Jahreskonferenz der Sektion 8 2012

Bei der Jahreskonferenz der Sektion 8 am Samstag wurde eine mehrheitliche Ablehnung der Wehrpflicht offenkundig. Einen Beschluss, bei der Volksbefragung zum Bundesheer für das Profiheer-Modell zu stimmen, gab es allerdings nicht. Ein Bericht für alle Mitglieder und SympathisantInnen, die nicht vor Ort dabei waren.

Nikolaus Kowall*

 

Am Samstag fand die Jahreskonferenz der Sektion 8 der SPÖ Alsergrund in den Räumlichkeiten unserer SPÖ Bezirksorganisation in der Marktgasse statt. Es haben 34 Personen – davon 28 Mitglieder der Sektion 8 – teilgenommen. Das klingt in Anbetracht unserer 250 Mitglieder nicht berauschend viel, ist für uns aber Rekord, wir hatten in den Jahren zuvor noch nie mehr als 30 Leute motivieren können, einen Samstag Nachmittag kurz vor Weihnachten von 14:00 bis 19:30 mit Diskussionen zu Statuten und Anträgen zu verbringen. Rund 30 bis 40 Personen entspricht auch ca. dem Kreis jener Leute, die mehr oder weniger regelmäßig in der Sektion 8 aktiv sind. Nächstes Jahr werden wir uns überlegen wie wir es anstellen können, dass die Konferenz von einer Aktivist/innen-Vollversammlung mehr zu einer Mitglieder-Vollversammlung werden kann.

Zuerst haben wir unser Sektionsregulativ modifiziert. Dabei handelt es sich um ein von uns selbst zusammengestelltes Regelwerk, das sich einigermaßen im Rahmen der Statuten der SPÖ Wien bewegt. Statutendiskussionen klingen trocken, wir versuchen damit jedoch auch ein Stück Organisationskultur zum Ausdruck zu bringen. Beispielsweise haben wir nach längerer Diskussion mehrheitlich beschlossen, dass Nicht-Mitglieder sowohl bei Abstimmungen mitstimmen, als auch für die meisten Funktionen im Sektionsausschuss kandidieren dürfen. Das ermöglicht auch Menschen bei der Sektion 8 aktiv mitzuwirken, die gar nicht, oder anderswo SPÖ-Mitglied sind.

Im Anschluss kam es zur Hauptdebatte, nämlich jener zur Wehrpflicht. Die expliziten GegnerInnen eines Profiheers in der Sektion 8, die als Einzelpersonen auch öffentlich auf einem Blog gegen das Profiheer mitwirken,  betrachten die Wehrpflicht als das kleinere Übel und haben einen entsprechenden Antrag Pro-Wehrpflicht eingebracht. Einen Antrag Pro-Profiheer hatte niemand gestellt womit klar war, wir würden uns heute pro oder contra Wehrpflicht, aber nicht pro oder contra Profiheer entscheiden. In der weit über eine Stunde dauernden Diskussion wurden die Argumente abgewogen. Die Befürworter/innen der Wehrpflicht argumentierten mit bedenklichen Rekrutierungsstrategien für das Berufsheer, mit einer leichteren Verwendung für internationale Einsätze, wobei das Parlament bei solchen Entscheidungen de facto ohnedies bedeutungslos sei, mit den höheren Kosten, mit dem Umstand, dass jedes Heer einen großen Tross benötige der nicht unter Waffen steht – unabhängig von der Organisationsform, mit dem Argument, dass die Neutralität mit Berufsheer leichter liquidierbar wäre, mit dem Argument der sozialen Durchmischung der Truppen und mit dem Argument, dass die Wehrpflicht garantiere, dass die Waffennarren nicht unter sich blieben . Die Gegner/innen der Wehrpflicht argumentierten damit, dass es immer noch besser sei ein paar wenige gingen zum Heer, als jeder männliche Jahrgang würde durch die autoritäre Militarisierungsmaschine des Bundesheers geschleust. Weiter argumentierten die Gegner/innen mit der Sinnlosigkeit der Tätigkeiten der jungen Menschen, mit dem Zwang der nicht zu rechtfertigen sei und mit der Tatsache, dass jetzt schon 12.500 Soldat/innen Berufssoldat/innen seien, im Darabos-Modell wären es nur noch 8.500. Als wesentliches Argument für ein Profiheer wurde außerdem eine bessere Bezahlung sozialer Tätigkeiten im Rahmen des Hundstorfer-Modells für einen freiwilligen Sozialdienst ins Treffen geführt, sowie die Gefahr, dass bei einem Ja zur Wehrpflicht einfach alles beim (unzufriedenstellenden) Status quo bliebe. Einige GegnerInnen der Wehrpflicht argumentierten, dass aus der Befürwortung eines Heeres die Notwendigkeit zur professionellen Strukturierung einhergehe. Es müsse auch in diesem Bereich zu einer Verwaltungsreform kommen, und das sei mit einem Umbau zum Berufsheer am besten zu leisten, damit das verhältnismäßige größte Offizierskorps Europas (ausgelegt auf 320.000 Mann Generalmobilmachung) deutlich reduziert wird.

