kleinerer wie Salzburg Stadt oder meiner, entsendet derzeit gar kein Grundmandat. Das liegt an einer kruden Mischung aus Bevölkerungsgröße und Verteilung der Stimmen auf die Parteien.  

Im Gegensatz zu Großbritannien wird auch keine Person gewählt, sondern eine Partei. Und noch wichtiger: Unabhängig davon, welche Partei ein Grundmandat erreicht, die strenge Verhältnismäßigkeit im Nationalrat wird am Ende immer durch einen Ausgleich über die Landeswahlkreise und den Bundwahlkreis gewahrt. Ob eine Person im Regionalwahlkreis ein Grundmandat erhält, steht also in keinem direkten Zusammenhang mit der Stärke der gewählten Partei im Parlament. Der regionale Wettbewerb ist folglich weder personalisiert noch besonders bedeutsam für das Endresultat. Weil das einfach nicht spannend ist, sind die Kandidat:innen auf Wahlkreisebene oftmals ziemlich unbekannt. Oder wissen Sie, wer „Ihr“ Abgeordneter ist?

Das führt zu der grotesken Situation, dass unsere regionalen Abgeordneten in einer schwächeren Position sind als in Großbritannien, aber sich dennoch regional zuständig fühlen. Viele erachten das Eröffnen von Sportfesten, den Besuch von Bierzelten oder das Abschreiten von Militärparaden in der Region als ihre primäre Aufgabe. Auch weil sie das in den regionalen Parteistrukturen als Abgeordnete legitimiert. Das verleitet viele Abgeordnete dazu, die Tätigkeit im heimatlichen Wahlkreis als wichtiger zu erachten als die Arbeit für die Republik.

Durch die mangelnde Personalisierung und die geringe Bekanntheit ist die demokratische Legitimation der Gewählten durch die Bevölkerung insgesamt gering. Das schwächt die Personen gegenüber ihrer Partei. Noch deutlich schwächer ist die Positionen von Abgeordneten, die über einen Landes- oder über den Bundeswahlkreis in den Nationalrat einziehen. Nicht nur verdanken sie ihren Listenplatz einer Landes- oder Bundespartei, ihr persönlicher Beitrag zum Wahlergebnis lässt sich noch schwerer messen, als auf Ebene des Regionalwahlkreises. 

Nochmals geschwächt wird die Position der Kandidat:innen durch den Umstand, dass sie auf bis zur drei Listen parallel kandieren. Wer ein Grundmandat erreicht, ist mit großer Sicherheit im Parlament. Wer von den Kandidat:innen aber über die Bundes- und wer über die Landesebene einzieht, entscheidet letztlich die Partei – wohlgemerkt: nach der Wahl. Hauen und Stechen gibt es also nicht nur bei der (intransparenten) Listenerstellung, sondern auch nochmals in den Tagen nach der Wahl.

Die starke Abhängigkeit von der Partei könnte, wie in der Slowakei, durch eine relative geringe Hürde (dort sind es drei Prozent) bei den Vorzugsstimmen ausgeglichen werden. Doch auf Bundesebene braucht es es bei uns sieben, auf Landesebene zehn und auf Ebene des Wahlkreises gar 14 Prozent der für die Partei abgegebenen Stimmen. Die bevorzugten Kandidat:innen auf Landes- und Bundesebene muss man händisch eintragen – sie sind nicht auf dem Stimmzettel zu finden, sondern auf monströsen Infoblättern in der Wahlzelle. Als Kandidat, der in Wien Vorzugsstimmen sammelt, muss ich tausenden Leuten vermitteln, welches der beiden Kastl denn nun das richtige ist. Die Kandiat:innen des Regionalwahlkreises stehen wiederum schon auf dem Stimmzettel und können angekreuzt werden. Wer von seinen drei Vorzugsstimmen Gebrauch machen möchte, muss also vor der Wahl wissen, wen er:sie ins Bundes-Kastl schreibt, wen ins Landes-Kastl und wen er:sie auf Ebene des Regionalwahlkreises ankreuzt. Es gibt schon Leute, die das vorher wissen. Aber es sind nicht viel mehr, als die, die selbst kandidieren. Das System ist so kompliziert, dass es wirkungslos ist. Transparente Demokratie sieht anders aus.   

Ideal wäre für Österreich wohl ein Zwei-Kammern-System. Ein Nationalrat, der sich stark an das slowakische Modell anlehnt (ein Bundeswahlkreis, dafür geringe Hürden für Vorzugsstimmen), sowie parallel dazu ein direkt gewählter Bundesrat, der sich eher an das englische Modell anlehnt (Persönlichkeitswahl im Wahlkreis mit stark regionalem Bezug). Der Bundeskammer, die dann zweifellos und ausschließlich der Republik verpflichtet wäre, stünde zum Ausgleich eine Kammer der Regionen gegenüber. So weit wird es nicht schnell kommen, aber eine Senkung der Hürden für Vorzugsstimmen sowie die Abschaffung einer der drei Listenebenen würde auch schon helfen, das Wahlrecht zu personalisieren, sowie transparenter und demokratischer zu machen.

