Wieso SPÖ wählen?

Die Unzufriedenheit mit der SPÖ ist vielerorts groß. Nicht zuletzt die Sektion 8 hat während der gesamten Legislaturperiode offen und teilweise scharf Kritik an der Regierung artikuliert. Vor einer Wahl ist es aber Zeit Farbe zu bekennen und daher werde ich heute über jene ¾ SPÖ-Politik sprechen mit der wir zufrieden sind.

Nikolaus Kowall

Kürzlich war ich bei der SPÖ Zwentendorf zu Besuch, einer kleinen roten 4.000 EinwohnerInnen-Bastion im schwarzen niederösterreichischen Bezirk Tulln. Die Sektion 8 wird regelmäßig von Basisorganisationen der SPÖ eingeladen und es geht dann um die ganz großen Fragen. Auch diesmal war das Thema „Wozu noch Sozialdemokratie?“. Nach einer spannenden dreistündigen Diskussion mit dieser ausgesprochen politischen SPÖ-Ortsgruppe war der Tenor der Folgende: „Die Parteiführung hat recht, dass ohne die SPÖ alles viel schlechter wäre. Nichtsdestotrotz wäre theoretisch  viel mehr möglich, als derzeit erreicht wird.“ Dieses „viel mehr“ ist das Lebenselixier der Sektion 8 – all unsere Energie konzentriert sich darauf dieses Potential freizulegen und zu zur Entfaltung zu bringen. Dabei unterbetonen wir vielleicht das eine oder andere Mal den Wert dessen, dass ohne die SPÖ wirklich alles schlechter wäre. Wahrscheinlich deshalb, weil die SPÖ-Führung diesen Umstand ohnedies wie eine heilige Monstranz vor sich herträgt – jüngstes Beispiel dafür ist das Plakatsujet „Gegen Schwarz-Blau“. Kernbotschaft: Mit uns wird zumindest nichts schlechter. Das ist nicht jener visionäre Zugang den wir uns in der Sektion 8 wünschen, aber es ist weit mehr als ordinäre Verwaltungstätigkeit. Denn schon damit die Verhältnisse stabil bleiben sind permanente Veränderungen notwendig. Politischer Stillstand bedeutet in einer kapitalistischen Marktwirtschaft, die ohne Regulierung zu sozialer Polarisierung und Instabilität tendiert, bekanntlich Rückschritt. In diesem Text sollen jene Maßnahmen der SPÖ-geführten Regierung Faymann I gewürdigt werden, die zwischen 2008 und 2013 dazu beigetragen haben, dass die Verhältnisse in Österreich trotz Krise immer noch recht gut sind. Die Bilanz ist wirklich nicht schlecht.

Steuerpolitik: Wende Richtung Umverteilung

Kein Mensch weiß, weshalb die SPÖ-Führung ihre eigene Steuerpolitik nicht in jeder Diskussion voll abfeiert. Die Wende in der Steuerpolitik ist vielleicht die größte Leistung dieser Bundesregierung. Während vermögensbezogene Steuern in den 90er- und 2000er-Jahren für die SPÖ-Führung noch tabu waren, konnten in den letzten beiden Jahren substantielle Änderungen erreicht werden, die mehr sind als Symbolik. Die Maßnahmen treffen in erster Linie Wohlhabende oder jene, die bisher kaum zur Finanzierung öffentlicher Leistungen beigetragen haben. Durch diese Treffsicherheit wurde niemand gezwungen, seinen Konsum einzuschränken. Hier die eindrucksvolle Liste:

  • Alle Gewinne aus Immobilienveräußerungen werden nun mit 25 Prozent besteuert. Gleichzeitig wurde eine Abgabe auf Grundstücke eingeführt, die wegen einer Umwidmung von Grünland auf Bauland plötzlich ein Vielfaches wert sind. Gerade die Besteuerung von Immobilienvermögenszuwächsen trifft das vermögendste Zehntel, das 85 Prozent der nicht selbst genutzten Immobilien besitzt. Volumen: 750 Mio. jährlich.
  • Es wurde eine Kapitalertragssteuer von 25 Prozent auf die Gewinne aus Aktienveräußerungen eingeführt. Auch hier werden vor allem Wohlhabende getroffen, bei denen der allergrößte Teil des Aktienkapitals konzentriert ist. Volumen: 250 Mio. Euro jährlich.
  • Um die Banken an der Finanzierung der Folgekosten der Finanzkrise zu beteiligen wurde eine Bankgenabgabe eingeführt, eine Maßnahme deren Dringlichkeit für sich selbst spricht. Volumen: 650 Mio. Euro jährlich.
  • Die Konzernbesteuerung wurde verschärft indem Absetzmöglichkeiten reduziert wurden, zusätzlich wurden Steuervorteile bei der Gruppenbesteuerung eingegrenzt. Die steuerliche Privilegierung von Managergehältern in Form von Stock Options wurde abgeschafft und die Privilegien bei der Besteuerung von Stiftungen wurden eingeschränkt. Dieses Paket richtet sich zielsicher gegen Auswüchse bei den Managergehältern, sowie gegen Privilegien von Konzernen und Privatstiftungen der Superreichen. Volumen: 415 Mio. Euro jährlich.
  • Für Top-VerdienerInnen ab einem Jahreseinkommen von 150.000 wurde die Steuerbegünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts gedeckelt, analog wurde der Gewinnfreibetrag für Selbstständige gedeckelt. Volumen: 110 Mio. Euro jährlich.

Insgesamt ergibt sich ein zusätzlicher steuerlicher Beitrag von Konzernen, Vermögenden und TopverdienerInnen von über zwei Mrd. Euro. Das sind Summen, die für Budgets schon richtig relevant sind. Zum Vergleich: Das Haushaltsdefizit betrug 2012 rund sieben Milliarden. Durch die Maßnahmen liegen wir nicht mehr bei 1,4 sondern bei 3,15 Mrd. Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern. Das ist ein substantieller Schritt Richtung OECD-Durchschnitt, für den ein Aufkommen von sechs Mrd. notwendig wäre. Und die SPÖ bleibt dran: Am Bundesparteitag 2012 wurden Erbschafts- und Vermögenssteuern als Parteiposition beschlossen. Was politisch wirklich machbar ist, wird sich erst weisen. Wenn die SPÖ nochmals zwei bis drei Mrd. aus diesem Bereich lukrieren kann, dann ist der Staatshaushalt saniert, ohne dass es Einschnitte für die Masse geben muss.

Finanztransaktionssteuer steht vor der Tür

Die größte persönliche Leistung von Werner Faymann auf europäischer Ebene ist die gemeinsame Willensbildung von elf europäischen Staaten eine Finanztransaktionssteuer einzuführen, selbst wenn aus der Bankenlobby noch heftiger Widerstand gegen die endgültige Umsetzung kommt. Das dürfte ein kongeniales Zusammenspiel der professionellen Kampagnentätigkeit des Brüsseler Büros der Arbeiterkammer und des Beharrungsvermögens Werner Faymanns im Europäischen Rat gewesen sein. Tatsächlich sagte der Präsident des europäischen Parlaments Martin Schulz zu diesem Thema: „Das Urheberrecht im Europäischen Rat für die Finanztransaktionsteuer liegt bei Werner Faymann.“ Die Rolle der österreichischen ArbeiterInnenbewegung auf dem Weg zu einer Finanztransaktionssteuer war bisher beachtlich und der Begriff „treibende Kraft“ dürfte nicht unzutreffend sein. Bis Sonntag hatte die Bankenlobby über die deutsche Regierungspartei FDP einen Bremshebel in der Hand. Diese Bremse ist zum Glück gelöst und der Entschluss von elf Staaten den Weg ohne Großbritannien zu gehen, könnte bald Wirklichkeit werden. Übrigens, die Finanztransaktionssteuer bedeutet nicht nur eine Entschleunigung der Finanzbranche, sondern auch 500 Mio. Euro für den österreichischen Staatshaushalt.

