Über politische Ökonomie lässt sich trefflich streiten. Über den Irrsinn manch ökonomischer Analysen aber nicht mehr. Eine Serie.
In einem Interview im Chancen-Teil der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ propagiert der Bonner Personalökonom Matthias Kräkel, dass es „die Besten“ in Wirtschaft und Politik oft nicht bis an die Spitze schaffen, weil sie „sich im Vorstellungsgespräch nicht so sehr an[strengen] wie ihre weniger begabten Konkurrenten“. Starke These. Nachfrage der Zeit-Interviewerin Sabine Hoffmann:
Zeit: Wo ist dieses Phönomen zu beobachten?
Kräkel: Besonders gut in der Politik. Bewerben sich beispielsweise zwei Juristen um den Parteivorsitz, gewinnt wahrscheinlich derjenige mit dem schlechteren Zeugnis: Er hat keine Wahlmöglichkeit, würde in der freien Wirtschaft wahrscheinlich nur einen schlechter bezahlten Job finden – und strengt sich deshalb im Wahlkampf umso mehr an. Anders ist das beim Topjuristen: Er weiß, dass er in einer renommierten Anwaltskanzlei mehr verdient als in der Politik und ist deshalb weniger motiviert, sich für den Parteivorsitz ins Zeug zu legen.
Aha. Abgesehen davon, ob bessere JuristInnen automatisch auch bessere Parteivorsitzende sind, stellt sich auch noch die Frage, warum solche „Topjuristen“ überhaupt noch in die Politik gehen sollen, wenn sie sowieso in der Privatwirtschaft mehr verdienen würden? Fragen, die leider ungestellt bleiben. Stattdessen:
Zeit: Wie erklären Sie sich das?
Kräkel: Meine These basiert auf der theoretischen Annahme, dass die Bewerber rein rational handeln: Sie wägen Nutzen und Kosten ab und versuchen, ihren Gesamtnutzen zu maximieren.
So weit, so (neo)klassisch-ökonomisch. In einer derartigen Fantasiewelt mag das also so sein. Kein Grund, konkrete Handlungsableitungen aus diesem netten Gedankenexperiment abzuleiten, oder? So geht das Interview jedenfalls weiter:
Zeit: Was passiert, wenn das Mittelmaß regiert?
Kräkel: Die Führungskräfte sind überfordert und treffen falsche Entscheidungen. Arbeitsplätze gehen verloren, Unternehmen investieren in die falschen Technologien.
Das erklärt natürlich so einiges. Aber was können wir dagegen tun?
Zeit: Ihr Lösungsvorschlag?
Kräkel: Eine leistungsgerechte Bezahlung, die abhängig ist von der Produktivität des Arbeitnehmers. Beispielsweise könnten Politiker anhand ihrer Umfrageergebnisse im Politbarometer entlohnt werden. Das wäre zwar radikal, macht aber Sinn.
Mit diesem „radikalen“ Lösungsvorschlag endet das Interview. Und nein, das Interview ist kein Fake. 1. April ist auch erst in knapp zwei Wochen.
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