*Nikolaus Kowall ist promovierter Ökonom und Inhaber einer AK-Stiftungsprofessur für Internationale Wirtschaft an der FH des BFI.
Er kämpft mithilfe eines Vorzugsstimmenwahlkampfs auf Wiener Landesebene um den Einzug in den Nationalrat, wofür er ca 25.000 Vorzugsstimmen benötigt.

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Jour Fixe vom 18.01.2024 “Antisemitismus in linken Kreisen: Ursachen, Narrative und Akteure” – mit Andreas Peham – Persönliche Eindrücke

Vorneweg: Andreas Peham  ist kein Anhänger der Hufeisen-Theorie, nach derer die radikale Linke genauso schlimm wie die extreme Rechte ist. 

Wenn er den Antisemitismus, der am extremen linken Rand wieder ansteigt, zeichnet, sieht das so aus im Vergleich zum rechten Rand.

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Die Sozialdemokratie stellt höhere Ansprüche an sich selbst!

Was ist denn nun Korruption?

Nehmen wir einmal an, es gäbe da in Österreich einen findigen Jungunternehmer, der sich auf den Aufkauf und die Renovierung bzw. Neubau von Kaufhäusern und Immobilien spezialisiert hätte. Weiters nehmen wir an, dieser Unternehmer hätte ein kurz vor dem Bankrott stehendes Kaufhaus gekauft, in bester Innenstadtlage, und er möchte es abreißen lassen und stattdessen ein neues, rentableres Kaufhaus hinstellen. Doch zu seinem Pech steht das alte Kaufhaus unter Denkmalschutz, der Abriss wird nicht erlaubt, das Prestigeprojekt des ehrgeizigen Jungunternehmers droht zu scheitern. Er geht zum Bürgermeister der Stadt, und eine ordentliche Summe Geld stimmt den Bürgermeister gnädig. Er setzt sich für die Aufhebung des Denkmalschutzes ein, der Abriss und Neubau des Kaufhauses werden erlaubt – das ist glasklar Korruption.

In einem anderen Szenario geht der umtriebige Unternehmer nicht zum Bürgermeister der Stadt, stattdessen bittet er einen Freund um Hilfe. Geschickterweise ist dieser Freund zu diesem Zeitpunkt gerade Kanzler. Der Kanzler-Freund tätigt einige Anrufe, nicht zuletzt beim Bürgermeister. Er lobt vielleicht das unternehmerische Geschick des Jungunternehmers, redet mitreißend über die Vorteile des Projekts. Einen direkten monetären Vorteil bekommt der Kanzler dafür nicht, es ist eben ein “Freundschaftsdienst”. Auf den Bürgermeister haben die Worte des hochkarätigen Politik-Kollegen allerdings ihre Wirkung. Er setzt sich für den Neubau des Kaufhauses ein.
Ist das nun Korruption? (vgl die Causa Kaufhaus Tyrol)

Und wie ist die Lage zu beurteilen, wenn der Kanzler ein Jahr später aus der Politik ausscheidet und direkt als Berater ins besagte Unternehmen wechselt? Für ein Honorar abseits jeder rationalen Leistungsentlohnung?

Wie kann Korruption verhindert werden? – Vorschläge des GRECO Bericht

Die sogenannte “Freunderlwirtschaft” ist in Österreich derart etabliert, dass sie kaum überwindbar scheint. Die glasklare und strafbare Korruption – Geld gegen wirtschaftlichen Vorteil – scheint seltener vorzukommen als verschwommene Kontakte und Beziehungen von wechselseitigem Vorteil zwischen Politiker:innen und Wirtschaftstreibenden. Dennoch gibt es einige Schrauben, an denen gedreht werden kann und muss, um derartige halbseidenen Kontakte zumindest zu erschweren.  

Eine Gruppe von Staaten, welche sich der Korruptionsbekämpfung verschrieben haben (GRECO), führt im Abstand von einigen Jahren sogenannte Peer-Reviews mit Mitgliedsstaaten durch und schreibt danach einen Evaluierungsbericht samt Empfehlungen, an welchen Stellen Nachbesserungen nötig wären. Der Bericht der 5. Evaluierungsrunde zeigte umfassendes Verbesserungspotential für Österreich. Die Skandale der schwarz-blauen Regierung haben das Vertrauen in die Politik in Österreich stark geschwächt. Eine ganze Liste von Themenbereichen wird genannt, in denen Österreich säumig ist. Insgesamt werden 19 Empfehlungen ausgesprochen, 12 davon richten sich an die Bundesregierung.

