The fight ahead

Clemens Kaupa

Für viele Menschen steht fest, dass der Kampf gegen BZÖ und FPÖ die entscheidende Aufgabe der nächsten Jahre sein wird. Dazu mehrere kommunikationsstrategische Überlegungen:

  • Man muss zwei Kommunikationsebenen unterscheiden. Erstens: das Thema der Integration. Die SPÖ-Strategie war bisher, zwar (z.B. in Wien) integrationspolitisch richtige Maßnahmen zu setzen, aber nicht darüber zu reden – und zwar aus dem Glauben heraus, dass man gegenüber den Rechten in der Integrationsdebatte sowieso kein Leiberl hätte. Die SPÖ muss ab nun FPÖBZÖ im Integrationsthema konfrontieren. Man mag unterschiedlicher Auffassung darüber sein, ob man FPÖBZÖ auf diesem Feld bloß eindämmen oder aber auch schlagen könnte (ich tendiere zu zweiterem). Klar ist jedoch, dass sogar eine Eindämmung nur dann funktioniert, wenn man mit einem Gegenkonzept auftritt und FPÖBZÖ nicht das Feld und damit die Deutungshoheit überlässt.

  • Zweite Kommunikationsebene: gehen wir davon aus, dass hinter dem Integrationsthema Ängste mit realem Hintergrund stehen. Und dass Leute, die unsicher sind, ob sie nicht auf der VerliererInnenseite der umverteilenden Globalisierung stehen keinen Nerv auf einen fairen Ausgleich mit MigrantInnen haben (©Profil). Diese Ängste sind insofern real, als es nachweislich seit Jahrzehnten Nettolohnkürzungen für die Bevölkerungsmehrheit gibt, während eine kleine Oberschicht vorzüglich abcasht. Hier rittern also zwei Thesen um die Deutungshoheit der Ängste: Sind MigrantInnen schuld oder ist eine ungerechte Globalisierung und eine reichenfreundliche Verteilungspolitik daran schuld? Auf dieser Kommunikationsebene ist zu konstatieren, dass die SPÖ zwar versucht, Schutz und Sicherheit im Sozialbereich auszustrahlen, aber eigentlich das Problem (Wer bedroht die soziale Sicherheit?) nicht zu bezeichnen wagt und Verantwortlichkeiten nicht benennt. Ich glaube, dass eine angriffige linke Positionierung in Fragen der wirtschaftlichen Organisation und der fairen Verteilung im Kampf gegen FPÖBZÖ entscheidend sein wird.

  • Schließlich noch eine Anmerkung zum Thema Wir-Gruppe. Wer ist die Wir-Gruppe von FPÖBZÖ? Es sind die „Inländer.“ Wer ist die Wir-Gruppe der SPÖ? „Arbeitende Bevölkerung“, oder vielleicht „Mittelstand.“ Wer ist jedoch die Wir-Gruppe von uns, den linken kritischen Geistern in der SPÖ? Für wen wollen wir Politik machen und gegen eine ungerechte Globalisierung kämpfen und für Fairness? Unsere Wir-Gruppe ist die „Unterschicht“, die „Schlechterverdienenden“, die „Masse der Bevölkerung“, „die Mehrzahl der arbeitenden Bevölkerung“, die „GlobalisierungsverliererInnen“, „bildungsferne Schichten“, etc. Man hört das Problem schon heraus: während „InländerInnen“ ein starker, positiv besetzter Begriff ist, verwenden wir schwammige, in Abgrenzung entstandene und häufig negativ besetzte Begriffe für unsere Wir-Gruppe. Aber wer findet sich darin schon wieder? Mit diesen Zuschreibungen will sich niemand identifizieren. Hinzu kommt das Problem, dass wir uns selbst meist nicht zu dieser Gruppe dazuzählen, da wir als mobile AkademikerInnen tendenziell nicht zu den GlobalisierungsverliererInnen gehören. Ich denke, dass die Begriffe des „Mittelstands“ oder der „arbeitenden Bevölkerung“ für uns gut verwendbar sind. Sie umfassen ArbeiterInnen ebenso wie Angestellte, Mini-VerdienerInnen genauso wie Gutsituierte und inkludiert MigrantInnen. Zum Mittelstand zählen zu guter letzt wir selbst. Sozialdemokratische Anliegen von einer gerechten Besteuerung bis hin zu einem umfassenden sozialen Schutz können als legitimes Interesse des „Mittelstands“ in Abgrenzung zu der kleinen Reichenschicht formuliert werden.

