Die Sektion 8 und die Verteilungsfrage in der SPÖ

Ist die SPÖ bei der Steuerreform 2015 im Liegen umgefallen wie viele meinen? Das kommt darauf an, welche Maßstäbe man anlegt. Wer die Erbschafts- und Vermögenssteuer als Conditio sine qua non betrachtet, mag sich dieses Eindrucks nicht erwehren. Wer hingegen den Werdegang der SPÖ seit ihrer Regierungsübernahme 2007 beobachtet, wird eventuell einen anderen Blick auf den Sachverhalt bekommen. Die SPÖ hat die Verteilungsfrage innerhalb von acht Jahren ins Zentrum ihrer politischen Agenda gerückt, das sieht man an vielen Maßnahmen.

Eva Maltschnig

2007 (März) Die Regierung Gusenbauer lässt die Erbschaftssteuer kampflos auslaufen, Verkehrsminister Faymann gilt als einer jener die genau zu dieser Vorgehensweise raten.

2007 (September) Es kommt zur formalen Gründung der Sektion 8 u.a. wegen des Verhaltens der SPÖ beim Thema Erbschaftssteuer. Bei ihrer Gründungskonferenz fordert die Sektion 8 Steuern auf Vermögenserträge und Vermögenssubstanz.

2008: Die Sektion 8 verlangt in ihren ersten Gastkommentaren im Jänner (Presse) und im März (Standard) die Besteuerung von Vermögenden. Im März verfasst die Sektion 8 ein Konzept für eine Steuerreform und fordert die Finanztransaktionssteuer.

2008 (Mai) Die Regierung Gusenbauer möchte den Stiftungen weitere Privilegien einräumen. Die Sektion 8 startet eine Kampagne gegen Stiftungsprivilegien und wird dabei erstmals medial erwähnt. Gewichtige Stimmen wie AK-Direktor Muhm machen der Regierung Druck, letztlich kommt es zumindest zu einem Kompromiss.

2008 (Juni) Die Sektion 8 zeichnet in der Presse die Chronologie des SPÖ-Desasters bei den Themen Erbschafts- und Stiftungssteuer nach.

2008 (Juli) Die Sektion 8 fordert vom neuen Parteichef Werner Faymann im Standard einen Fokus auf Umverteilung und Vermögenssteuern.

2008 (Dezember) Die für 2009 beschlossene Steuerreform der Regierung unter dem neuen Bundeskanzler Werner Faymann enthält keine vermögensbezogenen Steuern was von der Sektion 8 im Standard kritisiert wird.

2009 (April): Die Forderung nach Vermögenssteuern wird von Franz Voves aufgegriffen und aus dem AK-Umfeld kampagnisiert. Von Werner Faymann wird die Forderung via Krone zurückgewiesen.

2010 (April) Die SPÖ vollzieht einen Schwenk und verkündet ein 7-Punkte Programm für vermögenbezogene Steuern inklusive Finanztransaktionssteuer.

2010 (Mai) Die Sektion 8 lobt im Standard den Kurswechsel in der SPÖ sowie das Eintreten für die Finanztransaktionssteuer.

2010 (Juni) Unter dem Motto „Zeit für Gerechtigkeit“ startet die SPÖ eine Plakat-Kampagne für ihren neuen Kurs. Bei Substanz- und Erbschaftssteuern gibt es noch Zurückhaltung.

2010 (Oktober) Die Regierung beschließt bei der Regierungsklausur in Loipersdorf die Einführung der Bankenabgabe, die Vermögenszuwachssteuer bei Wertpapieren, die Einschränkung von Stiftungsprivilegien, die Verschärfung der Konzernbesteuerung sowie die Abschaffung von Privilegien bei Aktienoptionen für ManagerInnen.

2011 (Juni) Die Sektion 8 bringt eine Broschüre zu den Steuermythen heraus und organisiert eine große Veranstaltung zum Thema. Vermögensbezogene Steuern bilden einen Schwerpunkt der Broschüre.

2011 (Oktober) Die Sektion 8 verlangt im Falter eine stärkere Umverteilung über höhere Löhne und steuerliche Maßnahmen, u.a. durch vermögensbezogene Steuern.

2012 (Februar) Die Regierung beschließt im Rahmen eines Sparpakets eine Steuer auf Gewinne bei Immobilienveräußerungen und eine Umwidmungsabgabe, einen Solidarbeitrag für SpitzenverdienerInnen und die Reduktion von Privilegien bei der Konzernbesteuerung.

2012 (Februar) Die Sektion 8 begrüßt die Maßnahmen der Regierung in der Presse und fordert erneut die Einführung von Steuern auf Erbschaften, Schenkungen und die Vermögenssubstanz.