Einige dieser Empfehlungen adressieren genau die oben beschriebenen halbseidenen Praktiken, so z.B:

  • Während der Regierungstätigkeit sollen Spitzenfunktionär:innen alle Kontakte von Lobbyisten und Drittparteien offenlegen, welche versuchen, Einfluss auf die Gesetzgebung und auf andere Aktivitäten der Regierung zu nehmen. (Empfehlung VI)
  • Für Spitzenpolitiker:innen sollen Regeln bzw. Beschränkungen für die Zeit nach der Beschäftigung festgelegt werden, insbesondere soll es angemessene Cooling Off Phasen geben (Wartefristen bis zu einer Beschäftigung in gewissen Bereichen).(Empfehlung IV) 

Eine Cooling Off Periode (vgl https://de.wikipedia.org/wiki/Cooling-off-Periode)  verhindert, dass Spitzenpolitiker:innen samt ihrem einflussreichen Netzwerk aus beruflich erworbenen Kontakten direkt von Unternehmen eingefangen werden, welche sie weniger für ihre Expertise im jeweiligen Fachgebiet, sondern genau für dieses Netzwerk engagieren möchten.

Anders als beispielsweise bei der Leitung für das Amt für Korruptionsbekämpfung sind derartige Regeln in Österreich leider noch nicht für aus dem Amt scheidende Spitzenpolitiker:innen implementiert. Der Standard zitiert diesbezüglich auch Georg Krakow, Österreich Vorstand von Transparency International: “Cooling-Off-Phasen wären dringend notwendig”. Dies dürfe natürlich keinem Berufsverbot gleichkommen, doch “Ex-Politiker:innen sollten zumindest für ein Jahr “keine Funktionen übernehmen, in denen sie in- oder ausländische Amtsträger durch ihre ehemalige Funktion beeinflussen”.

Die Sozialdemokratie stellt viel höhere Ansprüche an sich selbst!

Wer den medialen und gesellschaftlichen Diskurs rund um die Signa-Pleite und die unrühmliche Rolle von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer darin verfolgt, kommt unweigerlich zu der Frage: Warum wurde Karl Nehammer nicht bei jedem einzelnen Interview der letzten Jahre gefragt, wann denn nun endlich Sebastian Kurz aus der ÖVP ausgeschlossen werde? Warum werden nicht sämtliche ÖVP Funktionär:innen vom Bauernbund bis zur Jungen ÖVP ununterbrochen auf die Machenschaften der “türkisen Familie” angesprochen?  Die Vorwürfe gegen Sebastian Kurz wiegen aus rechtlicher Sicht doch 1000x schwerer, sind sie doch im Gegensatz zu den Vorwürfen gegen Alfred Gusenbauer teilweise von strafrechtlicher Natur!

Die Antwort liegt auf der Hand: An die Sozialdemokratie werden höhere Ansprüche gestellt – sowohl außer- als auch innerhalb der Partei. Für die Sozialdemokratie muss klar sein: politischer Handlungsspielraum orientiert sich – anders als manche schwarz-türkisen Machenschaften in der Vergangenheit gezeigt haben – nicht am Strafrecht! Es geht um eine Politik mit und für Menschen, eine Politik mit ethischen Grundsätzen und Verhaltensregeln, eine Politik, die sich den Grundsätze von Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit verpflichtet sieht und sich solidarisch mit Minderheiten, Randgruppen und von Armut betroffenen Menschen erklärt.

Korruptionsbekämpfung ist ganz eindeutig im Sinne sozialdemokratischer Politik. Korruption und auch ihr “kleiner Bruder Freunderlwirtschaft” dienen immer Partikularinteressen von Personen, die es sich richten können und richten sich gegen das Interesse der Vielen. Um bei den Wähler:innen als vertrauenswürdige und integere Partei wahrgenommen zu werden, welche für die Interessen der Vielen kämpft, sind folgende Punkte zu beachten:

  • der weitere entschiedene Kampf gegen Korruption, sei es durch Untersuchungsausschüsse oder durch das öffentliche Unterstützen von Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen wie sie beispielsweise in den GRECO-Berichten oder von NGOs wie Transparency International seit Jahren eingefordert werden
  • das Vorleben von redlicher Politik durch sozialdemokratische Politiker:innen und Funktionär:innen. 
  • Es braucht Compliance-Regeln für die eigenen Funktionär:innen, welche auch aktiv nach außen verkündet werden. Diese gelten nicht nur als Versicherung und Werbung gegenüber den Mitgliedern und Wähler:innen. Sie geben auch das Regelwerk vor, mit dem Verfehlungen geahndet werden können. Mit guten Compliance-Regeln kommen wir auch nicht mehr in die Verlegenheit, ein Fehlverhalten zukünftig moralisch verwerflich, aber leider konsequenzenlos zu finden.