Zuletzt wurde diskutiert, ob es von Seiten der SPÖ-Führung nicht falsch sei, in der Wirtschaftskrise etliche Ressourcen in die Mobilisierung zum Thema Wehrpflicht zu stecken, anstatt sich mit der gleichen Energie für die Erbschaftssteuer oder ein europäisches Konjunkturpaket einzusetzen. Das Militär sei für Sozialdemokrat/innen ein Randthema, das auch nicht mit entsprechend mehr Aufmerksamkeit bedacht werden sollte und daher habe die Sektion 8 dem Thema auch nicht mehr Aufmerksamkeit gewidmet, als zwei Blog-Einträge. Anderer hielten dagegen, dass die Diskussion wenigstens eine sei, in der nicht nur Wirtschaftsexpert/innen zu Wort kommen können, sondern die ganze Bevölkerung mitdiskutieren kann sowie dass die Welt nicht nur um Wirtschafts- und Verteilungsfragen kreise und die Wehrpflicht nun einmal auch ein wichtiges innenpolitische Thema sei. Obwohl das Thema sehr kontroversiell diskutiert wurde, verlief die Debatte respektvoll und spannend. Es wurde die Breite der verschiedenen Positionen zur Wehrpflicht sichtbar.

Den Pro-Wehrpflichtantrag unterstützten letztlich fünf Personen, 16 stimmten dagegen und acht enthielten sich der Stimme. Der Antrag wurde somit abgelehnt, ein Pro-Profiheer Antrag wurde nicht gestellt, die deutliche Mehrheit gegen die Wehrpflicht kann somit nicht als Mehrheit für das von Verteidigungsminister Darabos vorgeschlagene Profiheer-Modell interpretiert werden. Auch ein kurzer Antrag für ein Gemeinschaftsgestaltungsjahr statt der Wehrpflicht wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Im Jänner organisiert die Sektion 8 in der Woche vor der Abstimmung gemeinsam mit dem BSA noch eine hochkarätig besetzte Veranstaltung zum Thema, um eine Meinungsbildung für unsere Sympathisant/innen zu erleichtern.

