Linke Köpfe #9: Antonio Negri
von Roman Sturm*
We Are The 99% that will no longer tolerate the greed and corruption of the 1%.
occupywallstreet.org[1]
Die Zivilgesellschaft, die Flüchtlinge über die Grenze geleitet und diese mit Kleidung und dem Notwendigsten versorgt. Ärzte und Ärztinnen, die ohne Bezahlung Kliniken führen und Menschen behandeln, ohne dafür entlohnt zu werden. Gemeinschaftlich organisierte Obst- und Gemüse Bauern, die ganze Communities mit dem Notwendigsten versorgen jenseits der kapitalistischen Pfade. Mitmenschen, die demonstrieren und passiven Widerstand leisten um Wohnungsräumungen zu verhindern. Die operaistische Strategie “der Verweigerung” findet in unterschiedlichen gegenwärtigen Kämpfen und Ausformungen ihre Anwendung. Diese unterschiedlichsten Singularitäten sind bei Antionio Negri Teil der Multitude. “Sie bleiben verschieden, was Ethnie, Geschlecht, Sexualität und so weiter angeht. Es geht darum zu verstehen, welche kollektive Intelligenz aus der Kommunikation und Kooperation einer solchen bunten Vielfalt entstehen kann.”[2] Diese Vielheit kämpft unter anderem für das Recht auf Schutz vor Verfolgung und Krieg, das Recht auf Arbeit und eine angemessene, existenzsichernde Entlohnung und das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben. Diese Kämpfe schaffen somit Raum für ein gutes Leben der 99%. “Multitude ist daher nicht so sehr als Sein denn als Werden (und Gemacht-Werden) zu verstehen – oder vielmehr als ein Sein, das nicht fixiert oder statisch ist, sondern einem ständigen Schaffensprozess transformiert, bereichert konstituiert wird. Es ist allerdings ein besonderes Schaffen, denn es gibt keinen Schöpfer, der hinter dem Prozess steht.”[3]
Antionio Negri, ein ehemaliger Professor für Staatstheorie an der Universität in Padua, linker Theoretiker und Aktivist, entwickelte zusammen mit Michael Hardt während eines turbulenten Lebenabschnittes, der neben der theoretischen und praktischen Beteiligung an den sozialen Kämpfen der 1960 und 1970er Jahre in Italien, Gefängnisaufenthalten, der Wahl zum Parlamentsabgeordneten und einem Exil in Frankreich auch internationalen Ruhm zu bieten hatte, eine Theorie des (Post-) Operaismus. Geprägt durch die italenische Strömung des Operaismus und französischer Intellektueller wie Deleuze, Guatterie und Foucault, entwickelten Antonio Negri und Michael Hardt in ihrer weltbekannten Triologie – Empire, Multitude und Commonwealth – eine neo-marxistische Theorie des Gemeinsamen, oder wie Slavoj Žižek es ausdrückte: das „Kommunistische Manifest des 21.Jahrhunderts”.
Die Aufhebung des Eigentums wird von Negri und Hardt in ihrem letzten Buch der Triologie “Common Wealth” als Mittel der Überwindung der herrschenden Verhältnisse und damit als die Überwindung der postfordistischen Souveränität gesehen. Dies eröffnet den Horizont für einen zivilisatorischen Fortschritt und weißt über das Derzeitige hinaus. “Denn das Gelächter ist eine höchst ernsthafte Angelegenheit. Es ist nicht Trost unserer Schwäche, sondern Ausdruck der Freude, ein Zeichen unserer Macht. “Stellt euch nicht vor, man müsse traurig sein, um ein Kämpfer zu sein”, ruft uns Michael Fouclault in Erinnerung, “selbst wenn die Sache, die man bekämpft, verabscheuungswürdig ist. … Der Prozess, mit dem das Glück instituiert wird, wird unablässig von Gelächter begleitet sein.”[4]
* Roman Sturm engegaiert sich in der Arbeitsgruppe Ideologie und Geschichte der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund.
[1] 10.03.2016, http://occupywallst.org/
[2] Michael Hardth & Antonio Negrie, Multitude, S. 111
[3] Michael Hardth & Antonio Negrie, Multitude, S. 187
[4] Michael Hardth & Antonio Negrie, Common Wealth, S. 389
Linke Köpfe:
#1 Simone de Beauvoir
#2 Kofi Annan
#3 Joan Robinson
#4 Bertolt Brecht
#5 Louise Michel
#6 Julius Deutsch
#7 Hannah Arendt
#8 Jean-Paul Sartre
#9 Rosa Luxemburg
No comments yet.