Parteidemokratie #7: Demokratie ist nicht geschlechtsneutral

Das Vordringen der Frauen in die Männerdomäne Politik verläuft keineswegs kontinuierlich, wie jüngste Zahlen eindrucksvoll belegen.1 Doch warum erweist sich das Erreichen von zumindest quantitativ egalitären Vertretungsstrukturen als so zäh und was bedeutet das für die Ausgestaltung der parteiinternen Spielregeln?

von Barbara Blaha und Sylvia Kuba

Die Gründe für die mangelnde politische Präsenz von Frauen sind so vielschichtig und zahlreich wie die Hindernisse, die Frauen im Verlauf ihrer politischen Karriere zu überwinden haben. Historisch betrachtet wurde der demokratische Apparat in einer Zeit entwickelt, als Frauen von jeder Partizipation explizit ausgeschlossen waren. Als Frauen sich ihr Recht zur Teilhabe im politischen Prozess erkämpft hatten, hatten Männer dessen Spielregeln längst festgelegt. Die Teilhabe von Frauen, ihre spezifischen Lebensentwürfe und Interessenslagen wurden in der Gestaltung der demokratischen Strukturen, ihren Abläufen und Institutionen nicht mitgedacht. Diese rein männliche Entwicklung von Demokratie hat relevante Auswirkungen für die politische Kultur von heute. Männlichkeit wurde ein subkutanes strukturelles Merkmal des allgemeinen Verständnisses von „der Politik“. In einer Befragung von Frauen in politischen Top-Berufen beschreiben die Befragten die persönlichen Konsequenzen dieser Strukturfremdheit wie folgt: Als Frauen müssten sie „sich zwar männlich konnotierter Verhaltensweisen bedienen“2, um politischen Erfolg zu haben, gleichzeitig würde ihnen deshalb aber die Weiblichkeit abgesprochen.

Eine große Rolle spielt das Gefüge von Verhaltensweisen, Symbolen, Ritualen und informellen Spielregeln für den Umgang miteinander, das mit dem Begriff „politische Kultur“ umfasst wird. Die Fremdheit von Frauen in dieser politischen Kultur illustriert das Zitat einer grünen Abgeordneten: „Die Frauen haben das Leben in Bonn nicht geprägt. Die Männer, die männlichen Abgeordneten, die Politiker, die haben das Leben in Bonn geprägt. Der Umgang mit den Journalisten, die Art, in die Kneipe zu gehen, abends’ mal irgendwo hinzugehen, sich hier und da auf Botschaften zu treffen. (…) Deshalb haben wir keine Orientierungsmuster, wie Frauen in der Politik eigentlich sind“3.

Bärbel Schöler-Macher untersuchte anhand von Interviews mit Politikern deren Selbstverständnis als Männer und von deren Arbeit. Als Ergebnis hielt sie fest, was die Befragten als wesentlich erachten, um im Spiel der Politik zu bestehen: Kampfbereitschaft und -willen, strategisches Geschick zur Nutzung der eigenen Chancen und bedingungslose Loyalität in der Verbrüderung mit Gleichgesinnten, Lust an Selbstinszenierung, die Kunst, rational reden zu können und geringe Ablenkung durch andere private Verpflichtungen. In einer parallelen Überprüfung des Selbstverständnisses der Männer als Männer stellt die Autorin fest, dass die Wesenszüge, die als zentral für die Ausübung des politischen Berufes erachten werden, verblüffend genau mit jenen korrelieren, die diese als typisch männlich bewerten; „Das Selbstverständnis männlicher Politiker basiert somit auf der Auffassung, dass die Männer quasi eine „natürliche“ Eignung für dieses Handwerk haben.“4 Die Politologin Birgit Sauer gibt zu bedenken, dass von Politikerinnen zwar einerseits erwartet werde „… dass sie mit typischen weiblichen Eigenschaften wie Empathie und Beziehungsfähigkeit die Männergesellschaft bereichern. Dies wird aber andererseits als nicht relevant für politische Entscheidungen belächelt“5. Denn die eigentlichen und „richtigen“ politischen Verhaltensweisen entsprechen immer noch dem klassisch männlichen Habitus. Damit geht eine eindeutige Hierarchisierung von weiblichen und männlichen Verhaltensmustern in Bezug auf ihren Wert für den politischen Prozess einher – zulasten der Frauen.