Die fünf weiteren Anträge auf der Jahreskonferenz waren relativ unkontroversiell und wurden einstimmig oder mit großer Mehrheit angenommen. Ein Antrag zielte darauf ab, im Falle einer Wahlrechtsreform repräsentative Verhältnismäßigkeit und Personalisierung unter einen Hut zu bringen. Mit entsprechenden Modellen in anderen Staaten hat sich die Sektion 8 im letzten Jahr mehrmals beschäftigt. Ein weiterer Antrag verwehrte sich gegen eine 5-Prozent-Sperrklausel für den Einzug in die Bezirksvertretungen, dieser Text soll auch der SPÖ Alsergrund und in Folge der SPÖ Wien vorgelegt werden. Der letzte Antrag aus dem Themenbereich Demokratie sprach sich dafür aus, der relativen Mehrheitspartei nicht mehr automatisch das Amt der Bezirksvorstehung zuzuteilen. Analog zum Berliner Modell sollten alle Fraktionen die Möglichkeit haben, mit Anderen eine Zählgemeinschaft zu gründen und dementsprechend selbst Kandidat/innen ins Rennen zu schicken. Der temporäre Bestand der Zählgemeinschaft soll zum Ausdruck bringen, dass es dabei um ein Wahlbündnis und nicht um eine Koalition geht. Das freie Spiel der Kräfte sollte in den Bezirken weiterhin der vorherrschende Usus sein. Ein weiterer Antrag forderte ein Verwaltungstransparenzgesetz nach Hamburger Vorbild. Bund, Ländern und Gemeinden sollen unaufgefordert alle Dokumente und alle Daten der Verwaltung in einem offenen, maschinenlesbaren Format im Internet in einem Informationsregister verfügbar machen. Zuletzt gab es noch einen Antrag zur offenen Lizenzierung von Bildungsinhalten („Open Educational Resources“, OER). Unterrichtsmaterialien, insbesondere Schulbücher, sollen neben ihrer herkömmlichen Form auch in offen lizenzierter, digitaler Form bereitgestellt werden.

Nach der Antragsdiskussion wurden in einer geheimen Wahl die Kandidat/innen für den Sektionsausschuss gewählt. Alle Kandidat/innen erreichten 100% der Stimmen. Falls es Verwunderung über die ganzen Amtln gibt: Die unten angeführten Funktionen verlangt das Statut der SPÖ Wien von uns.

  • Vorsitzender: Niki Kowall
  • Stellvertretende Vorsitzende: Miriam Leitner, Eva Maltschnig, Rafael Wildauer
  • Kassier: Peter Friesenbichler
  • stellvertretende Kassierin: Sissela Matzner
  • Frauensprecherin: Barbara Hofmann
  • Stellvertretende Frauensprecherin: Eva Persy
  • Schriftführer: Peter Reitmayr
  • Bildungsreferentin: Mehrdokht Tesar
  • stellvertretende Bildungsreferentin: Andrea Schmidt
  • Katasterführerin: Marlene Reisinger
  • Kontrollmitglied: Herta Nowotny, Maria Matschnig, Gabi Matzner
  • Schiedsgericht des Bezirks: Peter Friesenbichler
  • Wahlkomitee des Bezirks: Oliver Zwickelsdorfer
  • Prüfungsausschuss des Bezirks: Tano Bojankin
  • Delegierte für die Bezirkskonferenz: Andrea Schmidt, Joe Thoman, Eugen Pfister, Rafael Wildauer

*Wie bei allen Artikeln am Blog der Sektion 8 handelt es sich um die persönliche Meinung der Autorin. Offizielle Standpunkte der Sektion finden Sie auf unserer Homepage.

10 Responses to Jahreskonferenz der Sektion 8 2012

  1. Nicholas Allen 10. Januar 2013 at 23:50 #

    Ich empfehle den Artikel von Wolfgang Koch, Seite 6 im neuen Falter 1-2/13:

    „Dieser Konservatismus der Kleingeister ist typisch und verhängnisvoll für Österreich…

    …entspricht der Sehnsucht nach einer besser integrierten Gesellschaft. Aber der Zusammenhalt aller, der wächst in Familie, Schule und am Arbeitsplatz, und sonst nirgends.

    ….ÖVP und FPÖ bringen allein keine Mehrheit zustande. Die Volksbefragung wird erst von einer denkfaulen und kompromissunfähigen Linken zugunsten der Stahlhelmfraktion entschieden… es sind diese, die dem schwarz-blauen Schulterschluss mit bestem Willen…zum ersten Triumph im Wahljahr 2023 verhelfen.“

    Auch polemisch, aber in der Sache hat Herr Koch recht. Ja, die SPÖ hat eine Kehrtwendung gemacht, gefolgt – genau so – von der ÖVP. Die einen endlich nach vorne, die anderen wieder zurück nach hinten.