Konjunktur und Arbeitsmarkt: Niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU

Die Bundesregierung hat aktiv in die Steuerung der Konjunktur eingegriffen. Das mag für gelernte ÖsterreicherInnen nicht außergewöhnlich klingen, ist aber nicht selbstverständlich. Im wirtschaftsliberalen Mainstream ist Konjunkturpolitik verpönt, weil sie angeblich nur kurzfristig hilft. Als die Wirtschaft Anfang der 2000er-Jahre strauchelte, hat beispielsweise die schwarzblaue Bundesregierung ganz im Sinne dieser Doktrin keinerlei Gegenmaßnahmen gesetzt und mit 7,3 Prozent Arbeitslosigkeit im Jahr 2005 die Rekordquote seit den 50er-Jahren verursacht. Dass Österreich heute tatsächlich die geringste Arbeitslosigkeit in der EU aufweist ist das Resultat einer keynesianischen Konjunktursteuerung, die mit der Krise wieder fixer Bestandteil der österreichischen Wirtschaftspolitik wurde. In den Jahren 2008 und 2009 reagierte diese Bundesregierung auf die Krise nicht nur mit dem zweckmäßigen Instrument der Kurzarbeit, sondern auch mit zwei substantiellen Konjunkturpaketen. Dadurch blieb die Arbeitslosigkeit mit 7,2 Prozent sogar knapp unter dem Niveau von 2005. Als sich Mitte des heurigen Jahres ein Anstieg der Arbeitslosigkeit abzeichnete, beschloss die Bundesregierung erneut ein Konjunkturpaket in der Größenordnung von 1,6 Mrd. Euro. Den Ländern werden zusätzliche 276 Millionen Euro für den Wohnbau zur Verfügung gestellt, Mittel für Kindergärten und Pflegefonds werden in das Jahr 2013 vorgezogen. Insgesamt werden damit gesellschaftlich relevante Investitionen getätigt und Arbeitsplätze geschaffen. Die gute Beschäftigungslage (die übrigens kein statistischer Trick ist), ist auch Resultat dieser Wirtschaftspolitik.

Trotzdem gibt es viele offene Baustellen, vor allem was prekäre Beschäftigungsverhältnisse, befristete Verträge, Scheinselbstständigkeit und Leiharbeit betrifft. Zwar wurde noch unter Sozialminister Buchinger ein „Flexicurity-Paket“ geschnürt, wodurch freie DienstnehmerInnen auch arbeitslosenversichert sind, doch die rasante Fragmentierung des Arbeitsmarktes schreitet schneller voran als die Politik derzeit mit der Regulierung nachkommt. Ebenfalls bereits in der letzten Regierungsperiode kam eine Einigung auf einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.000 Euro zustande. Mit dieser 2007 getroffenen Vereinbarung sind allerdings einige Branchen nicht abgedeckt und die Inflation beträgt seit damals deutlich über zehn Prozent. Auf einen Punkt gebracht: Es gibt dank der Konjunkturpolitik viel Beschäftigung, aber die Arbeitsbedingungen werden nicht signifikant besser. Ein gesetzlicher Mindestlohn fehlt auch in Österreich noch.