Jedes in der Öffentlichkeit stehende Parteimitglied – insbesondere ein ehemaliger Bundeskanzler – spiegelt auch die Werte der Sozialdemokratie wider und repräsentiert jede einzelne und jeden einzelnen von uns Genoss:innen. Gerade unsere Spitzenfunktionär:innen tragen damit auch die hohe Verantwortung, der Sozialdemokratie und uns Mitgliedern durch ihr Verhalten keinen Schaden zuzufügen.

Alfred Gusenbauer wird der Verantwortung als Ex-Kanzler und SPÖ Mitglied nicht gerecht, sozialdemokratische Werte zu leben. Die Vorwürfe, dass er bereits während seiner Kanzlerschaft seine Kontakte für René Benko beim Kaufhaus Tyrol (vgl https://www.derstandard.at/story/3000000196719/ex-kanzler-gusenbauer-soll-mit-seiner-firma-millionengage-von-benko-konzern-lukriert-haben) spielen ließ, sind bislang unwidersprochen. Der fliegende Wechsel aus dem Kanzleramt zur Signa spottet jeder Cooling-Off-Phase. Gusenbauers Doppelrolle sowohl als Aufsichtsratsvorsitzender der SIGNA Development Selection AG mit Kontrollverantwortung als auch als gleichzeitig externer Berater mit absurd hohen Honoraren zeichnet ein Bild prekärer Nähe zwischen politischer Macht und privatwirtschaftlichen Megaprofiten. Die Signa-Pleite lässt tief in ein Freunderl-Wirtschaftssystem blicken, welches gerade in Milliardenpleiten und Massenkündigungen mündet und ist ganz klar nicht im Interesse, sondern zum Schaden der vielen. Selbst jetzt, noch während das Signa-Kartenhaus zusammenbricht, demonstriert das Ö1-Interview im Mittagsjournal vom 13. Jänner 2024, dass es Alfred Gusenbauer grundsätzlich – sowohl im wirtschaftlichen Sinn als auch gegenüber der SPÖ – an Unrechtsbewußtsein fehlt.

Als Sektion Acht fordern wir den SPÖ Parteivorstand daher auf, die notwendigen Schritte einzuleiten, parteischädigende Personen in ihrer Mitgliedschaft wirksam ruhend zu stellen und nach angemessener Prüfung Konsequenzen zu setzen.

Des Weiteren wünschen wir uns die Erarbeitung und Implementierung wirksamer und öffentlich bekannt gegebener Compliance-Regeln, welche im besten Fall Fehlverhalten unterbinden, im schlechteren Fall zumindest klare Konsequenzen vorschreiben.

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Jahreskonferenz 2023: Positionen und Personen

Wer sind wir, und was tun wir? Diese Frage stellen wir uns als Sektion 8 jedes Jahr aufs Neue: Auf unserer Jahreskonferenz bestimmen wir einerseits WER in der Sektion welche Funktion ausüben soll, andererseits (und potentiell noch wichtiger) bestimmen wir in einem demokratischen Prozess unsere Positionierung in wichtigen politischen Fragen.

Am Samstag, 16.12.2023 versammelten wir uns also zur diesjährigen Jahreskonferenz in den Räumlichkeiten der SPÖ Alsergrund. Es lag eine besondere Spannung in der Luft, denn im letzten Jahr hatte sich unsere Mitgliederzahl  im Zuge der Vorsitzwahl (manche nannten es auch “Stimmungsbild”) und des Antretens und Gewinnens von Andi Babler mehr als verdoppelt. Wie viele der neuen Mitglieder würden der Einladung folgen, würde der Saal überhaupt groß genug sein? Nun, die gute Nachricht: es ging sich alles aus! Wir hatten tatsächlich das Vergnügen, viele neue Mitglieder das 1.Mal persönlich kennenzulernen. Und mit neuen Menschen kommen immer auch neuer Schwung und neue Diskussionen in eine Gruppe!

