Links der Woche – KW 33

In den Feuilletons der deutschen Zeitungen ist die politische Debatte wieder auferstanden –  bis das in Österreich passiert, muss man die Süddeutsche lesen. Oder fm4.at und den Mosaik-blog, wo unter anderem über den Erfolg von Jeremy Corbyn und die Reaktionen von Labour, über bekannte Fluchtbiografien und über Beispiele angewandter Schiedsgerichtsbarkeit in Österreich, Rumänien und Kanada geschrieben wurde.

Außerdem noch:  der oft vorgebrachte Vorschlag einer Insolvenzordnung für Euro-Mitglieder, erklärt vom Ökonomen Fabian Lindner, ein Interview mit Alexis Tsipras, ein anderes mit einem Migrationsforscher und eine Detail-Analyse des Atomdeals mit dem Iran.

Inhalt

Paradigmenwechsel

In den Feuilletons wird derzeit wieder vermehrt über Politik geschrieben! Sebastian Schoepp analysiert in der Süddeutschen Zeitung, dass er sich stets als liberal denkenden Menschen verstanden hat. Seit er aber in der Griechenlandfrage vom liberalen Kurs abkommt, fragt er sich: ‚Hilfe, bin ich links?‘

Auch in diesem Artikel von Frank Schirrmacher in der FAZ aus 2011 werden linke und rechte Annahmen jenseits von Parteipolitik grundsätzlich aufgemacht – er erschien in Reaktion auf die Aussage des Biografen von Margaret Thatcher: „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“.

Was passieren kann, wenn das parteiinterne Wahlrecht reformiert wird, zeigt das unerwartete Wiedererstarken Corbyns in den Rängen der britischen Labourpartei: seit dem Vorjahr darf die Parteibasis ihren Vorsitz durch Direktwahl bestimmen – im Übrigen eine der Kernforderungen der Sektion 8 an die Parteiführung der SPÖ – und man höre und staune ob der Entwicklungen seitdem. Am Mosaik-Blog dazu: „Es scheint, dass es kein wirksameres Mittel gibt, um neues Leben, unverbrauchte Ideen und frische Energie in eine zuletzt oft moribund wirkende Partei zu injizieren, als die radikale Demokratisierung der Strukturen der Entscheidungsfindung, in welcher die Basis die entscheidende Rolle spielt.“ Auch im Freitag gibt’s einen lesenswerten Artikel über den Anti-Blair.

Mit dem Phänomen des Erfolgs von Persönlichkeiten wie Jeremy Corbyn beschäftigt sich diese Woche auch Robert Misik.

Seit der Finanzkrise rebellieren Wirtschaftsstudenten gegen die herrschende Lehre in ihrem Fach. Allmählich finden sie auch Gehör bei den Professoren. Der Spiegel berichtet über den Kampf um Pluralismus an den Universitäten.

Seit der Finanzkrise rebellieren Wirtschaftsstudenten gegen die herrschende Lehre in ihrem Fach. Allmählich finden sie auch Gehör bei den Professoren. Der Spiegel berichtet über den Kampf um Pluralismus an den Universitäten.

Ökonomie

Alexis Tsipras reagiert in einem Interview im Jacobinmag auf seine KritikerInnen und erklärt, wieso er dem letzten Deal mit den europäischen Institutionen zugestimmt hat.

Der Blog Verteilungsfrage.org hat kürzlich ein kostenloses E-Book mit ausgewählten Beiträgen zum titelgebenden Thema veröffentlicht.

Fabian Lindner, IMK-Ökonom und Herdentrieb-Blogger erklärt, warum er eine Insolvenzordnung für Euro-Staaten für keine gute Idee hält. Der Text ist auch jenseits dieser Sachfrage sehr hilfreich, weil er den Zusammenhang von Banken, Staatsschulden und EZB verständlich erklärt.