Sanierung der Krankenkassen

Alois Stöger hat als neuer Gesundheitsminister im April 2009 ein Kassensanierungspaket vorgelegt, um die bis 2008 chronisch defizitären Krankenkassen finanziell zu sanieren. Die Ziele sind längst übererfüllt, das Einsparungsziel für 2013 wurde bereits 2011 erreicht. Dieser Erfolg ist zu 40 Prozent auf Entschuldung durch die Republik zurückzuführen, weil die Kassen zuvor Leistungen zahlen mussten die vom Gesetzgeber vorgeschrieben, aber ohne finanzielle Mittel unterpolstert wurden. Zu 60 Prozent handelt es sich aber um Effizienzgewinne und neue Anreizsysteme (Stichwort Kassenstrukturfonds, Generika). Die Kassen schreiben also just seit 2009 Überschüsse, weshalb die SPÖ nun guten Gewissens zusätzliche Leistungen wie Zahnspangen von der öffentlichen Hand übernehmen lassen möchte. Dass ein Gesundheitsminister in einer wirtschaftlich nicht rosigen Situation die Kassen ohne Leistungskürzungen saniert hat, nachdem er das gleiche zuvor schon in OÖ vollbrachte, ist ausgesprochen beachtlich. Alois Stöger ist ein Held, wenn auch ein ausgesprochen unaufdringlicher. Ich begreife nicht, wieso die SPÖ das nicht bei jeder Gelegenheit hinausposaunt. So einen Erfolg würde ich mir als SPÖ-Kanzlerkandidat auf die Brust tätowieren und dann nur noch oben ohne gehen.

Sozialpolitik & soziale Infrastruktur: viele gute kleine Schritte 

Wenn die ÖVP gegen Arbeitslose oder MindestsicherungsbezieherInnen Stimmung machte, konnte man sich in den letzten Jahren auf den Widerstand der SPÖ verlassen. Also die ÖVP im Jahr 2010 die Mindestsicherung als missbrauchsfällig darstellte, bezeichnete Rudolf Hundstorfer die spekulativen Zahlen als „reinste Kaffeesudzahl“. Er warnte vor einer Sozialschmarotzerdebatte, es gäbe in allen Systemen Menschen, die die Dinge missbrauchen, auch in der Agrar- und Wirtschaftsförderung. Die Mindestsicherung stand unter Dauerbeschuss der ÖVP, die sich nicht zu schade war, eine einzigartige Hetze gegen Arme vom Stapel zu lassen. Just als die Arbeitslosigkeit nach der Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte, kampagnisierte die ÖVP gegen die soziale Hängematte. In diesem Umfeld war es sicher nicht einfach für die SPÖ Fortschritte zu erreichen und viele hätten sich noch mehr Nachdruck gewünscht. Trotzdem wurde einiges erreicht:

  • Die SPÖ konnte 2010 die Mindestsicherung durchsetzen, allerdings nicht dass diese 14 Mal ausgezahlt wird. Trotzdem werden jährlich 250 Mio. Euro mehr an 275.000 Bedürftige ausgezahlt.
  • Im Jahr 2011 wurde ein steuerfinanzierter Pflegefonds eingeführt, womit der Bund die Kostensteigerungen auffängt, die Ländern und Gemeinden im Bereich der Pflege entstehen. Damit ist für über 400.000 PflegegeldbezieherInnen das Pflegesystem gesichert.
  • Seit September 2009 haben alle 5-jährigen Kinder in Österreich das Recht auf einen kostenlosen Kindergartenplatz im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche.
  • Für den Ausbau von Kinderbetreuung für unter 3-jährige wurden den Ländern 55 Mio. zur Verfügung gestellt. Neben dem quantitativen Ausbau werden auch weitere Schritte in Richtung Qualität der Betreuungsplätze gesetzt.
  • Dass es im Gesundheitsbereich zu keinen Einsparungen kam war schon Thema, tatsächlich wurden Leistungen sogar verbessert und ausgebaut. Es handelt sich dabei um kleine sozialpolitische Maßnahmen, die für die Betroffenen sehr relevant sind:
    • Die Leistungsbegrenzungen für Zahnambulatorien wurden aufgehoben. Diese oftmals von sozial schlechter Gestellten aufgesuchten zahnmedizinischen Einrichtungen wurden damit aufgewertet. Alle Leistungen (Kieferorthopädie, Kieferchirurgie etc.) können dort nun auch angeboten werden und das ca. zum halben Preis gegenüber niedergelassenen Zahnärzten.
    • Das Kinderimpfprogramm wurde auf besonders seltene Krankheiten sowie auf eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs ausgeweitet
    • Alle Kindergartenkinder im verpflichteten Kindergartenjahr, sowie Menschen mit besonderen Bedürfnissen in Tageswerkstätten wurden unfallversichert, was die Leistungen im Falle eines Unfalls gegenüber der Krankenversicherung erheblich erhöht.
    • Für die Bezieher von MindestsicherungsbezieherInnen wurde der stigmatisierende andersfarbige Krankenschein durch die e-card ersetzt, wodurch die Anzahl an Arztbesuchen dieser Gruppe stark zugenommen hat.
  • Die Maklerprovisionen wurden 2010 verringert. Bei auf bis zu drei Jahre befristeten Mietverträgen für Wohnungen und Einfamilienhäuser zahlen MieterInnen künftig nur noch eine Monatsmiete an Provision. Läuft ein Vertrag länger als drei Jahre oder wird er unbefristet geschlossen, so fallen maximal zwei Monatsmieten an. Alleine diese Maßnahme offensiv zu kommunizieren würde wohl ein paar tausend Stimmen bringen. Aber fein, man kann auch Gutes tun und darüber schweigen.

Der bisherige Fokus des Artikels war eher wirtschafts- und sozialpolitisch. Dabei gibt es wichtige gesellschaftspolitische Errungenschaften dieser Regierung, denken wir an die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle, die Ortstafellösung, die Frauenquoten im öffentlichen Dienst und in öffentlichen Unternehmen oder die offiziellen Feierlichkeiten am 8. Mai anstelle der Burschenschafteraufmärsche. Auch die Stiefkindadoption für Homosexuelle wurde eingeführt.

Insgesamt ist mein Urteil, dass die Performance der Regierung recht gut war. Ich denke, dass die Maßnahmen geeignet waren die in der Einleitung genannten natürlichen Tendenzen kapitalistischer Marktwirtschaften zu Instabilität und sozialer Polarisierung zu neutralisieren. Das ist in fast keinem anderen europäischen Land der Fall, auch nicht im gerühmten Deutschland, das einen extrem hohen sozialen Preis für seine aggressive Außenhandelsstrategie zahlt. Ich glaube allerdings nicht, dass die Maßnahmen ausgereicht haben um die ökonomischen Megatrends überzukompensieren – das wäre notwendig um richtigen sozialen Fortschritt zu ermöglichen. Die Ausgangssituation ist jedoch nicht schlecht, in der kommenden Legislaturperiode noch eines draufzusetzen und unter den Bedingungen einer womöglich weniger turbulenten weltwirtschaftlichen Situation, dem sozialen Fortschritt wieder auf die Spur zu kommen.

Ist das mit der aktuellen SPÖ-Führung überhaupt möglich? Ich glaube, dass starke Persönlichkeiten eine Rolle spielen können und Politik in ungewohnte Bahnen lenken können, das gilt für Bruno Kreisky im Positiven wie für Wolfgang Schüssel im Negativen. Wenn hingegen in einer Partei wie der SPÖ weniger starke Persönlichkeiten am Ruder sind, dann ist deren Handlungsspielraum kleiner und es setzen sich politischen Inhalte durch, die im Bauch der Arbeiterbewegung Konsens sind. Das sind nicht nur mittlere FunktionärInnen und MandatsträgerInnen der SPÖ, sondern auch Angestellte der Arbeiterkammer oder BetriebsrätInnen im ÖGB. Das sind jene Gruppen, die z.B. 2010 die Wende hin zur Politik der Umverteilung in der SPÖ durchgesetzt haben – aus meiner Sicht der einzige Grund, weshalb wir überhaupt noch mit Platz 1 rechnen können. Es ist angesichts dessen kurios wenn AK und ÖGB unterstellt wird, sie würden mit Kampagnen zur Vermögenssteuer der SPÖ Schützenhilfe geben. In Wirklichkeit war es deren Lobbyarbeit, die die SPÖ-Führung bei der Verteilungsfrage auf eine neue Linie gebracht hat.