Positionen: Unsere Anträge

Als Sektion legen wir unsere Positionierung zu politischen Fragen in einem demokratischen Prozess fest: Jedes Mitglied hat das Recht, Anträge zu stellen, die dann gemeinsam diskutiert, überarbeitet und zur Abstimmung gebracht werden. Findet ein Antrag eine Mehrheit, wird er zur Position der Sektion 8. Wir entscheiden ebenso bei der Konferenz, wohin ein angenommener Antrag “weitergeleitet” werden soll. Betrifft die Position nur uns selbst, kommt es zu keiner Weiterleitung. Bei den allermeisten Anträgen geht es jedoch um Forderungen, die nur auf Landes- oder Bundesebene umgesetzt werden können. Daher beschließen wir auch gleich, welches Gremium der SPÖ sich mit einem Antrag befassen soll (wenn es um Bundesangelegenheiten geht, muss der Antrag dazwischen auch noch eine Mehrheit bei der Bezirkskonferenz der SPÖ Alsergrund finden).

Bei der aktuellen Konferenz wurden 8 Anträge eingebracht. Die Anträge wurden teils intensiv diskutiert und manchmal noch abgeändert, schlussendlich wurden alle 8 Anträge beschlossen und sind damit Position der Sektion Acht.

Nachfolgend all unsere Anträge im Überblick.

Konzept zur Wahl des oder der Bundesparteivorsitzenden der SPÖ
Es ist ein Riesenschritt vorwärts, dass der bzw die Bundesparteivorsitzende zukünftig von den Mitgliedern gewählt wird – vor einem Jahr hätten wir uns noch kaum zu träumen gewagt, dass ein derartiger Parteidemokratie-Fortschritt heuer schon Realität werden kann. Im Frühjahr konnten wir jedoch auch hautnah miterleben, woran es hakt und was noch besser gemacht werden könnte. Unsere Beobachtungen brachten uns zu der Überzeugung, dass ein Präferenzwahlverfahren, bei dem die Mitglieder die Kandidat:innen nach ihrer Präferenz reihen, viele Vorteile hätte wie u.a. die Durchführung der Wahl in nur einem Wahlgang oder die Vermeidung von strategischem Wählen (“ich wähle Kandidat:in X um Kandidat:in Y zu verhindern, auch wenn mir Kandidat:in Z am liebsten wäre”).
(Antrag wurde auch an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Neuorganisation des Sektion Acht Plenums

Die Sektion Acht traf sich bislang wöchentlich am Donnerstagabend  zum Plenum, zusätzlich findet ein monatliches Treffen der Klima-Arbeitsgruppe statt. Diese hohe Frequenz stammt aus einer Zeit, in der viele unserer Aktivist:innen noch über mehr Freizeit verfügten. Dies  ist mittlerweile  für viele Aktivist:innen nur noch schwer mit ihrem restlichen Leben zu vereinbaren.  Vom Vorsitzteam kam daher der Vorschlag, Plena nur noch alle 2 Wochen am Donnerstagabend (an den geraden Kalenderwochen) abzuhalten, wobei die frei gewordenen Donnerstagabende von nun an freier gestaltet werden können.
(Antrag wurde nicht weitergeleitet, da er uns selbst betrifft).

Aufforderung an die Bundespartei, ein Verfahren nach § 12 Parteistatut gegen Alfred Gusenbauer einzuleiten
Ein in der Öffentlichkeit stehendes Parteimitglied, insbesondere ein ehemaliger Bundeskanzler, spiegelt auch die Werte der Sozialdemokratie wider. Er oder sie tragen damit auch die Verantwortung, mit ihrem Verhalten der Sozialdemokratie keinen Schaden zuzufügen. Das zweifelhafte Wirken von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer färbt schlecht auf die gesamte Partei ab. Dies wird insbesondere am Beispiel der Milliardenpleite von Rene Benkos Signa offensichtlich. Der bislang nicht entkräftete Vorwurf, dass Gusenbauer sich bereits während seiner Kanzlerschaft für die Interessen von Rene Benko einsetzte (siehe Kaufhaus Tyrol, Bericht in News vom 24.11.23) und gleich nach Abtreten und ohne Cooling-Off Phase zu Benko wechselte, wiegt besonders schwer.
Die weiter bestehende Parteimitgliedschaft Alfred Gusenbauer ist parteischädigend. Wir fordern die Bundespartei daher auf, ein Parteiausschlussverfahren gegen Alfred Gusenbauer einzuleiten.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