Wenn die Unterrepräsentanz von Frauen in der Politik also damit erklärt wird, dass Frauen aufgrund ihrer Sozialisation schlechtere Startvoraussetzungen für die Teilhabe am politischen Geschäft hätten, besagt das im Grunde auch: „Mädchen und Frauen ermangele es (…) an politikadäquaten Fähigkeiten und Einstellungen. Der Ausschluss aus der StaatsbürgerInnenschaft qua Geschlecht durch fehlende Bereitstellung staatsbürgerlicher und partizipatorischer Ressourcen wird nicht thematisierbar.“6 Im Ergebnis wird eine „objektive Partizipationsverhinderung in die Frauen“ hineinverlagert und das Bild der unpolitischen Frau reproduziert. Frauen werden zu defizitären Personen erklärt, weil sie seltener die von der „parlamentarischen Demokratie zur Verfügung gestellten Handlungsräume nutzen.“7 Das Änderungspotential wird damit implizit den Frauen zugeschoben. Sie müssten erst „gefördert“ werden, um in der Demokratie mit Männern mithalten zu können.

Neben den männlich codierten Politstrukturen spielen weitere Faktoren eine bedeutende Rolle. Die massiv ungleich verteilte Arbeitsbelastung im familiären Bereich macht es Frauen wesentlich schwerer, überhaupt in den Politbetrieb einzusteigen. Und auch die konkrete Ausgestaltung von Wahlsystemen hat eine direkte Wirkung darauf, ob Frauen überhaupt Mandate erringen. Die Finanzierung von Wahlkämpfen, die Strukturen oder Rekrutierungsmuster der Parteien – all diese Komponenten wirken daran mit, dass Frauen in der Politik fehlen.

Im Lichte der jüngsten Debatten um den Ausbau direktdemokratischer Instrumente und einer Änderung des Wahlrechts gilt es vermeintlich „geschlechtsneutrale“ demokratiepolitische Spielregeln genau unter die Lupe zu nehmen. Die größte messbare Auswirkung auf den Anteil von Frauen hat zweifelsohne die Quote. In Frankreich führte die gesetzlich festgelegte geschlechterparitätische Listenbesetzung bei Kommunalwahlen sofort fast zu einer Verdoppelung der Frauen in den Kommunalparlamenten. 8

Hier zeigt sich deutlich, dass nicht ein zu kleiner Pool an potentiellen und kompetenten Kandidatinnen der ausschlaggebende Faktor für die Unterrepräsentanz von Frauen auf kommunalpolitischer Ebene ist. Es benötigte auch keine zusätzliche Förderprogramme oder langwierige gesellschaftliche Änderungsprozesse, um Parität in den Kommunalparlamenten herzustellen – die gesetzliche Notwendigkeit reichte völlig aus. Ein zweiter Faktor, der die Anzahl von gewählten Mandatarinnen beeinflusst, ist die Gestaltung des Wahlsystems. Dabei ist empirisch belegt, dass drei Variablen die Chancen von Frauen beeinflussen, gewählt zu werden.

 

  • Der Verteilungsschlüssel: Es spielt eine Rolle, ob ein Mehrheitswahlrecht oder Verhältniswahlrecht gilt. Dabei spiegeln beim Verhältniswahlrecht die Mandate den prozentuellen Stimmanteil einer Partei annähernd9 wieder. Das Mehrheitswahlrecht funktioniert eher nach dem „The winner takes it all“ Prinzip. Das Wahlgebiet ist dabei in einzelne Wahlkreise geteilt, von dem jeweils ein/e VertreterIn ins Parlament entsendet wird.10