  2. Nicholas Allen 4. Januar 2013 at 10:01 #

    PS. Ein bisschen polemisch, billig von mir, das gebe ich zu! Natürlich gibt es einige tolle Soldaten, Generäle auch, die Österreich großartig vertreten, in gefährlichen Situationen. Die allerdings haben wenig mit dem Wehrdienst zu tun!

  3. Nicholas Allen 4. Januar 2013 at 09:42 #

    An Heinrich Elsigan,
    „Ruhig“, gibt es bei mir in diesem Zusammenhang weder im Text noch gedanklich. Ich hoffe, ich mache klar, kein Heer wäre mir am Liebsten, wenn Sparen zugunsten der Armen und bedürftigen die Rede ist. Meiner Meinung nach wird die Umstellung was kosten, langfristig dürfte aber Darabos recht haben: eine kleine Profi-Truppe wird insgesamt (inklusive Umwegrentabilität) danach vermutlich der Volkswirtschaft weniger kosten. Wenigstens ergibt sich dann daraus, anders als heute, eine kleine aber brauchbare Truppe.
    Warum warten bis 2020? Wird’s dann besser? Da kann ich nur den christlich-sozialen Bürgermeister aus dem wunderbaren TV Film, „Die Siebtelbauer“ zitieren: „Der Herrgott will, dass alles so bleibt wie es ist.“ Ist das nicht die Quintessenz Österreichs? Es wird eh so ausgehen, aber darf man nicht „!ein Bisserl kämpfen?“
    Ich bin gegen den Zwang, gegen die Lächerlichkeit des Ist-Zustandes mit den stolzierenden Generälen, in ihren Kasinos, wo sie von Rekruten bedient werden.

    Ich möchte jeden Bedürftigen versorgt erleben. Als jemand der verdammt hart und gerne gearbeitet hat, 40 Jahre lang, mit insgesamt 3 Tagen Krankenstand während dieser Zeit, tue ich mich allerdings schwer, wenn Menschen aus dem „geschützten“ Sektor in Scharen in den „wohlverdienten“ Ruhestand versetzt werden. Ein ÖBB-ler, der wirklich im Verschub draußen gearbeitet hat, der hat die Pension mit 50 verdient, aber die vielen Mitläufer? Auch dort verschwindet das Geld, wenn nicht in die Spekulation.
    Rot sein heißt (für mich) hart arbeiten, immer mit dem Gemeinwohl im Auge. Ich zitiere Jeremy Bentham:
    „The greatest possible good for the greatest number of people.“
    Ich weiß, ich bin ein Träumer.
    Der schwache Auftritt gestern Abend von Reinhold Lopatka (mit einem wirklich guten Darabos) in der ZiB 2 zeigte auf: der einzige Grund, den Lopatka für die Erhaltung des Bundesheeres nennen konnte war der Katastrophenschutz. Was hat das mit einem Heer zu tun? Das ginge auch anders.
    Aber danke fürs ernst nehmen, jede Auseinandersetzung, jede kritische Analyse ist wertvoll und wichtig in einer Sache, die sonst nur in oberflächlichem Bauchgefühl stecken geblieben ist.

  4. Heinrich Elsigan 2. Januar 2013 at 01:54 #

    @Nicholas Allen
    Ich stimme dir in diesem Punken zu:
    „Gut möglich, wir sind hier in Österreich noch nicht so weit, dann ist es aber Zeit, jede selbstverschuldete und auch nicht selbstverschuldete Unmündigkeit endlich abzulegen! Behandeln wir unsere Bürger endlich als Mündige, so werden sie es (geht aber gegen der katholisch-josefinischen Grundeinstellung zu den Untertanen, zum Individuum) – das ist meine Beobachtung auch bei meiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.“

    Ich halte dennoch den aktuellen Zeitpunkt für den denkbar ungünstigsten aufgrund der Euro-Krise mit 40-50% Jugendarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland und Beginn eines wirtschaftlichen Konjunkturtiefs.
    2020, wenn sich die Situation wieder etwas normalisiert hat, hätte ich nichts dagegen!