10 Forderungen für eine sozialdemokratische Klimapolitik
Die Klimakrise erfordert unmittelbares Handeln. Sie bedroht die Menschheit und die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten. Ihr muss eine entsprechend hohe Priorität im politischen Handeln eingeräumt werden. Die Sozialdemokratie muss sich deswegen für eine rasche Dekarbonisierung der Wirtschaft unter Zuhilfenahme existierender Technologien einsetzen. Grundlage einer sozialdemokratischen Vision von Umweltpolitik als gesamtgesellschaftlicher Herausforderung muss eine entsprechende Würdigung der sozialen Dimension der Klimakrise und anderer ökologischer Krisen sein.
Im Antrag wird in 10 konkreten Forderungen dargelegt, wie sozialdemokratische Klimapolitik ausschauen sollte, es geht dabei um das Bekenntnis zu den Pariser- und EU-Klimazielen, um grüne Industriepolitik und die Transformation der Arbeitswelt, um eine sozialdemokratische, klimagerechte CO2-Bepreisung, um klimafreundliche statt klimaschädliche Subventionen, ein Werbeverbot für klimaschädliche Güter, die Erleichterung des Ausbaus erneuerbarer Energien, den Ausbau der Infrastruktur für klimafreundliche Mobilität, eine mutige Regulierung im Verkehrsbereich, eine ökologische Wärmewende, sowie die Entsiegelung von Boden. Drei dieser 10 Forderungen wurden in eigenen Anträgen (siehe weiter unten) im Detail ausgearbeitet, eine weitere (“Für eine sozialdemokratische, klimagerechte CO2-Bepreisung”) ist bereits seit der Jahreskonferenz 2022 Position der Sektion Acht.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Boden entsiegeln, Zersiedelung einbremsen und für ein wirksame Raumordnung sorgen
Österreich zählt zu den europäischen Spitzenreitern im Bodenverbrauch. Täglich werden bis zu 18 Fußballfelder Boden versiegelt und verbaut. 72.000 Hektar Boden wurden in den letzten 2 Jahrzehnten verbaut. Um negative Folgen von Bodenversiegelung wie Verlust der Artenvielfalt, Zunahme an Naturkatastrophen, Anheizen der Klimakrise zu vermeiden sowie die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, listet der Antrag konkrete Forderungen, um die Bodenversiegelung zu bremsen. Beispiele für die Forderungen sind eine bodenschonende Raumplanung durch überregionale Regelung von Raumordnung und Flächenwidmung, Maßnahmen zum Schutz von Frei- und Grünland durch Festlegung landwirtschaftlicher Vorrangzonen oder eine Vermeidung von Flächenfraß durch Neu- und Umbau von Straßen.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Tempo 100/80/30 – für Klimaschutz und mehr Lebensqualität
In Österreich können dem Verkehrssektor knapp 28 Prozent der Gesamtemissionen von Treibhausgasen zugerechnet werden. Damit liegt er auf Platz zwei hinter dem Sektor “Energie und Industrie”. Zwar gingen die Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr zuletzt leicht zurück, jedoch sind diese seit 1990 um mehr als 50 Prozent gestiegen, während die Emissionen in anderen Sektoren teilweise deutlich zurückgegangen sind.
Eine Analyse der Österreichischen Forschungsgesellschaft Straße, Schiene, Verkehr zu Tempo 100/80/30 kam zu dem Ergebnis, dass dadurch der Verbrauch von fossilen Treibstoffe um 10 %, die Treibhausgasemissionen um 10 % und die NOx-Emissionen um 46 % reduziert würden. Für uns ist daher klar, dass die Temporeduktion eine effiziente und sinnvolle Maßnahme ist, die Emission von Treibhausgasen zu vermindern und von der SPÖ auch eingefordert gehört.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Ausbau der Infrastruktur für flächendeckende klimafreundliche Mobilität in ländlichen und peripheren Regionen
Insbesondere in ländlichen und peripheren Regionen ist man in Österreich ohne Auto aufgeschmissen. Dies lässt sich ändern!
In Österreich soll die Infrastruktur für klimafreundliche Mobilität ausgebaut und eine Mobilitätsgarantie für sämtliche Einwohner:innen umgesetzt werden: 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche und innerhalb einer 15-minütigen Gehzeit soll allen ein klimaverträgliches Mobilitätsangebot zur Verfügung stehen.
Der öffentliche Verkehr muss stark ausgebaut werden, einschließlich Reaktivierung stillgelegter regionaler Schienennetze und Aufbau eines dekarbonisierten Busnetzes.
Damit auch die „letzte Meile“ klimafreundlich, kosten- und zeitsparend bewältigt werden kann, bedarf es der finanziellen und regulativen Förderung von Car-Sharing-Systemen, Sammeltaxis, E-Bikes und Verleihsystemen sowie eines umfassenden Ausbaus von Rad- und Gehwegen.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Faires Arbeitsrecht für Uniangestellte
Während im allgemeinen Arbeitsrecht die Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverträgen (sogenannte “Kettenverträge”) verboten sind, bestehen für Universitäten hier Ausnahmen. Die Dauer solcher Kettenverträge ist jedoch auch im universitären Bereich begrenzt. Diese Begrenzungen wurden mit der Universitätsgesetz(UG)-Novelle 2021 noch weiter verschärft. Während es bisher möglich war, zwischen verschiedenen staatlichen Universitäten zu wechseln, um dann schließlich die Anstellung an seiner Stamminstitution fortzufahren, ist dies nun nicht mehr möglich. Wir fordern die Streichung der Ausnahmen für Kettenverträge aus §109 UG und im Ausgleich dazu eine gleichzeitig wirksame Änderung des UG, die klarstellt, dass eine betriebsbedingte Kündigung von Universitätsbediensteten auf Drittmittel-Stellen dann zulässig ist, wenn es nach Ende der Drittmittel innerhalb der üblichen Kündigungsfrist keine Anschlussfinanzierung gibt.
(Antrag wird an die Bezirkspartei weitergeleitet, bei Annahme bei der Bezirkskonferenz wird er an die Bundespartei weitergeleitet.)