Über die Arbeitsbedingungen bei Amazon in Deutschland ist bereits einiges geschrieben worden, nachdem die Gewerkschaft Verdi den Konflikt zwischen Konzernführung und MitarbeiterInnen an die Öffentlichkeit getragen hatte. Die New York Times hat nun den wohl ausführlichsten Bericht inklusive vieler Stimmen von MitarbeiterInnen geschrieben, den man hier nachlesen kann.

Schiedsgerichtsbarkeit

Am Blog von Lobbycontrol wird noch einmal an Hand des Beispiels der Meinl Bank dokumentiert, warum Schiedsgerichtsbarkeit für Unternehmen wie bei TTIP gefährlich sind.

Auch Erich Möchel macht an Beispielen in Österreich, Kanada und Rumänien deutlich, welche (teuren) Blüten Schiedsverfahren zwischen Unternehmen und Staaten treiben. In Spanien etwa klagen Spanische Energiekonzerne im Rahmen von Freihandelsabkommen den eigenen Staat – durch Kürzungen von Subventionen wurden Photovoltaikanlagen weniger lukrativ, und weil diese ausländischen Tochterunternehmen gehören, kann nun der Staat Spanien auf entgangene Gewinne geklagt werden. Auf FM4.at.

Flucht

Johanna Jaufer schreibt auf Fm4 über den Blog gefluechtet.de „Fluchterfahrungen können den Alltag auf sehr unterschiedliche Weise auf den Kopf stellen. So liest man auf gefluechtet.de von Kurt Saar-Schnitts Oma, die als junge Frau aus Pommern fliehen musste, aber auch über den italienischen Autor Roberto Saviano, der sich nach Enthüllungen über die Camorra in der eigenen Heimat verstecken muss, ohne dass dort Krieg herrscht. Der aktuellste Blogeintrag handelt von der in Wien geborenen Gerda Lerner. Bei der Jobsuche im amerikanischen Exil half ihr ein Freund. Sein Rat: „Sag nie, dass du ein Flüchtling bist. Frag nichts, erzähl nichts freiwillig.“ Ein Satz, wie er auch 2015 fallen könnte.“

„Schon das Wort „Flüchtlingswelle“ ist Unsinn. Es ist keine Welle und es wird auch nicht „abebben“. Migration ist Normalität in einer globalisierten Welt, in der der Unterschied zwischen arm und reich eklatant ist.“  Ein Migrationsforscher im Interview im Stern empfiehlt, die Grenzen aufzumachen.

Krieg und Frieden

J Street hat eine eindrucksvolle Seite erstellt in der der Iran-Atom-Deal bis ins Detail analysiert wird.

Peter Geoghegan schreibt über den seit Monaten anhaltenden politischen Stillstand in den Verhandlungen über die Welfare Reform in Nord Irland’s Assembly, über die sozialen und politischen Verhältnisse 17 Jahre nach dem Friedensabkommen und über die Folgen der ständigen Koalition der einstigen Gegner.

Medien

Eine nicht mehr ganz neue, aber hervorragende Replik hat Stefan Niggemeier auf seinem Blog geschrieben, als vor dem Referendum in Griechenland die Zeitung ‚Die Welt‘ den Artikel mit der in der Griechenland-Causa wohl höchsten Wortanzahl gemessen an den tatsächlich zur Verfügung stehenden Informationen – ein umkämpftes Terrain – über die Frau von Alexis Tsipras veröffentlichte. Der Titel fragte forsch ‚Wie sehr wird Tsipras von dieser Frau beeinflußt?‘, mußte sich aber aus Mangel an Informationen mit Platitütden abgeben, die ihr allesamt zum Nachteil ausgelegt wurden. Erschienen ist diese Perle im Wirtschaftsteil des Blattes, verfasst von einem Germanistik, Romanistik und Geschichte studiert habenden ‚Wirtschaftsredakteur‘.

 

 

 

 

One Response to Links der Woche – KW 33

  1. punto 23. August 2015 at 18:54 #

    Migration ist Normalität in einer globalisierten Welt, in der der Unterschied zwischen arm und reich eklatant ist.

    Das sehe ich nicht so. Das würde bedeuten, dass sich jeder wo es ihm passt einnisten darf.

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