  5. Heinrich Elsigan 2. Januar 2013 at 00:52 #

    @Nicholas Allen gegen das Argument „kann ruhig was kosten“ halte ich die ausufernden Staatsschulden und das komplette Streichen der Invaliditätspension entgegegen. Sicher muss das Pensionssystem reformiert werden, da es immer mehr zur finanziell tickenden Zeitbombe wird und es muss die Wiedereingliederung von leicht Invaliden ins Arbeitsleben versucht werden, was in Zeiten höherer Arbeitlosigkeit aber bereits genug Herausforderung darstellen dürfte. Dennoch halte ich es bei Schwerinvalide für nahezu unmenschlich sie mit Zwang auf Biegen und Brechen, ob sie wollen oder können oder nicht ins Arbeitsleben zu reintegrieren. Da es aber scheinbar budgetär keine andere Lösung in diesem Bereich gibt, finde ich die Aussage hier „kann ruhig teuer sein“ doch etwas unverfroren!

  6. Flowerpower 31. Dezember 2012 at 00:34 #

    An Nick:

    Ich bin noch jung. Ich bin kein Angehöriger der 1968er Generation. Ehrlich gesagt, wäre ich aber lieber damals jung gewesen als heute.

    Ich liebe die 1968-er-Bewegung insgesamt (manche Teile der 68-er Bewegung natürlich nicht).

  7. Nicholas Allen 29. Dezember 2012 at 18:35 #

    Flowerpower Forever!

    Bin neugierig: Österreich gegen Liechtenstein? – das ist brutal!

    Trotzdem, schön, wenn jemand grundsätzlich gegen Heere sein kann. Ich bin halt mit der Zeit Realist geworden.

    Sind wir wirklich neutral? Was ist Neutralität? Waren wir das je? Fraglich!

    Verkaterte Wehrdiener verteidigen das neutrale Österreich mitten in der Nacht gegen russischen Angriff! Dieses Szenario war 1956 (Budapest) 1968 (Prag) unrealistisch, ist es umso mehr 2013!

    Krieg wird, zumindest in Europa, heutzutage anders geführt, an anderen Schauplätzen – an den Börsen, z.B.

    Die Todesstrafe lässt sich gegebenenfalls jederzeit wieder einführen – Ungarn ist nicht mehr weit entfernt!

    Ach Flowerpower war schön. Ist das hinterlassene Erbe davon – meiner Generation – auch schön? Schön wär’s!

    Trotzdem – großartig!

    Nick

  8. Flowerpower 25. Dezember 2012 at 16:32 #

    Ich bin für die Abschaffung des Bundesheeres.

    Gegen die Wehrpflicht bin ich, weil es nicht sein kann, dass Männer, die den Präsenzdienst abgeleistet haben (die wenigsten machen sich wohl vor der Entscheidung Zivildienst-Präsenzdienst große philosophische Gedanken!) im Kriegsfall zum Kriegsdienst gezwungen werden!

    Gegen ein Berufsheer bin ich deshalb, weil ich befürchte, dass man sich mit diesem leichter einen Krieg beginnen traut. Mit Wehrpflichtigen traut man sich höchstens einen Krieg beginnen, wenn Österreich angegriffen wird. Ich habe keine Lust, dass Österreich kriegswütig wird (so wie die USA vor Obama) und Österreich dann den Terror im Land hat.
    Ich will, dass Österreich ein neutrales Land bleibt. Die Neutralität Österreichs soll gestärkt werden!

    Ich werde mich erkundigen: Wenn ich erfahre, dass denjenigen, die den Präsenzdienst abgeleistet habe und im Kriegsfalle den Kriegsdienst verweigern, keine grausamen Strafen (schon gar nicht die Todesstrafe!)drohen, dann werde ich für die Wehrpflicht stimmen! (Die Todesstrafe ist aber, soweit ich weiß, in Östereich in allen Fällen abgeschafft.) Die Wehrpflicht ist für mich dann weitaus das geringere Übel als ein Berufsheer!

  9. Nicholas Allen 20. Dezember 2012 at 08:51 #

    Leider musste ich früher weg, verpasste daher die Diskussion über die Wehrpflicht.