Personen: Unser Team

Neben unseren Positionierungen wird auch unser Team demokratisch gewählt. Anders als in den vorangegangenen Jahren haben wir nicht online, sondern direkt bei der Konferenz, sowie bei 2 vorangegangenen Wahltagen, gewählt.

Gewählt wurde einerseits der „Sektionsausschuss“, also das Führungsteam der Sektion, bestehend aus Vorsitzender samt Stellvertreter:innen und Referent:innen samt Stellvertreter:innen, andererseits auch die „Sektionskontrolle“, ein aus drei Personen bestehendes Gremium, das die Einhaltung unserer Regeln überwacht. 

Der Sektionsausschuss wird im kommenden Jahr aus folgenden Personen bestehen:

Vorsitzende:rMagdalena Six
Stv. Vorsitzende:rThomas Duncan
Stv. Vorsitzende:rJulia Stroj
Stv. Vorsitzende:rOliver Zwickelsdorfer
Kassier:inSarah Tesar
Stv. Kassier:inPhilipp Erler
Schriftführer:inAnja Werkl
Stv. Schriftführer:inDominik Roth
Bildungsreferent:inKatharina Seifert-Prenn
Stv. Bildungsreferent:inPeter Northup
Mitgliederreferent:inM. Hauser
Stv. Mitgliederreferent:inSophie Schnabl
Referent:in für Klima- und UmweltpolitikM. Windisch
Stv. Referent:in für Klima- und UmweltpolitikA. Kugler
JG-Referent:inElias Prackwieser
Stv. JG-Referent:inYvonne Lach
FrauenreferentinMarie Kunst
Stv. FrauenreferentinClaudia Cernohuby-Wallner

Die Sektionskontrolle wird im nächsten Jahr aus folgenden Personen bestehen

Vorsitzende:rAndreas Handler
Mitglied (männlich)Herbert Windisch
Mitglied (weiblich)Andrea Schmidt

Eine spannendere, weil kompetitivere Wahl gab es für die Delegierten zur Bezirkskonferenz der SPÖ Alsergrund. Was wir von der SPÖ fordern, leben wir auch selbst: die Delegierten wählen wir mit Präferenzwahlsystem.
Ein großer Vorteil dieses Wahlsystems  ist, dass uns nach Wahlende eine Reihung der Kandidat:innen vorliegt, die uns bei Hinzukommen von Mandaten bzw. bei Ausfall gewählter Delegierter ein Nachrücken von Kandidat:innen ohne zusätzlichen Aufwand ermöglicht. 

Es ist noch nicht endgültig geklärt, wie viele Delegierte uns für die Bezirkskonferenz zur Verfügung stehen. Entsprechend können wir die finale Nominierung erst kurz vor der Bezirkskonferenz bekannt geben.

Unsere Delegierten werden jedenfalls bei der Bezirkskonferenz der SPÖ Alsergrund mit allen Kräften versuchen, auch andere Genoss:innen von unseren Positionen zu überzeugen und unseren Positionen damit  auch auf Bezirks-, Landes- oder Bundesebene Gehör zu verschaffen.

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„Maximale Unterstützung für die Ukraine im Rahmen der Neutralität“ – Position der SPÖ Wien

Der Sektion 8 ist ein wichtiger politischer Move gelungen. Zum Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine hat die SPÖ Wien auf unsere Initiative hin eine Resolution mit dem Titel „Maximale Unterstützung für die Ukraine im Rahmen der Neutralität“ zu ihrer offiziellen Beschlusslage gemacht. Der Beschluss betont ganz klar die Unterstützung der SPÖ Wien für das Selbstbestimmungs- und Selbstverteidigungsrecht der Ukraine, spricht sich aber auch dezidiert gegen Schwarz-Weiß Malerei und Erbarmungslosigkeit gegenüber (geflohenen) russischen Menschen aus.