Wenn Sie die SPÖ nicht als das wahrnehmen, was Sie medial inszeniert bekommen, sondern als Kraftfeld, wo verschiedene Interessensgruppen um Einfluss streiten, dann kommen Sie einer realistischen Beurteilung der Sozialdemokratie näher. Wenn Sie innerhalb des politischen Kraftfeldes jenen Pol stärken wollen, wo Arbeiterkammer und ÖGB, wo progressive ExpertInnen und Armutskonferenz, wo in einem gewissen Rahmen auch die kleine Sektion 8 Gehör findet, dann wählen Sie die SPÖ. Überbewerten Sie nicht die Ästhetik einer mondänen Repräsentation im Vergleich zu der Frage, welche Politik den Menschen in ihrem Lebensalltag real am meisten weiterhilft. Die österreichische Sozialdemokratie ist bei allen Schwächen die Garantin dafür, dass in einer Gesellschaft, die sich nur noch für Stars und Eliten interessiert, die gewöhnlichen Menschen politisches Gehör finden.

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15 Responses to Wieso SPÖ wählen?

  1. punto 23. Oktober 2013 at 20:24 #

    Die Transaktionssteuer macht viel weniger aus, als bereits heute an Banken und Börsenhändler ohne Wimperenzucken entrichtet wird. Ob der Anleger Gewinne macht oder Verluste.
    Was soll daran katastrophal sein?

  2. Gerry 21. Oktober 2013 at 16:36 #

    Ein Beispiel von vielen, welches hoffentlich jeder Idiot versteht:
    Ein Unternehmer oder Anleger macht viele volumensintensive Transaktionen pro Jahr.
    Zu welchem Zweck auch immer.
    Er macht mit seinen vielen Transaktionen große Verluste. Am Ende des Jahres ist er tief im Minus.

    Hat er jetzt Pech, dass er im unfreien Block der 11 Länder lebt, dann wird er über die Grenzen verfolgt, zusätzlich zu seinen hohen Verlusten noch für jede Transaktion Steuer zu zahlen und damit seine Verluste noch wesentlich zu vergrößern. Eine Gemeinheit ist das! Eine Sauerei!

    Es erinnert mich etwas an das geteilte Europa vor 1989:
    Ein Teil ist frei, im anderen wütet die Strafsteuer über alle Grenzen hinweg.
    Faymann treibt die Spaltung Europas voran anstatt sich um eine funktionierende, harmonische Gemeinschaft ALLER 28 Länder zu bemühen. Ein Block gegen den anderen! Der Kampf hat begonnen. Großbritannien macht den Anfang. Ich hoffe, die Briten und alle Mitstreiter setzen sich durch und wir leben alle wieder in einer strafsteuerfreien EU !!!

    Weg mit dieser unfairen, ungerechten, umstrittenen und 3fach rechtswidrigen Finanztransaktionssteuer !!! Erst gar nicht einführen!

  3. punto 18. Oktober 2013 at 14:56 #

    @ Gerry: Könntest du mir erklären, wodurch sich die Transaktionssteuer katastrophal auswirken würde? Was passiert da?