    Trotz meines großen Respekts für Sozialdemokraten, die aus historischen Gründen in ihrer Ablehnung eines Berufsheeres konsequent bleiben, schere ich selber total aus, aus mehreren Gründen. Barbara Blahas Artikel im Standard stimmte mich schon nachdenklich. Samstag 15. Dezember wa dann im Standard Kommentar der für mich erste fundierte Artikel zum Thema zu lesen, von Gerald Krieghofer, der eigentlich alles sagt. Hier aber meine Gedanken dazu.

    Für mich gibt es diverse Ebenen, hier sind sie etwas durcheinander vermischt:

    meine Haltung besteht, auch als Engländer (England schaffte die Zwangsrekrutierung 1060 ab), seit Jahrzehnten, ist also nicht Teil der fragwürdigen Kehrtwende beider „Großparteien“! Das sind Kinderspiele und  entwürdigend für uns Wähler.

    rein praktisch:

    Wehrdiener sind für ein modernes Heer unbrauchbar, egal wo, denn die Form des Krieges hat sich geändert und es bedarf (furchtbar!) Spezialisten.

    Das Heer ist für junge Leute unbrauchbar, sinnentleerte Zeitverschwendung. Ich begegne in meiner Arbeit mehrere Junge, die den Dienst grad hinter sich haben: „Man lernt nur Saufen, Kartenspielen, Zeitvertrödeln“.

    2. Ich bezweifle die vermeintliche integrative Wirkung. Immigranten, wie Schwule, werden oft gnadenlos gemobbt – siehe den erschütternden, österreichischen Kurzfilm „Homophobie“  (2012) an.

    Die Grundwehrdiener sind für den Katastrophendienst unbrauchbar. Außer zum Schaufeln nutzen auch hier nur die Profis. Obendrein kommen die Feuerwehre für 90% des Katastrophendienstes auf.

    Für mich ist es ein Armutszeugnis, wenn das drittreichste Land in Europa seine Sozialdienste nur mit Zwangsrekrutierten aufrecht halten kann. Diese eminent wichtige Arbeit gehört bezahlt, mehr als vieles andere. Viele der arbeitslosen Jugendlichen würden freiwillig sicher gerne verdienen und nützlich sein und dabei viel lernen. Aber freiwillig.

    Auf tiefere Ebene:

    ich bin prinzipiell gegen die Unterwerfung des Individuums unter willkürliche Autorität – und das ist das Bundesheer auf dieser Ebene.

    ich bin gegen ein aufgezwungenes Sozialjahr. Das ist was für Konservative. Der mündige Bürger weiß seine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber und braucht keinen Zwang. Gut möglich, wir sind hier in Österreich noch nicht so weit, dann ist es aber Zeit, jede selbstverschuldete und auch nicht selbstverschuldete Unmündigkeit endlich abzulegen! Behandeln wir unsere Bürger endlich als Mündige, so werden sie es (geht aber gegen der katholisch-josefinischen Grundeinstellung zu den Untertanen, zum Individuum) – das ist meine Beobachtung auch bei meiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Daher ist für mich jede Form von Wehr- und SozialPFLICHT etwas grundsätzlich Vor-Aufklärerisches, nicht vereinbar mit meiner Sicht zum Verhältnis zwischen Individuum und Gemeinwohl. Letzteres ist mir allerdings in England von Kleinst auf als Verantwortung mitgegeben worden, schon in der Grundschule, war Teil meines papers beim momentum-congress in September.

    Es ist nicht wahr, das Berufsarmeen Kriminelle locken: Zumindest habe ich das nie im British Army erfahren. Armeen, egal welcher Gattung, haben immer auch für Ungute Attraktivität, ach wie schön, wenn wir überhaupt keine Heere mehr bräuchten!

    2013 (im Gegensatz zum christlich-sozialen Terror von 1927 – 1938) sollte Österreich demokratisch reif genug sein, ein Berufsheer ohne Risiko halten zu können. Wenn nicht, wird’s langsam Zeit.

    Ende der Neutralität? Irland beweist das Gegenteil – siehe Krieghofer.

    Warum wird wieder Österreich bald das einzige Land in Europa sein, dass so etwas noch hat?