Es klingt bürokratisch, ist aber demokratisch: Eine kürzlich durchgeführte Statutenreform der SPÖ Wien, bei der die Frequenz der Kommunikation zwischen Basis und Spitze erhöht und Durchlässigkeit verbessert wurde, hat den Beschluss erst ermöglicht. Daraus ergibt sich eine Win-Win-Situation: Wir konnten ein uns wichtiges Thema zur Beschlusslage der SPÖ Wien erheben, während die SPÖ Wien nun anlässlich des Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine eine substantielle Position zu einem komplexen außenpolitischen Thema einnehmen kann.  

Hier kann der Antrag im Detail nachgelesen werden:

https://drive.google.com/file/d/1Cs_V_NSKeZjUjWcDWs3JWEG0X1Uu5Y-c/view?usp=sharing

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Jahreskonferenz 2022 – Das politische Sektionshighlight zum Ende des Jahres

Auch in einem politisch so aufreibendem Jahr, in dem die internationale Politik von Krieg und Teuerung geprägt war, und man innenpolitisch nicht mehr sicher sein kann, wer gerade welches Minister:innenamt ausübt, muss es einige positive Highlights geben. Für uns ist die Jahreskonferenz immer ein solches. Am 17. Dezember 2022 fanden wir uns also zusammen, um uns die jährlichen Fragen “Wer sind wir, und was tun wir?” zu stellen. Auf unserer Jahreskonferenz bestimmen wir einerseits WER in der Sektion welche Funktion ausüben soll, andererseits (und potentiell noch wichtiger) bestimmen wir in einem demokratischen Prozess unsere Positionierung in wichtigen politischen Fragen, die wir danach als Sektion nach innen und außen vertreten.

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Wir haben nichts als die liberale Demokratie

Nikolaus Kowall*

Rechtspopulismus als Reaktion auf Marktliberalismus

Bis kürzlich haben wir fast alle politischen Auseinandersetzungen verloren. Meine Generation von linken Ökonom:innen stieg am Tiefpunkt in die Diskussion ein, nämlich während der „Reform“-Hysterie um die Jahrtausendwende. Finanzmärkte wurden in Großbritannien und Deutschland unter sozialdemokratischen Regierungschefs liberalisiert. Es kam zu Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen, zu Rentenprivatisierungen und zu jenen Hartz-Reformen, die sich ins kollektive Gedächtnis einbrannten. Viele haben von links gewarnt, dass die Polarisierung der Einkommensverteilung und der Lebenschancen dem Rechtspopulismus Vorschub leisten würde. Doch Verteilungsfragen galten vor der Finanzkrise als ultra-retro und waren nicht einmal Bestandteil offizieller sozialdemokratischer Programmatik. Dafür erreichte der Rechtspopulismus in Frankreich, Italien oder Österreich den Status von Massenparteien, die entweder an der Regierung teilhatten, oder in Stichwahlen um höchste Staatsämter kamen. Dass in Deutschland die Linkspartei einen erheblichen Teil des Frusts abfangen konnte, ist eine unterschätzte Leistung.

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Statutenreform: Steter Tropfen höhlt den Stein

Vor wenigen Wochen wurde, relativ überraschend und kurz vor dem Landesparteitag, von der Führung der SPÖ Wien ein Entwurf für eine Statutenreform vorgelegt. Dieser Entwurf wurde von uns hier und auch beim 1. Mai am Rathausplatz heftig kritisiert. Neben der Ausarbeitung des Entwurfs “unter Ausschluss der Parteiöffentlichkeit” gab es inhaltlich einiges zu kritisieren: Die Verschiebung von Entschlussfassungen vom Landesparteitag zur (deutlich kleineren) Wiener Konferenz, Einschränkungen für kritische Sektionen und Mitglieder.

In den letzten zwei Wochen ist einiges passiert. Der von der Parteiführung ausgearbeitete Entwurf wurde in den Bezirken diskutiert. Am 2.5. fand eine Online-Veranstaltung zum Thema statt, und auch bei der Antragskonferenz am 14.5. war die Statutenreform ein Hauptthema. Kritik war hier überall unüberhörbar. Dass die Parteiführung diese Kritik aber gehört hat, sieht man in dem nun überarbeiteten Statutenantrag sehr deutlich. Wesentliche Punkte wurden deutlich entschärft, einige deutliche Verbesserungen in Sachen innerparteilicher Demokratie eingeführt Bei der Wiener Konferenz gibt es immer noch deutlichen Nachbesserungsbedarf. Insgesamt ist der neue Entwurf aus unserer Sicht aber ein (kleiner) Schritt in die richtige Richtung: Zu MEHR innerparteilicher Demokratie. Falls er beim Landesparteitag am 28.5. tatsächlich beschlossen wird (was noch nicht fix ist), werden wir die neu eingeführten Mechanismen auf alle Fälle nutzen, um für eine wirkliche Reform in unserem Sinne zu kämpfen!

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