  4. Gerry 18. Oktober 2013 at 00:52 #

    Schade, dass die EU-Austrittspartei nicht im Parlament vertreten ist. Um einen Austritt durchzusetzen, wäre sie sowieso zu schwach. Aber wir hätten eine stärkere Stimme gegen Brüssel und würden trotzdem in der EU bleiben.
    Die Verantwortlichen in Brüssel kassieren über 200.000 Euro Gehalt im Jahr!
    Und was machen sie?
    Bestes Beispiel: Geben wir doch allen Ländern den Euro, egal ob das Land stark oder schwach ist.
    Das ist genauso, wie wenn ich die neuen durchgehenden U-Bahn Züge starr verbinden würde. In der ersten Kurve brechen sie auseinander. Das kapiert jeder Volksschüler.
    Diese verantwortungslose Politik von Brüssel ist zum Kotzen.
    Jetzt kann man sich schon bald vorstellen, was für katastrophale Auswirkungen die Finanztransaktionssteuer haben wird.
    Die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft bekommt noch eins drauf.
    Und was macht die SPÖ? Schönreden.
    Die Wahrheit hätte ihr bei der Wahl mehr Stimmen gebracht. Konkurrenzlos gegen alle anderen Parteien, die diese neue Belastung für Private und Unternehmer bejubeln und sich kritiklos von Brüssel alles gefallen lassen.

  5. punto 9. Oktober 2013 at 22:42 #

    @ „Es muss das Ziel sein, den Finanzsektor wieder auf eine sinnvolle Größe zu schrumpfen.“

    Das gilt für unsere ganze sinnlos wachsende Wirtschaft. Aber das kostet Arbeitsplätze.
    Darüber gibt es seit Jahrzehnten massenhaft wissenschaftliche Literatur. Jetzt sollten endlich unsere Politiker anfangen, über einen Ausweg nachzudenken.

  6. punto 9. Oktober 2013 at 22:35 #

    @ Die Finanztransaktionssteuer ist „verfassungswidrig wegen dem Verifikationsprinzip.“
    .
    Kann mir das wer erklären?

  7. punto 9. Oktober 2013 at 22:11 #

    @ „Die SPÖ braucht einen starken Linksruck!“:
    „Linke Politik“ bedeutet in der SPÖ schon lange nicht mehr die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen und das vertreibt die Arbeitnehmer.

  8. Rafael 30. September 2013 at 15:40 #

    @Gery: Keine Ahnung obs mit der Finanztransaktionssteuer wirklich rechtliche Probleme gibt. Sollte es sie geben denke ich mir kann man die mit dem entsprechenden politischen Willen beseitigen.
    Und warum sollte sie AnlegerInnen und überhaupt allen schaden? Ich würd eher umgekehrt sagen wer sich gegen eine solche Steuer einsetzt gehört abgewählt. Es muss das Ziel sein, den Finanzsektor wieder auf eine sinnvolle Größe zu schrumpfen. Die Finanztransaktionssteuer kann ein geeignetes Mittel dafür sein, denn Sie wollen nicht ernsthaft argumentieren, dass die „Finanzinnovationen“ der letzten 20 Jahre irgendwem was gebracht haben außer dem Finanzsektor.

  9. Gerry 30. September 2013 at 15:27 #

    Die Finanztransaktionssteuer ist rechtswidrig, selbst wenn die überhebliche EU-Kommission (noch) das Gegenteil behauptet. Völkerrechtswidrig aufgrund der territorialen Ausdehnung und verfassungswidrig wegen dem Verifikationsprinzip.
    Sie schadet Anlegern, Unternehmern und Verbrauchern in Europa in Milliardenhöhe. Und kaum den Verursachern der Finanzkrise.
    Wer sich für so eine Steuer einsetzt, gehört eigentlich abgewählt. Leider wird die Unwissenheit des Volkes für Propagandazwecke für diese schädliche Steuer missbraucht. Allen voran die SPÖ, die alle anderen Parteien auf diesem politischen Irrweg mitzieht. Bleibt nur zu hoffen, dass eine Partei mal aufwacht und diese unsinnige Steuer scharf kritisiert.