2012 (Oktober) Auf dem Bundesparteitag in St. Pölten positioniert sich die SPÖ klar für die die Einführung von Steuern auf Erbschaften, Schenkungen und die Vermögenssubstanz.

2012 (Oktober) 11 EU-Staaten einigen sich auf die Einführung der Finanztransaktionssteuer. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zu diesem Thema: „Das Urheberrecht im Europäischen Rat für die Finanztransaktionsteuer liegt bei Werner Faymann.“ Die Steuer könnte 2016 eingeführt werden.

2013 (September) Die Sektion 8 fordert im Nationalratswahlkampf 2013 die Abschaffung des Bankgeheimnisses zur Bekämpfung von Steuerbetrug und als transparente Grundlage für künftige Vermögenssteuern. Werner Faymann weist die Forderung in einer ORF-Diskussion zurück.

2013 (September) Die Sektion 8 argumentiert während des Nationalratswahlkampfs im Standard für die Vermögenssteuern.

2013 (Dezember) Die Regierung beschließt im Rahmen der Regierungsbildung 2013 eine weitere Verschärfung der Konzernbesteuerung und die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spitzengehältern durch die Unternehmen.

2014 Die Sektion 8 verlangt im April die Hypo-Rettung an eine Vermögensabgabe zu koppeln (Standard), im Juni spricht sie der SPÖ Mut zu die klare Stimmung Pro-Vermögenssteuer positiv zu nützen (Wiener Zeitung), im Oktober betont sie, dass eine Lohnsteuersenkung nur in Verbindung mit Vermögenssteuern Sinn hat (Standard) und im Dezember argumentiert die Sektion 8, dass nur die Vermögenssteuer garantiert, dass sich die Masse die Steuerreform nicht selbst zahlen muss (Profil).

2015 (März) Die Regierung beschließt im Rahmen der Steuerreform die Erhöhung der Steuer auf Dividenden und Gewinnentnahmen, die Steuer auf Veräußerungsgewinne aus Immobilien wird erhöht, die Grunderwerbssteuer wird den Verkehrswerten angepasst.

2015 (März) Werner Faymann argumentiert im Mittagsjournal für die Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Betriebsprüfungen, was ebenfalls im Rahmen der Steuerreform beschlossen wurde.

Es hat sich seit 2007 gewaltig etwas bewegt in der politischen Landschaft Österreichs allgemein und in der SPÖ im Speziellen. Eine Partei die einst gegen Vermögenssteuern, für Stiftungen und für das Bankgeheimnis eingetreten ist, hat mittlerweile erhebliche Vermögenszuwachssteuern durchgesetzt, Stiftungsprivilegien reduziert, das Bankgeheimnis stark aufgeweicht und sich die Vermögenssteuern und die Finanztransaktionssteuern auf die Fahnen geheftet. Die Sektion 8 hat sich bemüht an dieser Bewegung mitzuwirken. Die beste Nachricht ist: Der Prozess ist längst noch nicht abgeschlossen.

3 Responses to Die Sektion 8 und die Verteilungsfrage in der SPÖ

  1. imLiegenumgef 28. März 2015 at 21:25 #

    Was mich an der Steuerreform aufregt, ist, dass sie teilweise mittels einem Sparpaket (das kommt noch auf uns zu, garantiert!) gegenfinanziert wird!

    Auch regt mich an dieser Reform auf, dass untere Einkommen davon am wenigsten profitieren. Am stärksten profitieren mittlere und hohe Einkommen!

    Die Steuerreform wird die soziale Ungerechtigkeit in Österreich verschärfen!

  2. BenHemmens 15. März 2015 at 23:04 #

    Danke für den »anderen Blick auf den Sacherhalt«, ja tatsächlich, die Sache bleibt uns erhalten, nix geht weiter, die Koalition erarbeitet einen müden Stillstand nach dem anderen.

  3. franz auferbauer 15. März 2015 at 20:37 #

    Lasst Euch nicht unterkriegen, diese Nadelstreifsozis haben es sich schön längst mit dem Kapital gerichtet. Die Grenzen sind abgesteckt und über die Fehler der vergangenen Finanzminister sprechen wir nicht, die Millionärssteuer bleibt ausgeklammert und die Spitzen der Parteien haben für ihre Zukunft nach der Regierung schon ihre Schäfchen im Trockenen. Eine Partei die seit Kreisky mehr als 500.000 Mitglieder verloren hat, ist nicht mehr die aus Kreiskys Zeiten. Das sind nur mehr Pseudosozis, mit wenigen Ausnahmen!

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