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Wikileaks: Fragen & Antworten

Leonhard Dobusch

Das Problem in der hysterischen Debatte rund um Wikileaks beginnt im deutschen Sprachraum schon damit, dass uns eine akkurate Übersetzung des Begriffs „Whistleblower“ fehlt. Im englischen wird damit jemand bezeichnet, der Geheimnisse – oftmals unter großem persönlichen Risiko – zum Wohl der Allgemeinheit verrät. Er schlägt quasi Alarm und der Begriff ist positiv besetzt. Solche Whistleblower zu unterstützen war und ist das erklärte Ziel der Plattform Wikileaks. Im Grunde genommen verfolgt Wikileaks damit nichts anderes als einen alternativen Ansatz für Enthüllungsjournalismus – und wird genau dafür verfolgt. Wie kann das sein?

Inzwischen wurde und wird soviel über Wikileaks geschrieben, dass es eigentlich schon reichen würde, auf die besten Quellen zu Wikileaks zu verweisen. Am kurzweiligsten ist sicherlich der aktuelle Videocast von Robert Misik zum Thema. Am umfassendsten und fundiertesten sind wohl die FAQs am Blog von Harvard-Internetrechtsexperten Jonathan Zittrain.

Anlass für diesen Blogeintrag ist, dass ich heute die Gelegenheit haben werde, mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in den USA und dem Vereinigten Königreich sowie aktuellen Vorsitzenden der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, zu dem Thema zu diskutieren. Ischinger hatte Anfang Dezember in der New York Times einen Gastbeitrag unter dem Titel „The End of Diplomacy as We Know it?“ veröffentlicht und dabei vor den Gefahren durch Wikileaks gewarnt. Die folgenden Fragen & Antworten, bei denen es nicht nur um bloße Fakten sondern vor allem um politische Einschätzungen geht, habe ich in Vorbereitung zu dieser Diskussion der Stiftung Neue Verantwortung verfasst. Sie gliedern sich in einen allgemeinen Teil und einen, der spezifisch auf den Bereich diplomatischer Dokumente eingeht. Continue Reading →

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Für eine Orientierung an den Grundwerten

Das letzte Video der Reihe „Für eine Wende in der SPÖ“ fordert eine Orientierung der tagespolitischen Entscheidungen und langfristigen Strategien an den Grundwerten der sozialdemokratischen Bewegung. Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität bilden laut Eigendarstellung der Partei den Rahmen für das angestrebte Gesellschaftsmodell. Über die Jahre hinweg hat sich die SPÖ immer öfter von diesen Prinzipien entfernt und Forderungen aufgestellt oder Gesetze beschlossen, die nur schwer damit vereinbar sind. Beispiele sind der Hang von vielen SpitzenfunktionärInnen beim Thema Integration einen gemäßigten Kurs der Härte zu vertreten, die mitgetragene Verschärfung der Fremdenrechtsgesetze, die Ablehnung von substanziellen Vermögenssteuern oder die populistische Ablehnung der Weiterentwicklung der Europäischen Union.

Diese Politik soll dazu dienen WählerInnenstimmen gegen die FPÖ aber auch die ÖVP zu verteidigen und kurzfristig die eigene Position zu festigen. Die sozialdemokratische Idee beruht jedoch nicht auf Ausgrenzung von Menschen in Not, dem Hochhalten des Nationalstaates oder der Akzeptanz von Vermögens- oder Chancenungleichheit. Es wird der (geglaubte) kurzfristige Erfolg gegen die Glaubwürdigkeit eingetauscht. So lässt die Liberalisierungspolitik die Sozialdemokratie nun in der Wirtschaftskrise in vielen Ländern Europas wenig glaubhaft als echte politische Alternative wirken, war sie daran doch oft maßgeblich beteiligt.

Die Herausforderung besteht darin, sozialdemokratische Konzepte zu entwerfen, die auch tatsächlich über das Potential verfügen die damit angepeilten Probleme zu lösen. Die Fakten stehen bei vielen sozialdemokratischen Forderungen auf der Seite der Sozialdemokratie. Auf diesen gilt es die Argumente für die politische Auseinandersetzung aufzubauen und nicht auf der Schlagzeile eines österreichischen Kleinformats oder eines Umfrageergebnisses.

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Für eine Durchlüftung der SPÖ!