  10. Arbeitslosenaktivist 29. September 2013 at 19:02 #

    Die SPÖ hat ein schlechtes Wahlergebnis erzielt, da gibt es nichts schönzureden. Es ist das schlechteste Wahlergebnis der Bundes-SPÖ seit ihrem Bestehen. Seit 1979 hat sich die SPÖ nahezu halbiert.

    Zu verantworten hat das die katastrophale Sozialpolitik der SPÖ, die den Großteil der sozial benachteiligten Menschen der FPÖ zugetrieben haben. Bei den Arbeiter_innen wurde nicht die SPÖ, sondern deutlich die FPÖ (!) die Nr. 1!

    Daher muss vor allem Rudolf Hundstorfer zurücktreten. An seine Stelle sollen Sonja Ablinger oder Wolfgang Katzian treten.

    Sonja Ablinger kann ich mir aber auch gut als Frauenministerin vorstellen. Damit hätten wir wieder eine Frauenministerin, die für eine Frauenpolitik wie Johanna Dohnal steht. Wer Frauenministerin wird, sollen aber die (SPÖ)-Frauen, ohne Mitsprache der (SPÖ)-Männer, selbst entscheiden, denn was Frauen brauchen, wissen Frauen selbst am besten.

    Josef Cap, der für eine neoliberale Politik steht, muss als Klubobmann zurücktreten. An seiner Stelle kann ich mir wieder Sonja Ablinger vorstellen – oder Petra Bayr (eine starke Stimme für EZA und Umweltschutz!).

    Die Bundesgeschäftsführung gehört ebenfalls ausgetauscht.

    Die SPÖ braucht einen starken Linksruck!

  11. Arbeitslosenaktivist 25. September 2013 at 17:03 #

    PS:

    Auf mein Argument gegen mehr direkte Demokratie antworten viele oft, vor Volksabstimmungen brauche man doch keine Zeit, sich zu informieren, solche Fragen, seine doch einfach nur Gewissensfragen, die man schnell beantworten könne.

    Das stimmt nicht! Ich denke da nur an so komplexe Themen wie Fiskalpakt oder Wettbewerbspakt. Wenn man hier klug entscheiden will, dann muss man sich informieren.

  12. Arbeitslosenaktivist 25. September 2013 at 15:02 #

    Ich habe bereits SPÖ gewählt – per Briefwahl (hier habe ich leider gegen meine Überzeugung gehandelt, da ich eigentlich gegen die Briefwahl bin).

    Die SPÖ ist momentan für mich das geringste Übel. Sie ist für mich deshalb momentan das geringste Übel, weil sie die Partei ist, die momentan am meisten bei der direkten Demokratie bremst (leider ist sie nicht kategorisch gegen den Ausbau der direkten Demokratie). Alle anderen Parteien (seit neuestem auch die ÖVP) drängen stark, die direkte Demokratie auszubauen.

    Ich bin strikt gegen den Ausbau der direkten Demokratie. Die wenigsten haben für mehr direkte Demokratie Zeit. Dass Menschen, ohne Zeit zu haben, sich vor Abstimmungen zu informieren, an Volksabstimmungen teilnehmen, will ich nicht. Das öffnet Scharlatanen, die Menschen manipulieren wollen (= sie dazu bringen, für etwas zu stimmen, was sie gar nicht wollen), Türe und Tore. Anstatt die direkte Demokratie auszubauen, sollte allen ausreichend Freizeit gegeben werden, um sich im gegenwärtigen parlamentarischen politischen System zu beteiligen (Zeit für Information, Zeit für Partizipation, …). Viele (viele Frauen, arme Menschen, …) haben momentan nicht einmal Zeit, sich vor Wahlen ausreichend zu informieren, da sie zu viel Arbeit haben und/oder ständig damit beschäftig sind, ihre Existenz zu sichern (trotzdem schaffen es viele nicht, ihre Existenz zu sichern).

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