Ceta, Ceta, überall: diese Woche haben wir einiges zum Thema. Warum CETA weder für KMUs noch für Arbeitnehmerinnen ein gutes Geschäft ist, mit welchen Schiedsgerichtsklagen Österreich derzeit konfrontiert ist, und wie der deutsche Gewerkschaftsbund die Ankündigung von Sigmar Gabriel einschätzt, dass es verbindliche Zusatzprotokolle und Klarstellungen zu CETA geben wird, um europäische Standards zu schützen.
Aus aktuellem Anlass außerdem alle alten Eröffnungsreden von Barbara Blaha zu Momentum-Kongressen der letzten Jahre.
Enjoy!
Inhalt
Politik
Den letzte Woche erwähnten Gastbeitrag vom „linken Ideologieträger“ und Bundeskanzler Christian Kern in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gibt es diese Woche via BKA.
Barbara Blahas mögliche Bestellung zur Direktorin des Renner Instituts ist ein passender Anlass, ihre genialen und inspirierenden Eröffnungsreden aus den Momentum Kongressen der letzte Jahre zu hören.
2015: https://www.youtube.com/watch?v=JbyX0glxiXU
2014: https://www.youtube.com/watch?v=I0uSwdPjfmc
2013: https://www.youtube.com/watch?v=oOyvF-DiWwc
2012: https://www.youtube.com/watch?v=sPbqUpNec04
2011: https://www.youtube.com/watch?v=IP-Rk3Y6r1g
Eine von Eliten gekaperte sozialdemokratische Partei wird entweder kollabieren oder muss sich neu erfinden. Labour hat sich neu erfunden und sich dadurch das Überleben gesichert, argumentiert Paul Mason im Freitag.
Freihandel
Eine neue Studie namens ‚Making Sense of CETA – CETA lesen und verstehen‘ macht aus 1500 Seiten juristischen Handelslateins ein konkret verständliches Unterfangen und gibt auch einen Überblick über die einzelnen Schritte im Ratifizierungsprozess.
Bernhard Tröster erklärt am Blog.Arbeit-Wirtschaft im Hinblick auf CETA, warum Standards keine Zölle sind. „Nimmt man die Risiken für den allgemeinen Nutzen aus Regulierungen und Standards jedoch ernst, kann die bisher übliche Logik von Handelsabkommen auf den Kopf gestellt werden: Verluste aus Liberalisierung gehen zu Lasten der Allgemeinheit, Gewinne aber konzentrieren sich auf Wenige.“
Im Profil gibt es eine gelungene Übersicht über die bisherige Chronologie von CETA und den weiteren Ratifizierungsprozess aus österreichischer Perspektive.
Roman Stöllinger schreibt am Blog des Wiener Instituts über internationale Wirtschaftsvergleiche über die Frage, ob von CETA tatsächlich ein Boom für KMUs zu erwarten wird und stößt auf wenig derartige Hinweise: „Es drängt sich also der Verdacht auf, dass hier – entgegen der empirischen Faktenlage – versucht wird, einen Mythos zu schaffen, der da lautet: Die Vorteile von CETA und Co. fallen primär den KMUs zu. Dies ist nur insofern verständlich, als dass es derzeit wenig populär ist einzuräumen, dass sich vor allem große Unternehmen über CETA freuen dürfen. Schlussendlich ist jedoch eine derartige Mythenbildung einer sachlichen Debatte nicht dienlich. Es wäre geboten, sich neben den Handels- und Effizienzeffekten, die aus Freihandelsabkommen resultieren, auch ernsthaft mit deren Verteilungswirkungen auseinanderzusetzen.“
Florian Steininger erklärt am Kontrast-Blog ausführlich, warum TTIP und/oder CETA ein schlechtes Geschäft für Arbeitnehmerinnen sind.
Vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) zirkulierte für einen Tag lang ein Papier über die Bedeutung des SPD-Konvents zum Freihandelsabkommen CETA, das genau Aufschluss darüber gibt, wie sich Forderungen der Partei nach Ergänzungen und Klarstellungen zum Vertrag konkret umsetzen ließen – und wie die Chancen dafür stehen. Der DGB macht sich wenig Hoffnungen: bislang gebe es keine Hinweise auf die „‚verbindlichen Protokolle, wie wir sie erwarten‘, schreibt der DGB. Stattdessen zeigten einzelne Formulierungen ‚fehlendes Problembewusstsein‘, andere blieben ‚unpräzise‘.“ Von Malte Kreutzfeldt in der taz.
Erich Michel schreibt auf FM4 über Schiedsgerichtsklagen mit Österreichbezug.
Der Druck auf Sigmar Gabriel wächst. Der Postillon berichtet, wie der damit umgeht.
Digitales
Erich Möchel auf fm4 über den neuen Richtlinienentwurf aus dem Ressort von EU-Kommissar Günther Öttinger, der für alle digitalen Agenden der europäischen Union zuständig ist.
Barbara Wimmer stellt auf futurzone die Studie „Networks of Control“ von Wolfie Christl und Sarah Spiekermann über „Wer im Netz Milliarden mit unseren Daten macht“ vor.
Ausland
Ed Sykes auf The Canary über den ehemaligen Chef der türkischen Antiterrorpolizei Ahmet Seit Yayla, der als Whistleblower über das ‚Sponsoring‘ von IS und anderen Terrorgruppen durch die türkische Regierung spricht.
Einen guten und sehr übersichtlichen Text über den langjährigen Konflikt zwischen Äthiopien, Eritrea und Dschibuti gibt es von Gérard Purgier in der Le Monde Diplomatique.
Literatur
Robin Detje hat seiner Enttäuschung über Michel Houellebecq’s Dankesrede bei der Verleihung des Frank-Schirrmacher-Preises in der Zeit beschrieben. „Ohne der Prostitution, die der Ehe als Korrektiv dient, wird die Ehe untergehen und mit ihr die Familie und die ganze Gesellschaft,“ hat Houellebecq dort unter anderem gesagt. Niemand kann so aus dem Vollen schöpfen wie Houellebecq, wenn es um mit Vergänglichkeit und Kontrollverlust konfrontierte weiße Männer mit Führungsanspruch auf der Welt und Erniedrigungsanspruch gegenüber Frauen geht. Am Ende seines einflussreichen letzten Romans ‚Unterwerfung‘ gelingt die politische und gesellschaftliche Islamisierung Frankreichs aber letztlich nur dank der Zustimmung eben genau dieser Männer, die wie Houellebecq begreifen, dass dies ein Weg ist, das Patriarchat nicht nur zu retten, sondern mit der Aussicht auf mehrere junge und ergebene Ehefrauen auf ganz neue Höhenflüge zu schicken.
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