Die ursprüngliche Idee der innerpolitischen Gewaltenteilung sah folgendermaßen aus: Die politischen Mandate werden von der Bevölkerung gewählt. Je nach politischer Ausrichtung schließen sich diese Mandate in Klubs und Parteien zusammen, die von Parteisekretariaten verwaltet werden. Die Entscheidung wer das Parteisekretariat führt ist im idealen Modell das Resultat parteiinterner demokratischer Prozesse. Aus zwei Gründen sollten die ParteisekretärInnen über ihre administrativen Tätigkeiten hinaus nicht zu viel politischen Einfluss ausüben können. Erstens verfügen sie auf Grund ihrer Tätigkeit über viel Information und haben überdies die Befugnis Leute einzustellen und zu leiten (Presse, Web, Marketing etc.). Insgesamt also eine beachtliche Fülle formeller und informeller Macht. Zweitens sind alle Parteiangestellten erpressbar, weil ihnen mit Entlassung und somit mit dem Entzug ihrer Existenzgrundlage gedroht werden kann. Der/die angestellte Parteisekretär/in ist daher im Idealfall in den Führungsgremien der Partei und des Klubs nicht stimmberechtigt und erhält auch kein politisches Mandat.

Tatsächlich ist es allerdings so, dass die Sekretariate in der SPÖ nicht nur Finanzierung und Personal ihrer eigenen Bürokratie ständig erweitert haben, sondern obendrein auch noch politische Mandate und Sitze in Führungsgremien übernommen haben. Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass einzelne politische Akteur/innen neben ihrer Anstellung gleich mehrere Mandate und Ämter – mit den entsprechenden Bezügen versteht sich – in einer Hand kumuliert haben. Eine Person kann durchaus Angestellter in der Landespartei, Bürgermeister, Nationalratsabgeordneter, Bezirksparteivorsitzender und Mitglied in Orts- Bezirks- Landes und Bundesparteivorstand sein.

Ein seit Jahrzehnten tätiger Sozialdemokrat aus Oberösterreich hat es kürzlich folgendermaßen beschrieben: „In der SPÖ hat der Apparat die Funktionäre gefressen!“ Was aber ist der ominöse Apparat? Er ist weder eine böse Verschwörung, noch ein Hort schlechter Menschen. Der Apparat ist für die dort tätigen Menschen einfach ein Arbeitsplatz und eine Möglichkeit die eigene Karriere zu planen. Weil es in und um den Apparat viele Jobs gibt, weil es um Existenzen geht und weil viele Menschen explizit von der Politik leben wollen, Familien gründen wollen und Planungssicherheit brauchen, funktioniert der Apparat nach eigenen Regeln. Diese folgen eher der Logik einer Angestellten-Bürokratie denn einer auf Überzeugungen basierenden politischen Unternehmung. Die Menschen sind nicht unpolitisch, aber die ruhige Karriereplanung verträgt sich oft schlecht mit dem offensiven Einsatz für konkrete politische Veränderung. Letzteres kann im Falle des Scheiterns den Kopf kosten. Daher das Credo: Wenig Risiko, viel Sicherheit und ja keine Wellen. Continue Reading →

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Für eine Wende in der Asylpolitik

Der Umgang mit asylsuchenden Menschen hat sich seit der Regierungsbeteiligung der SPÖ nicht merklich verändert. In den Hinterköpfen vieler SP-VerantwortungsträgerInnen dominiert nach wie vor die Vorstellung, Asylpolitik sei eine Unterkategorie von Sicherheitspolitik. Das jüngste Beispiel dafür ist die voraussichtliche Bereitschaft der SPÖ, der von der ÖVP geforderten Anwesenheitspflicht für AsylwerberInnen zuzustimmen.

Wie es um die Haltung der SPÖ im Umgang mit Fremden bestellt ist kam bei der Abschiebung der Familie Zogaj besonders krass zum Vorschein. Mit Berufung auf denselben Rechtsstaat, der in der Kärntner Ortstafelfrage mit Füßen getreten wird, wird eine integrierte Familie aus Österreich abgeschoben.

Es gilt die Tatsache des Einwanderungslandes Österreich zu akzeptieren und die daraus notwendigen Schlüsse zu ziehen. Dazu zählen die schnelle Abwicklung der Asylanträge, legale Beschäftigungsmöglichkeiten und eine aktive Unterstützung beim Spracherwerb. Österreich ist aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung ohnehin auf Zuwanderung angewiesen, es stellt sich somit nicht die Frage ob sondern wie diese ablaufen soll.