  • Entscheidend ist weiters, ob Listen- oder Personen zur Wahl stehen. Die Wirkung des Wahlsystems, und des damit verbundenen parteiinternen Prozess der Kandidatenfindung auf den Anteil der gewählten Frauen, untermauern etwa die Ergebnisse des „Genderranking für deutsche Großstädte“.11 Der dritte Faktor ist die Gestaltung des Wahlkreises. Es zeigt sich, dass mit der Größe des Wahlkreises auch der Anteil der gewählten Frauen zunimmt.12 Je mehr Wahlkreise, in denen weniger Abgeordnete entsendet werden, umso geringer der Frauenanteil. Das liegt vor allem an den Strategien zur Listenerstellung durch die Parteien. Je mehr Abgeordnete aus einem Wahlkreis entsandt werden können, umso eher bemühen sie sich um eine ausgewogene Listenerstellung. Wenn nur wenige Sitze zu vergeben sind, tendieren Parteien eher dazu Männer zu nominieren.13 Das mag daran liegen, dass Männern größere Gewinnchancen zugeschrieben werden, oder auch daran, dass sich Männer parteiintern besser durchsetzen können und erst wenn mehrere Plätze zu vergeben sind, die „fixen Männerplätze“ um Frauenplätze ergänzt werden. International vergleichende Studien bestätigen, dass der Frauenanteil mit der Anzahl der zu vergebenden Abgeordnetensitze pro Wahlkreis steigt. Obwohl es freilich andere Parameter wie die politische Kultur gibt, die diese Faktoren überlagern können.14

Die unpolitische Frau?

Welchen Einfluss haben nun aber die Parteien selbst auf die Repräsentanz von Frauen? Das ernüchternde Ergebnis der BürgermeisterInnen-Wahl in Salzburg 1999 hatte zumindest zur Folge, dass das Land Salzburg eine Studie15 in Auftrag gab, die sich der Frage widmete, mit welchen Hindernisse Frauen auf (kommunal-) politischer Ebene zu kämpfen haben. Damals waren von 264 KandidatInnen für das (in Salzburg direkt gewählte Bürgermeisteramt) in 119 Gemeinden 13 Frauen, Bürgermeisterin wurde keine einzige. Die Studienautorinnen kristallisierten aus den Befragungen der Kandidatinnen und der WählerInnen zentrale Faktoren heraus, um die politische Unterrepräsentanz von Frauen zu erklären, die im Folgenden dargestellt und um internationale Forschungsergebnisse über geschlechtsspezifische Hemmnisse in politischen Strukturen ergänzt werden.

  • Gatekeeper-Funktion der Parteien: Sie entscheiden in internen Prozessen darüber, wer überhaupt einen Listenplatz bekommt. Frauenförderung würde hier aus Sicht der befragten Kandidatinnen oft eher „halbherzig“ passieren.

  • Der Outgroup-Effekt: Diskriminierung in Parteistrukturen passiert oftmals nicht direkt und nicht offensichtlich. Mangelnde Frauenförderung ist auch dem sogenannten „Outgroup Effect“ geschuldet. Das heißt, EntscheidungsträgerInnen wählen überproportional oft Mitglieder der eigenen sozialen Gruppe für Funktionen aus. Da die Mehrheit von ihnen männlich ist, geben diese – durchaus auch unbewusst – männlichen Kandidaten den Vorzug, wenn es darum geht jemanden gezielt zu fördern oder für eine Funktion oder Aufgabe auszuwählen.16 Freilich erleben Frauen innerhalb ihrer eigenen Parteien auch direkte Diskriminierung. In einer us-amerikanischen Studie über Frauen, die auf lokaler Ebene politische Ämter bekleideten, gaben 64 Prozent der Befragten an, schon einmal erlebt zu haben, dass Parteifunktionäre Frauen aufgrund ihres Geschlechts entmutigt hätten, sich um politische Ämter zu bewerben.17

  • Männliche Normbiografie als Einstiegsvoraussetzung: Darüber hinaus ist der gängige parteiinterne Rekrutierungsprozess für politisches Personal meist verbunden mit einem stufenweisen Aufstieg von der Orts- über die Landes- bis zur Bundesebene. Eine Struktur, wie Silke Kinzing in Bezug auf die deutsche Parteienlandschaft feststellt, ausgerichtet ist auf „eine männliche Normalbiographie, bei der politisches und berufliches Engagement nicht unterbrochen werden durch die Übernahme familiärer Verpflichtungen.“18

