Am 7.2. wurde bekannt, dass die Österreichischen Lotterien Video Lotterie Terminals in Wien aufstellen. Diese Geräte sind von klassischen Glücksspielautomaten kaum zu unterscheiden. Wie kam es dazu, was bedeutet das, wie geht’s jetzt weiter? Die Sektion Acht gibt einen kurzen Überblick.
Eva Maltschnig*
Es gibt wieder Glücksspielautomaten in Wien. Hat die Wiener Stadtregierung doch wieder welche genehmigt?
Nein. Die 50 Automaten, die jetzt im Prater stehen, gehören den Österreichischen Lotterien. Es sind so genannte Video Lotterie Terminals (VLT), die bundesweit gleich geregelt werden. Die Länder – und damit auch die Wiener Stadtregierung – können nicht mitentscheiden.
Die Österreichischen Lotterien sind doch staatlich, warum machen die das?
Die Österreichischen Lotterien gehören mehrheitlich privaten Investoren, die öffentliche Hand hält nur ein knappes Drittel der Anteile der Lotterien-Mutter Casinos Austria. Seit 18.1.2018 verfügen die Glücksspiel-Gruppen Novomatic und Szaka über eine Aktienmehrheit. Bisher verfolgten die Lotterien die Policy, nicht ohne Abstimmung mit den jeweiligen Landesregierungen Automaten aufzustellen. Das ist nun offenbar anders. Die Änderung in der Vorgangsweise ist möglicherweise auf die Änderung der Mehrheitsverhältnisse zurückzuführen.
Also ist es doch die Novomatic?
Jein. Novomatic ist mit 17% an den Casinos Austria beteiligt. Der Novomatic-Chef spricht sich seit langem für die Erhöhung der aufgestellten VLTs durch die Lotterien aus, kein Wunder – er profitiert mehrfach davon. Außer einer steigenden Dividende erwartet sich die Novomatic Einnahmen aus dem Automatenverkauf. 43% der bestehenden Spiel-Terminals hat das Gumpoldskirchner Unternehmen an die Lotterien geliefert, die neuen Geräte werden wohl auch von Novomatic kommen. Die neuen VLTs stehen in Wien in einer Admiral-Halle, die die Lotterien wohl anmieten. Admiral gehört zu Novomatic. Die Spiele, die auf den VLTs angeboten werden, stammen zu etwa einem Drittel ebenso von Novomatic.
Sind die neuen Automaten legal?
Ja. Die Lotterien-Konzession, die die Republik Österreich an die Österreichischen Lotterien vergeben hat, erlaubt ihnen bis zu 5.000 VLTs aufzustellen. Bisher stehen in ganz Österreich knapp 700.
Haben die vorab mit der Stadt Wien geredet?
Die Lotterien behaupten: Ja. Auf Nachfrage des FALTER wollte der Pressesprecher der Lotterien jedoch nicht sagen, mit wem das Unternehmen Kontakt hatte (“Es ist nicht unsere Art, informelle Gespräche zu kommentieren”). Mit der zuständigen Stadträtin Ulli Sima haben sie jedenfalls nicht gesprochen, auch sonst hat sich noch kein Regierungsvertreter deklariert, mit den Lotterien in Kontakt gewesen zu sein.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem “kleinen Glücksspiel” und VLTs?
Kein nennenswerter. Als SpielerIn würde man den Unterschied kaum erkennen. Die auf VLTs und Glücksspielautomaten angebotenen Spiele sind oft ident, der Höchsteinsatz ist der gleiche. Das Suchtpotential ist dementsprechend gleich hoch. Unterschiede gibt’s nur bei der Art der Datenverarbeitung und der gesetzlichen Grundlage.
Das heißt, die Lotterien pflastern jetzt Wien mit Automaten zu, so wie früher die Novomatic?
Es ist zu befürchten, schließlich sind die VLTs gesetzlich erlaubte Gelddruckmaschinen für den Konzessionsinhaber. Rechnet man Steuern raus, bleiben den Lotterien pro Gerät ungefähr 54.000 Euro Gewinn pro Jahr. Bloß die “Einzelaufstellungen”, d.h. die kleinen Kabäuschen mit Automaten drinnen, darf es bei VLTs nicht geben.
Was kann man dagegen tun?
Wir haben drei Vorschläge:
1) Sich vehement beschweren. Zum Beispiel:
- Bei Finanzminister Hartwig Löger. Er hat die Aufstellung der Automaten bewilligt.
hartwig.loeger@bmf.gv.at - Beim Casinos Austria Vorstand, zum Beispiel bei Bettina Glatz-Kremsner. Sie ist neben ihrem Job als Finanzvorständin der Casinos stellvertretende ÖVP-Obfrau und hat in den Koalitionsverhandlungen für die ÖVP den Wirtschaftsteil verhandelt.
- Beim Nationalrat. Dort liegt die Kompetenz, das Glücksspielgesetz zu ändern. In Anbetracht der österreichischen Realverfassung ist es sinnvoll, sich zuerst an die zuständigen Parlamentarier der Regierungsparteien zu wenden. Das ist für die ÖVP vermutlich Karl-Heinz Kopf als Finanzsprecher. Bei der FPÖ ist nicht klar, wer gerade Finanzsprecher ist. Man könnte es bei Robert Lugar oder beim FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs versuchen. Für die SPÖ ist das Kai-Jan Krainer, für die Liste Pilz Bruno Rossmann, für die NEOS Sepp Schellhorn.
2) Eine Initiative gründen: AnrainerInnen (auch Eltern von Kindern, die in der Nähe in die Schule oder den Kindergarten gehen) können Bürgerinitiativen gründen. Dies werden erfahrungsgemäß von der Politik stärker beachtet als Einzelpersonen. Wer Interesse hat, aber mehr Infos zum Thema braucht, kann sich bei uns melden: sektionacht@gmail.com
3) Die eigene Geschichte erzählen: Du hast/Sie haben Erfahrung mit Automatenspielsucht oder kennst jemanden, der betroffen ist? Technische und juristische Details interessieren die Allgemeinheit weniger, als die Menschen, die dahinter stehen. Wer seine/ihre Geschichte erzählen möchte, kann uns gerne (auch anonym) kontaktieren: sektionacht@gmail.com
*Eva Maltschnig ist Vorsitzende der Sektion Acht
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