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Für eine Wende in der Migrationspolitik

Migrant/innen sind längst ein fixer Bestandteil der österreichischen Gesellschaft. Vor allem in den Städten sind Zuwander/innen als integraler Bestandteil der Volkswirtschaft unabkömmlich. In Wien hat nur noch die Hälfte aller Volksschulkinder keinen Migrationshintergrund. Zu den klassischen Migrant/innen vom Balkan und aus der Türkei gesellen sich seit Jahren immer mehr Zuwander/innen aus der Europäischen Union.

Wien ist eine europäische Stadt mit einer zunehmend internationalen Bevölkerung. Es wird Zeit, dass die SPÖ dieses Faktum als positives Zeichen der Weltoffenheit und als Bereicherung für unsere Gesellschaft akzeptiert. Nicht nur heimlich im Hinterzimmer, sondern auch im Rahmen einer offensiven Außenkommunikation. Als Voraussetzung für eine mutige Integrationspolitik, die sich nicht bei jedem Schritt vor dem bösen blauen Wolf fürchtet. Migrant/innen politische Aufmerksamkeit zu schenken ist nicht nur ein Gebot der Integration, sondern auch eine soziale Verpflichtung für eine Bewegung, der die Aufstiegschancen für alle ein Anliegen sind.

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Für eine Wende in der SPÖ

Das Sozialdemokratische an der Österreichischen Sozialdemokratie war in den letzten Jahren oft nicht erkennbar. In der jüngsten Verganganheit konnten wir allerdings im längst tot geglaubten Bereich der Verteilungspolitik bei der SPÖ-Führung Tendenzen erkennen, die eindeutig positiv waren. Dieses kleine Pflänzchen sozialdemokratischer Mutansage ist noch keine richtige Wende, wie die Zögerlichkeit in der Asylpoilitik zeigt, allerdings ein Schritt in die richtige Richtung.

Dieses Video ist als moralische Unterstützung für all jene Menschen gedacht, die für eine sozialdemokratische SPÖ eintreten. Eine SPÖ die sich stark macht für eine gerechte Verteilung des Wohlstands, für eine geregelte Zuwanderung, für ein menschliches Asylrecht, für eine offensive Frauenpolitik und für ein soziales und demokratisches Europa. Die Sektion 8 der SPÖ Alsergrund kämpft für diese Anliegen in und mit der Österreichischen Sozialdemokratie.

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Leseliste #1: Politik der Paranoia

In der neuen Serie „Leseliste“ werden wir hier in unregelmäßigen Abständen Bücher vorstellen. Diesmal: Robert Misiks „Politik der Paranoia“

Jakob Huber

Robert Misik nimmt sich in seinem jüngsten Buch viel vor, nichts weniger als die „neokonservative Ideologie ins Museum der großen Irrlehren“ zu schicken. Der Zeitpunkt für so einen Versuch könnte nicht besser gewählt sein. Wobei der Zusammenbruch des neoliberalen Kartenhauses für Misiks Abrechnung nicht einmal notwendig ist – er setzt sich mit dem Neu-Konservativismus an seinem Höhepunkt auseinander. Vielmehr macht der Zusammenbruch so ein Plädoyer erst so richtig notwendig und auf eine eigenartige Weise erst praktisch relevant. Damit nämlich tatsächlich eine neue Ära eintritt, müsse nämlich „auf jedem Politikfeld deutlich werden, dass die progressiven Konzepte und Ideen die besseren, realitätstauglicheren, gerechteren und menschenfreundlicheren Konzepte sind„, und dazu will Misik einen Beitrag leisten. Es geht also darum, den Neoliberalismus nicht nur an seinem wirtschaftspolitischen Scheitern zu messen, zu kritisieren, zu verurteilen und (hoffentlich) zu überwinden, sondern auch die „gesellschaftspolitische“ Seite der neoliberalen Medaille zu diskreditieren. Ein Blick auf den Krisendiskurs (Wie können BankerInnen wieder Vertrauen gewinnen? Wie beleben wir die Konjunktur? Wie sichern wir Arbeitsplätze?) reicht, um zu erkennen: So werden wir den Neoliberalismus nicht hinter uns lassen. Continue Reading →

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