  • Ressourcenkonflikt: Wer gewählt werden will, muss die Leute im Ort kennen. Wesentliches Element kommunalpolitischen Engagements ist deshalb viel Zeit bei lokalen Vereinen, Stammtischen, Feuerwehrfesten oder Weihnachtsfeiern zu verbringen. An dieser für die Wahl zentralen Form von Gesellschafts- und Vereinsleben können Frauen weniger partizipieren, da ihnen tradierte Rollenbilder noch immer den Großteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung zuschanzen und sie dadurch schlicht über zu wenig zeitliche Ressourcen verfügen.19 Dass Doppelbelastung für Frauen ein zentraler Hindernisgrund ist um in der Politik aktiv zu sein, lässt sich auch daran ablesen, dass Frauen in der „Familiengründungsphase“ weniger politisch aktiv sind, als zu anderen Zeitpunkten in ihrem Leben.20 Dabei geht es hier um eine Lebensphase, die für den Aufbau einer Karriere zentral ist. Der Vorsprung der Männer kann später kaum mehr aufgeholt werden. Andererseits zeigen Statistiken über den Familienstand von Frauen, dass sie in hohen Positionen eher Single oder kinderlos sind. Das gilt für die Politik genauso wie die Wirtschaft.21

  • Parteienstruktur: Entscheidend für den Frauenanteil in Parteien ist außerdem ihre Struktur. So zeigt eine international vergleichende Studie aus dem Jahr 1997, dass die Anzahl weiblicher Parteimitglieder, Kandidatinnen und Funktionsträgerinnen mit dem Grad der Zentralisierung einer Parteistruktur steigt.

  • Frauenorganisationen: Außerdem begünstigen (einflussreiche) parteiinterne Frauenorganisationen den Aufstieg von Frauen in Parteistrukturen nachweislich.22 Dasselbe gilt für parteiinterne Quotenregelungen. Diese stellen ein wesentliches Mittel zur Erhöhung des Frauenanteils dar.

  • Aussichtlose Startpositionen: Frauen wurden etwa bei den Gemeinderatswahlen 1999 in Salzburg von ihren Parteien vor allem dort ins Rennen um den Bürgermeistersessel geschickt, wo sie auf aussichtlosem Posten kämpften: Zum Beispiel in Ortschaften, wo ein bereits amtierender Bürgermeister noch einmal antrat und aufgrund seines Amtsbonus einen Startvorteil hatte.

  • Fremdheit in der Politik: Wenn es wenige Frauen in politischen Funktionen gibt, sind jene, die sich um Ämter bewerben, besonders exponiert. Die interviewten Frauen berichten in diesem Zusammenhang davon, dass sie sich etwa auf Sitzungen besser vorbereiten müssten, als ihre männlichen Kollegen, da sie ihre Argumente besser untermauern müssen, um überhaupt gehört zu werden, während das Wort der Männer auch ohne Belege mehr wiegt. Eine Erfahrung, die selbst noch Spitzenpolitikerinnen machen müssen. In einer Studie über die Sozialisation von deutschen Politikerinnen in Leitungsfunktionen von Susanne Bergmann aus dem Jahr 1998, gibt ein Großteil der befragten Politikerinnen an, dass sie immer wieder daran erinnert würden, „nur“ Frauen zu sein, was mit einer Infragestellung ihrer Qualifikation einhergehe. So berichtet eine Studienteilnehmerin, gefragt nach einem negativen Aspekt ihres Arbeitsalltags: „Ich werde als Frau nicht ernst genommen, gerade auf meinem Fachgebiet Wirtschaft. Meine fachliche Qualifikation wird einfach nicht vorausgesetzt. Das äußert sich zum Beispiel in Belehrungen von Männern, die weniger kompetent sind als ich. Ich muss auf meine Kompetenzen hinweisen und auf deren Anerkennung bestehen.“23

  • Hintergrundarbeit: Frauen sind eher bereit im Hintergrund zu arbeiten und drängen seltener in die erste Reihe. Dorthin rücken sie oft nur dann vor, wenn z.B. durch Generationenwechsel oder Krisen kein Mann für eine Kandidatur gefunden wurde.

  • Rekrutierung: Im Rahmen ihrer Untersuchung stießen die Studienautorinnen oft auf das Argument, dass sich – trotz Bemühungen – keine Frauen finden würden, die überhaupt kandidieren wollen. Als Gründe nennen die Befragten traditionelle Rollenbilder oder Mehrfachbelastung, fehlende Unterstützung durch Partner und Partei, geschlechtsspezifische Sozialisation, machtlose Frauenorganisationen oder Fremdheit in der Politik.

