Links der Woche – KW 17

Diese Woche in den Links der Woche: Aus traurigem Anlass ein kleiner Schwerpunkt zum Zustand der österreichischen Politik und Gesellschaft, warum die SPD eigentlich gerne eine CDU-light wäre, sowie der Prozess um die Luxemburg Leaks. Außerdem: Wie die Band Fettes Brot Feminismus definiert, warum Linke Bernie Sanders lieben und vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen!

Inhalt

Österreichische Politik und Gesellschaft

Martin Blumenaus Fazit seiner Analyse der Bundespräsidentschaftswahl auf fm4: „Ohne Zugriff auf die zentralen Gruppen der Gesellschaft, jene, denen es tatsächlich sukzessive schlechter geht (nicht wegen irgendwelcher Flüchtlingshilfe, sondern wegen eines rücksichtslosen globalen Raubtierkapitalismus, gegen den sich zu lasche nationalstaatliche Politik aktuell nur unzureichend wehrt, wiewohl sie das könnte), jene, die sich fürchten, meist zwar Phantomschmerzen leiden, aber ihr subjektives Leiden eben nicht mehr hinnehmen wollen, ohne Zugriff auf den Bauch der Gesellschaft wird auch ein HBP-VDB nichts drehen können. Letztlich ist es der Job der Bewegung, die ihre Ursprünge in der Vertretung der Unterprivilegierten hat und ihr historisches Mandat ausschließlich aus dieser Tatsache bezieht. Entweder sie nimmt das jetzt wahr, oder sie stirbt aus.“

Der neue Bruch in der Gesellschaft verläuft nicht wie früher zwischen Bürgerlichen und ArbeiterInnen, sondern zwischen den Lebensentwürfen, zwischen ‚Elite‘ und ‚Volk‘. Die großen Ideologien sind zusammengebrochen, anstatt dessen wird über Lebensentwürfe politisiert, das äußert sich zum Beispiel an Debatten über das Binnen-I oder Radfahren. Ein Kommentar in der Wiener Zeitung.

Es hilft nicht die Hofer-Wähler als dumm zu beschimpfen denn damit erreichen wir genau das Gegenteil von dem was wir wollen, vielmehr müssen wir die systemischen wirtschafts- und sozialpolitischen Probleme angehen. Elisa Ludwig geht genau in dieser Richtung mit ihrer Analyse auf politicas: „Nein, die Rechten sind nicht „dumm“, sie „hassen“ auch nicht blindlings oder „fürchten“ sich gar – im Gegenteil haben sie (für sich) überaus wirkungsvolle Strategien gefunden, mit den psychischen Konsequenzen zurecht zu kommen, die aus der sozialpolitischen Misere des Neoliberalismus erwachsen. Unsere Aufgabe ist es in erster Linie jene Grundlagen zu eliminieren, die den Nährboden für diese Charakterstrukturen bilden.“

Wie die Kleine Zeitung berichtet ist es nun gerichtlich geklärt, dass die FPÖ Rufmord begangen hat als sie behauptete, dass der Reporter der Skinhead-Reportage von „Am Schauplatz“ selbst die Skinheads zu Neonazi-Aussagen angestiftet hatte. Wir freuen uns mit Ed Moschitz für das (noch nicht rechtskräftig) ausgesproche Urteil.

Sozialdemokratie und linke Köpfe

Nichts völlig neues, aber noch einmal schön aufbereitet und zusammengefasst: Robert Misik zur Lage der Sozialdemokratie.

„Die heutige SPD wäre wahrlich ein Fall für August Bebel“, schreibt Jakob Augstein im Freitag. „Wenn die SPD die Wahl hätte, wäre sie am liebsten die CDU-light. Das Problem der SPD ist aber: eine CDU-light gibt es schon und Angela Merkel ist ihre Kanzlerin. Der SPD wird das Sozialdemokratische an ihr zum Verhängnis: gerne Veränderung, aber bitte nicht so radikal.“ Sein Urteil: „Aber so kompliziert ist es gar nicht. Ein Versprechen, noch dazu ein dauernd wiederholtes, muss irgendwann eingelöst werden.“

Im zweiten Teil unseres Projekts „Linke Köpfe“ stellen wir den ehemaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, vor, einen Politiker, der stets den Dialog und das Gespräch sucht.

Arbeit und Ökonomie

Die Hans Böckler Stiftung hat eine tolle neue Seite zum Thema Geschichte der Gewerkschaften gestaltet.