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3 Responses to The fight ahead

  1. Niki Kowall 16. Oktober 2008 at 18:52 #

    Ich würde den Begriff Mittelstand nicht gleich verwerfen. Das Zusammenschmelzen des Mittelstandes bedeutet ja eine Polarisierung der Einkommen und Vermögen. Ziel einer SP-Politik müsste es sein, dass nach unten hin so wenig wie irgendwie möglich und nach oben so viele wie gerade notwendig aus dem Mittelstand ausbrechen. Insofern hat der Begriff Mittelstand einen egalitäreren Spinn. Nicht nur das, richtig eingesetzt kann er sogar zu einer Solidarisierung von unteren und mittleren Einkommensschichten im Gegensatz zu Top-Verdiendern führen, etwa bei der Frage der Stiftungsbesteuerung.

  2. Julia Lemonia Raptis 16. Oktober 2008 at 17:28 #

    Gebe Dir vollkommen recht, wenn Du meinst, die SPÖ darf FPÖ/BZÖ (und im Übrigen auch der ÖVP) nicht die Deutungshoheit überlassen. Gleichzeitig sollten wir aber vielleicht etwas differenzierter mit dem Phänomen Integration umgehen: DIE EINE Integrationspolitik gibt’s nicht, genauso wenig, wie es DAS EINE Ausländerproblem gibt.

    Caspar Einem spricht immer von der Notwendigkeit von integrativen Politiken, die Menschen näher ans Zentrum der Gesellschaft holen sollen – für mich ein sehr guter Denkansatz. Es gibt ja keine Randgruppe AusländerInnen – die meiste Ausländerhetze wird ja mit Fokus auf sozial schwache und weniger gut ausgebildete AusländerInnen betrieben.
    Wir brauchen sicherlich gaaanz dringend integrative Politiken im Bereich Ausbildung, Arbeitsmarkt, Gesundheitssystem, auf Frauen fokussiert etc. usw. aber wir sollten dabei auch Menschen aus den communities die Chance geben, diese Politiken bei uns selbst mitbestimmen zu können.

  3. leonido 11. Oktober 2008 at 14:36 #

    ein paar Gedanken zu deinem dritten Punkt, der „Wir-Gruppe“: Ich bin mir nicht sicher, ob in der Kommunikation nach außen – und darum geht es dir ja scheinbar, denn für interne Diskussionen macht es sehr wohl Sinn die wie auch immer näher bestimmten „Schwächeren“ in der Gesellschaft auch zu benennen – der Begriff des „Mittelstands“ so hilfreich ist: den reklamieren nämlich sämtliche politischen Gruppierungen für sich. Hinzu kommt, dass sich viele Leute, die den Spitzensteuersatz zahlen, selbst auch zur Mittelschicht bzw. zum Mittelstand zählen.
    Auch mit der „arbeitenden Bevölkerung“ bin ich nur bedingt glücklich, denn auch um diese (vor allem die „schwer arbeitende, fleißige Bevölkerrung“) balgen sich jetzt schon sämtliche Parteien.

    Mir ist das alles zu schwammig, verbunden mit der (großen) Gefahr, dass bei der Rhetorik vom Mittelstand dann letztlich die Schwächsten erst wieder (viel) zuwenig berücksichtigt werden. Wäre es nicht besser, in konkreten Prozentzahlen zu argumentieren? Also Politik für 90 Prozent der Bevölkerung sowie Solidarität der 10 Prozent auf der Sonnenseite einzufordern? Das ist beispielsweise auch die Strategie Obamas: er verspricht Steuersenkungen bzw. sogar Steuergutschriften für 95 Prozent, während er Steuererhöhungen für alle, die mehr als 250.000 Dollar im Jahr verdienen ankündigt…

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