So schnell Männer und Frauen Erklärungen für die Unterrepräsentanz von Frauen parat haben, so sehr stoßen die Autorinnen bei der Frage nach Auswegen auf Ratlosigkeit. Die Probleme würden als weibliche Defizite wahrgenommen, nicht als strukturelle Probleme, für die es Lösungen braucht, folgern die Wissenschaftlerinnen aus den Antworten. Eine Analyse der Berufswege deutscher Kommunalpolitikerinnen zeigt, dass diese überdurchschnittlich gebildet sind und eher spät ihre politischen Ämter übernommen haben. Frauen betreiben also hauptsächlich zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben Politik an dem sie keine Betreuungspflichten mehr für kleine Kinder haben und die Barriere der Mehrfachbelastung entsprechend geringer ist. Den Einstieg in die Kommunalpolitik tat ein Großteil der Befragten der eingangs erwähnten Studie über ehrenamtliches Engagement in Vereinen, Initiativen oder Vorfeldorganisationen. Als größte Hürden für politisches Engagement werden vielfach die Arbeits- und Sitzungskultur in politischen Gremien genannt, konkret etwa Endlosdiskussionen, Profilierungssucht oder Grabenkämpfe. Diese Empfindung ist mit einem starken Wunsch nach Professionalisierung der Arbeit verbunden – etwa in Bezug auf Sitzungsführung und eine bessere terminliche Planbarkeit, um ein Mandat auch mit knappen Zeitressourcen ausfüllen zu können.

Der Sukkus der Studie: Obwohl viele Frauen heute die notwendigen Voraussetzungen für kommunalpolitische Ämter erfüllen (wie berufliche Erfahrung in der Verwaltung oder im öffentlichen Bereich), müssen eine Reihe weiterer Faktoren erfüllt sein, damit Frauen diese politische Karriere tatsächlich einschlagen können: Eine familiäre Situation, die politisches Engagement zeitlich erlaubt, die Unterstützung des Partners, gezielte Motivation und Förderung – und zwar nicht nur in Situationen, in denen sich kein Mann für ein Amt findet.

 

Quellenangaben und Fußnoten

1 Der Frauenanteil unter den Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat etwa ist rückläufig: Waren 2002 noch 33,9 Prozent aller Abgeordneten weiblich, liegt der Frauenanteil heute – zehn Jahre später – nur mehr bei 27, 3 Prozent. Vgl. dazu O.V.: Frauen im Nationalrat. http://www.parlament.gv.at/PERK/FRAU/POL/index.shtml (Stand 20.1.2012) Und ein Blick auf diverse Untersuchungen zum freiwilligen Engagement zeigt, dass sich zwar bis zum 19. Lebensjahr mehr Mädchen als Burschen engagieren (37 Prozent vs. 35 Prozent), dann stellen sackt der Anteil der Frauen rapide ab, während die Männer ihr Engagement weiter ausbauen. Zwischen 20 und Mitte 30 sind rund 40 Prozent aller Männer engagiert, aber nur mehr 28 Prozent aller Frauen. Der Niveauunterschied gleicht sich erst mit rund 40 Jahren wieder an. Vgl. dazu Deutsches Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.), Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009, Zivilgesellschaftliches Engagement 1999, 2004, 2009, http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/3._20Freiwilligensurvey-Hauptbericht,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf S. 39.

2 Weber, Ulla: Einleitung, in: Foster, Helga/ Lukoschat, Helga /Schaeffer-Hegel, Barbara (Hg.): Die Ganze Demokratie, Zur Professionalisierung von Frauen für die Politik, Darmstadt 1998, S. 13.

3 Schöler-Macher, Bärbel: Die Fremdheit der Politik. Erfahrungen von Frauen in Parteien und Parlamenten, Weinheim 1994. S. 13.

4 Vgl. dazu ebenda, S. 153.

5 Sauer, Birgit: Was heißt und zu welchem Zweck partizipieren wir? Kritische Anmerkungen zur Partizipationsforschung, in: Biester, Elke / Holland-Cunz, Barbara / Sauer, Birgit (Hg.): Demokratie oder Andokratie? Theorie und Praxis demokratischer Herrschaft in der feministischen Diskussion. Fankfurt – New York, 1994, S. 116.

