Die wichtigste Aufgabe für den neuen SPÖ Chef: Frauen in innerparteiliche Spitzenpositionen bringen. Eine einzige wäre schon ein Fortschritt…
von Sylvia Kuba*
Aktuell gibt es in keiner einzigen Landesorganisation eine weibliche Vorsitzende oder Geschäftsführerin. Nach allem was man bisher weiß, wird das auch im Bund nicht anders. Die SPÖ ist zum heutigen Zeitpunkt in ihren innerparteilichen Spitzenpositionen zu 100% männlich. Die Tatsache allein ist so absurd, dass man den Mund vor Staunen kaum zu bekommt. Und das, obwohl sämtliche Wahlergebnisse der letzten Jahre sehr deutlich zeigen, dass der einzige Grund, warum die SPÖ bei Wahlen noch mithalten kann die Wählerinnenstimmen der Frauen sind. So haben etwa laut SORA bei den letzten Nationalratswahlen 29% der Frauen, aber nur 22% der Männer SPÖ gewählt. Noch drastischer war der Unterschied bei den Jungen: Nur 16% der jungen Männer, aber 24% der jungen Frauen gaben der Sozialdemokratie ihre Stimme. Und dann schafft es diese Partei nicht eine einzige Frau irgendwo zur Vorsitzenden oder Geschäftsführerin zu wählen. Ist das ernsthaft der Weg, mit dem die SPÖ den Wählerinnen zeigen will, dass Frauenpolitik wichtig ist?
Inhalt
Symptome eines skandalösen Missstandes
Besonders deutlich wurde das Missverhältnis kürzlich, als Namen für eine potentielle Faymann-Nachfolge gesucht wurden. Unter den medial laut – und innerparteilich leise – gehandelten Kandidaten war keine Frau. Interessant waren in diesem Zusammenhang auch Berichte über diverse konspirative Treffen, etwa im Kurier vom 10. Mai, bei dem sich die Landeshauptleute angeblich auf den Nachfolger einigten. Auch hier war von keiner Frau zu lesen.
Der neue SPÖ Chef wird viele Aufgaben zu bewältigen haben, damit die SPÖ zu ihrer alten Schlagkraft zurückkehren kann und wieder für breitere Wählerschichten attraktiv wird. Eine der dringendsten ist es, die Parteistrukturen zu demokratisieren. Und ein essentieller Teil einer Demokratisierung ist es, Frauen wieder in strukturelle Machtpositionen zu bringen. Hier müssen wir anfangen!
Sehen wir es pragmatisch
Um dem gern gebrachten Argument der Macht des Faktischen vorzubeugen, dass Frauen auch unter den Mitgliedern der SPÖ unterrepräsentiert sind. Erstens: Angesichts dessen, dass man sie politische offenbar immer noch nicht ganz für voll nimmt, wundert euch das? Und zweitens sind eben rund ein Drittel der Mitglieder Frauen. Wir könnten selbst dann noch vortrefflich streiten, ob das nur ein Drittel Frauen in Führungspositionen rechtfertigen würde. Aber lassen wir das mal bei Seite. Nach formal statistischen Gesichtspunkten müssten mindestens ein Drittel der innerparteilichen Führungspositionen mit Frauen besetzt sein. Ganz pragmatisch würde ich dazu sagen: Dann erledigen wir doch einmal das. Denn um zumindest einen für die Mitglieder (noch immer Meilen entfernt von einem gesellschaftlichen) repräsentativen Frauenanteil zu erreichen, haben wir ohnehin auf allen Ebenen kräftig zu tun.
Denn in der Realität sind es statt 33% faszinierende 0%. Das lässt darauf schließen, dass es in der SPÖ eine implizite Männerquote gibt, die derzeit bei sage und schreibe 100% liegt. Liebe Herren Genossen, wenn ihr ehrlich zu euch seid, könnt ihr das doch auch nicht ernsthaft vor euch selber rechtfertigen, oder? Das muss euch doch auch peinlich sein. Außer natürlich ihr seid heimlich der Meinung, dass in Wahrheit Männer doch besser für Politik geeignet wären als Frauen. Das bitte, müsstet ihr dann aber auch jenen Wählerinnen gegenüber offenlegen, die nach wie vor der Meinung sind, dass die SPÖ die Interessen der Frauen vertritt.
SPÖ Frauen: Wollt ihr euch das länger gefallen lassen?
Und vor allem: Ihr zutiefst geschätzten SPÖ Frauen: Wollt ihr euch das wirklich länger gefallen lassen? Ihr wisst doch, dass ihr genauso engagiert, klug und politisch erfahren seid, wie eure Genossen. Welche Erklärungen sind es, die euch überzeugen, diesen offensichtlichen Missstand zu akzeptieren? Keine? Nach dann: Nutzt eure Zahl, eure Solidarität und eure politische Kraft und erklärt es zu eurem obersten Anliegen des kommenden Jahres, dass Frauen in der Partei wieder strukturelle Macht bekommen. Denn, soviel lehrt uns die Geschichte, aus Freundlichkeit geben Männer Macht nur in größten Ausnahmefällen ab. Das, wie es so schön an prominenter Stelle heißt, „können wir nur selber tun“. Dafür müssen wir streiten.
Wo stehst du, Genosse?
Damit ich hier nicht missinterpretiert werde: Ich möchte keinesfalls die Arbeit jener sturen und taffen FeministInnen klein reden, die seit Jahren in ihrer frauenpolitischen Arbeit darum kämpfen, dass Frauen eine lautere Stimme in der Partei bekommen. Vor ihnen ziehe ich meinen Hut. Nur: Sie werden viel zu oft allein gelassen. Viel zu oft wird die Parteiräson als Grund genannt, um zu diesem und jenem Zeitpunkt nicht aufzubegehren. Ich finde, es reicht! Der nun von vielen Seiten beschriebene innerparteiliche Reformbedarf ist nur erfolgreich, wenn dabei die 0% Frauenquote gebrochen wird. Das wird nicht leicht. Es wird einen ernsthaften und substantiellen frauenpolitischen Aufstand in der SPÖ brauchen, um das durchzusetzen. Und jeder Genosse, der nicht als 50erJahre Macho dastehen will, sollte wissen, auf welcher Seite er in dieser Auseinandersetzung steht.
*Sylvia Kuba ist Sektion 8 Mitglied und gemeinsam mit Barbara Blaha Autorin von „Das Ende der Krawattenpflicht. Wie Politikerinnen in der Öffentlichkeit bestehen„
Die SPÖ war schon mal weiter. Als ich Landesgeschäftsführerin in der Steiermark war, gab es zumindest in NÖ auch eine Kollegin. Vorarlberg, NÖ und Salzburg hatten weibliche Landesparteivorsitzende. Und Doris war Bundesgeschäftsführerin. In Summe war das zwar auch kein berauschend-ausgewogenes Geschlechterverhältnis, aber es war zumindest ein Anfang. Stellt sich die Frage, wie es kommen konnte, dass es wieder solche Rückschritte gegeben hat.
Meine Erfahrung: Alles, was ich in der SPÖ damals geworden bin (zuerst Grazer Geschäftsführerin, dann LGF, dann Stadträtin), konnte ich nur werden, weil die Frauenorganisation sich ihrer Macht bewusst war und diese auch eingesetzt hat. Denn die jeweiligen männlichen Parteivorsitzenden sind letztlich eingeknickt, da sie den „Wickel“ mit den Frauen fürchten.
Aber, wenn sich die Frauen alles gefallen lassen …