In der Zeit ist eine Reportage über sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse in Brasilien zu finden, in der alle ProtagonistInnen zu Wort kommen, nämlich die beiden Opfer, deren Arbeitgeber und ein Lokaljournalist. Dabei werden überraschend vielschichtige Probleme offengelegt.

Das deutsche Bundesministerium für Arbeit und Soziales entschuldigt sich per Video bei den Leidtragenden der Agenda 2010 für das Reformpaket, das unter anderem Hartz IV einführte. Klingt gefälscht? Ist es auch, es handelt sich dabei um eine Aktion des KünstlerInnenkollektivs Peng. Der Spiegel berichtet.

In der taz ist ein übersetzter Le-Monde-Diplomatique-Artikel über die globalen Auswirkungen des Ölpreisverfalls nachzulesen.

Eher unbeachtet stehen derzeit jene drei Männer vor Gericht, die bei den sogenannten „Luxemburg Leaks“ enthüllten, wie das kleine Land jahrelang Großkonzernen beim Steuersparen half. Im krassen Unterschied dazu müssen die politisch Verantwortlichen wohl kaum mit unangenehmen Folgen rechnen. Darüber berichten der Spiegel sowie die Süddeutsche.

Wahlen in den U.S.A.

Marissa Brostoff wollte wissen, warum Linke Bernie Sanders lieben, und nimmt uns mit auf einen klugen Streifzug durch die Geschichte der New Left, der Freudianischen Linken und erläutert das Revival der Sixties im n+1 magazine: „(T)he erotics of the Sanders campaign are about nostalgia: a new generation of kids is falling in love with a promise held out by a past one“. Tja, damals war Zukunft.

Elizabeth Warren ist nicht nur die beste Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, die nicht angetreten ist, sie zeigt auch, dass nicht nur Donald Trump mit Twitter umgehen kann, wie die Washington Post berichtet.

Militär

Christian Ultsch in der Presse über folgenloses Sanktionsunterlaufen sowie Neutralitätsverletzung II, diesmal vom österreichischen Genaralstabschef Othmar Commenda begangen.

Jeremy Scahill und Matthew Cole auf TheIntercept: Privatarmeenbetreiber und Blackwater Gründer Erik Prince baut die erste private Luftwaffe auf. Zusammengebaut werden die Flugzeuge in Wr. Neustadt. Entgegen sowohl US als auch Österreichischen Gesetzen aber mit Unterstützung des Chinesischen Geheimdienstes.

Verschiedenes

Die Süddeutsche hat einen ausführlichen und sehr lesenswerten Schwerpunkt zum Thema Gleichberechtigung gestartet, alle Artikel sind auf der Überblicksseite hier zu finden. Unter anderem werden auch prominente Männer zu Wort gebeten auf die Frage, warum sie Feministen sind, hier die Antwort der Band Fettes Brot: „Der Feminismus hat imagemäßig schon bessere Zeiten erlebt. Das liegt daran, dass die Leute ganz verschiedene Sachen meinen, wenn sie darüber reden. Für uns steht er für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung – für die man nicht aufhören sollte, zu kämpfen. Feminismus ist kein Lifestyle, der mal cool und mal uncool ist. Sondern etwas Grundsätzliches, wozu es für uns keine Alternative gibt.“ Eine ganz ähnliche Kampagne war kürzlich in der österreichischen Wienerin zu sehen.

„All das, was einen informierten und kritischen Bürger ausmacht und zum Verstehen fremder Kulturen befähigt, bekommt man nur durch die Geisteswissenschaften“, erklärt die Historikerin Ellen Schrecker in einem Artikel der Zeit, und: „Wenn diese Art von Bildung zusehends zu einem Luxusgut wird, kommen auf unsere Gesellschaft große Probleme zu.“ Also wir möchten auf keinen Fall in einer Welt leben, die keinen Platz für Philosophie hat.

Die Washington Post schreibt über den Tod von Prince und Bowie vor dem Hintergrund des amerikanischen Wahlkampfs und der verbesserten Rechtslage für Homosexuelle in den USA, aber auch vor dem Hintergrund des Backlashes für die LGBT-Community. „In the clothes they wore, the lean bodies they lived in, the way they positioned themselves in their music and art, their relationships to LGBT communities and in so many other ways, Prince and Bowie were living arguments that there is no one way, and no correct way for a man to dress, to move, to decide what he values, to choose who he loves or where he stands in relation to that person.“

Die Journalistin Ingrid Brodnik beschäftigt sich mit Netzpolitik und diskutiert im Zeit-Interview über den Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Verhetzung im Internet.

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