6 Ebenda, S. 104.

7 Ebenda, S. 104.

8 Mit dem Gesetz „Paritè“ wurde eine gesetzliche Quote auf kommunaler Ebene eingeführt, welche die Parteien zwingt, für einen paritätischen Frauenanteil auf ihren Wahllisten zu sorgen. Das oft strapazierte Argument, es würden sich einfach keine Frauen finden, die für ein Amt kandidieren wollen, wurde mit der Umsetzung des Gesetzes Lügen gestraft: Betrug der Frauenanteil in den französischen Kommunalparlamenten vor Einführung der Quote 1995 noch 25,7 Prozent, schnellte er schon bei den nächsten Wahlen 2001 auf 47,5 Prozent in die Höhe und blieb auch bei den Wahlen 2008 mit 48,5 Prozent auf diesem hohen Niveau. Um zu verhindern, dass Frauen nur auf den hinteren Listenplätzen gereiht werden, müssen sie seit Gesetzesreformen 2003 und 2007 alternierend besetzt werden. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung, bei denen Parteien die Regeln zur paritätischen und alternierenden Listengestaltung umgehen können, indem sie ein Bußgeld bezahlen, steigt der Frauenanteil wesentlich langsamer. Von 10,9 im Jahr 1997 auf 12,3 im Jahr 2002 auf 18,5 im Jahr 2007.

9 Verzerrungen zwischen Stimm- und Mandatsanteil entstehen durch unterschiedliche Berechnungsmethoden und Mindeststimmzahlen, die zur Erlangung eines Mandats erreicht werden müssen.

10 Vgl. dazu Pelinka, Anton: Grundzüge der Politikwissenschaft, Wien, Köln, Weimar 2000, S. 63.

11 Bei diesem Vergleich schneiden die nordrhein-westfälischen Kommunen mit einem signifikant niedrigeren Frauenanteil ab. Die Studienautorinnen führen das darauf zurück, dass dort die Hälfte der Ratsmitglieder über Direktmandate bestimmt wird.

In den Kommunen erstellen die lokalen Ortsparteien jeweils ihre eignen KandidatInnenlisten und es kann, anders als bei bundesweiten Listen, schwerer für einen überregionalen Ausgleich, etwa über Quotenregelungen, gesorgt werden. Vgl. dazu Holtkamp, Wiechmann, Pfetzing, 2010, S. 8 ff.

12 Hardmeier, Sibylle: Repräsentation, in: Rosenberger, Sieglinde / Sauer, Birgit (Hg.): Politikwissenschaft und Geschlecht, Wien 2004, S. 161 ff.

13 Vgl. dazu Kinzig, Silke: Auf dem Weg zur Macht? Zur Unterrepräsentation von Frauen im deutschen und U.S.-amerikanischen Regierungssystem, Wiesbaden 2007, S. 216.

14 Vgl. dazu ebena, S. 217 ff.

15 Hofer, Karin/ Wolfgruber, Elisabeth: Warum werden Frauen nicht gewählt? Zur Situation von Politikerinnen am Land Salzburg, Salzburg 1999, S. 5.

16 Vgl. dazu Hierath, Bettina: Repräsentation und Gleichheit. Neue Aspekte in der politikwissenschaftlichen Repräsentationsforschung, Opladen 2001, S. 187.

17 Vgl. dazu Kinzig, 2007, S. 185.

18 Ebenda, 2007, S. 154.

19 Laut dem UN Bericht: „The World’s Women 2010“ verbringen Frauen wöchentlich doppelt so viel Zeit mit Hausarbeit wie Männer UN (Hg.), The World’s Women 2010, Trends and Statistics, http://unstats.un.org/unsd/demographic/products/Worldswomen/WW2010pub.htm (Stand 2.1.2011), S. 75.

20 Vgl. dazu Freiwilligensurvey 2009.

21 Vgl. dazu Van Zoonen, Liesbet: Entertaining The Citizen. When Politics and Popular Culture Converge, Oxford 2005, S. 90.

22 Vgl. Hierath, 2001, S. 172.

23 Bergmann, Susanne: Aspekte der familiären und politischen Sozialisation von Spitzenpolitikerinnen und Führungsfrauen, in: Foster, Helga/ Lukoschat, Helga / Schaeffer-Hegel, Barbara (Hg.): Die Ganze Demokratie. Zur Professionalisierung von Frauen für die Politik, Darmstadt 1998, S. 40.

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