    Höhere Kosten? Ja, ich vermute, es wird mehr kosten. Da muss man ehrlich sein, kreide ich uns Roten an, dass wir es nicht sind. Entweder wir haben ein effizientes, kompetentes Heer – das kostet was, oder wir brauchen kein Heer, das wäre mir sehr recht. Aber nicht die gegenwärtige, verlogene Lösung. Österreich gibt weniger für die Landesverteidigung aus als jedes andere europäische Land. Wunderbar, wenn die trotzdem viele Millionen für Landesverteidigung was bringen, schad drum, wenn nicht – inklusive erstaunlich viele Generäle!

    Rekrutierung? Wieso gibt es sonst z.B. Großbritannien, USA, und laut Umfragen nach den Anfängen auch hier keine zu erwarten. Muss nur attraktiv und sinnvoll sein, das schon Und wenn sinnvoll, dann besser in der Armee als arbeitslos, auch finanziell fürs Individuum. Märchen über Söldner und interne Einmischung erinnern an 200.000 Portugiesen in Österreich nach unserem EU Beitritt 1995 (Copyright Jörg Haider). Bleiben wir sachlich.

    Überzeugende Aufklärungsarbeit zu diesem Thema hat in der Öffentlichkeit allerdings nicht stattgefunden, ein schwerwiegendes Versäumnis seitens der SPÖ. Es ist vermutlich jetzt zu spät dafür.

    Trotzdem ein Appell: auf in die Mündigkeit, Österreich, aber aus den richtigen Gründen und nicht nach einer so verlogene Sache wie es unsere Partei an den Tag gelegt hat! Wir haben kaum Prinzipien mehr, das Kernproblem nicht nur der SPÖ, sondern der ÖVP auch. Opportunismus ist keine Basis für Demokratie. Nochmals, ich respektiere die grundsozialdemokratische Furcht vor einem Berufsheer, schon aus unserer Historie, aber es wäre Zeit, diese Furcht beiseite zu legen.

    Krieghofer schließt, auch stellvertretend für mich:  „Seit ich denken kann, halte ich die allgemeine Wehrpflicht für eine getarnte Fortsetzung der Sklaverei, fürchte aber, in Österreich werden noch Jahrzehnte vergehen, bis diese einem freien Menschen unwürdige Institution auch hier ab geschafft wird.“

    Nick Allen, Wien 5.

  10. Heinrich Elsigan 19. Dezember 2012 at 04:21 #

    Ich danke den Sozialdemokatischen Arbeitvertretern, die nicht pro Wehrpflicht und nicht pro Berufsheer gestimmt hatten und habe mehrere Fragen an Nikolaus Kowall:

    1.) Wer finanziert den Anteil an beamteten und artverwandeten Jobs, der nur verwaltet und nicht produziert und nicht dienstleistet?

    2.) Bei dem Teil der dienstleistet, wird die Dienstleistung vom Leistungsempfänger bezahlt, also beim bezahlten profesionalisierten Zivildiener vom Sozialversicherten, wobei bei Spitälern und im Sozial- und Gesundheitsbereich gleichzeitig massiv gekürzt werden soll und beim bezahlten Katastophenschützer aus dem Katastrophenbudget von Bund, Ländern, Gemeinden, wobei bei diesen Budgets gleichzeitig massiv gekürzt werden soll, oder?

    3.)Bei der dienstleistenden Landesverteidigung zahlt das der Bund und bei Auslandseinsatz kommt Geld von der UNO oder der EU, oder?

    4.) Wenn 3.) ja, dann müssten die Auslandseinsätze volkswirtschaftlich so viel einspielen, dass sie den Rest mitfinanzieren, der teurer zu jetzt kommt (mit Einsparungen miteingerechnet)?

    5.) Last but not least, warum wird nichts in produzierende und wertschöpfende Teile, wie früher in der verstaatlichten Industrie vom Staat an Jobs finanziert, sondern rein in verwaltende und dienstleistende Sektoren? [P.S.: Das ist für mich die wichtigste von allen Fragen]

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