Diese Woche präsentierte die SPÖ ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl Eugen Freund nach Abstimmung im Bundesparteivorstand. Im Bericht auf orf.at heißt es dazu gleich im zweiten Absatz unter der Zwischenüberschrift „Seltene Einstimmigkeit“:
Faymann unterstrich, dass einstimmige Beschlüsse in der SPÖ eine Seltenheit seien, die heutige Abstimmung im Vorstand „erinnert fast an Kreiskys Zeiten zurück“. Freund gab sich entsprechend „überwältigt“, er habe die Wahl sehr gerne angenommen.
Warum ist das wichtig? Weil es den Wert von Meinungsvielfalt und kritischen Stimmen wie jener der Sektion 8 für die SPÖ dokumentiert. Wenn Einstimmigkeit die Regel ist, wird sie dadurch entwertet. Mehr noch, ständige Einstimmigkeit wird sogar zum sichtbaren Symbol für Wagenburg-Mentalität und „Groupthink„. Bei Einstimmigkeit in großen Gruppen spricht man deshalb auch zu Recht von „sowjetischen Ergebnissen“. Einstimmigkeit als Dauerzustand ist ein Symptom für Demokratiedefizit und Dogmatismus.
Umgekehrt kann „seltene Einstimmigkeit“, d.h. Einstimmigkeit als Ausnahme, die die Regel von Meinungsvielfalt und diskursiver Offenheit bestätigt, durchaus wertvoll sein. Und genau dafür ist das Faymann-Zitat und der Umstand, dass es so prominent auf orf.at rezipiert wird, ein Beleg. Weil es in der SPÖ inzwischen (wieder) nicht mehr selbstverständlich ist, dass die Meinung der Parteiführung unwidersprochen bleibt, haben einstimmige Ergebnisse wieder eine positive Bedeutung.
Dahinter steckt das Prinzip, dass Zustimmung dann mehr Gewicht hat, wenn sie aus Überzeugung und freien Stücken erfolgt. Das gilt nicht nur für Abstimmungen, sondern auch für inhaltliche Auseinandersetzungen ganz allgemein. Nicht nur glaubwürdiger sondern überhaupt erst wertvoll ist Unterstützung von jenen, die in anderen Fällen nicht mit Kritik sparen. Umgekehrt gilt aber auch: Wer nur und ausschließlich kritisiert, dem wird man irgendwann auch nicht mehr zuhören.
Für eine Gruppe wie die Sektion 8 ist damit eine Herausforderung verbunden. Medien greifen Positionen der Sektion 8 vor allem dann prominent auf, wenn sie kritisch sind. In der medialen Logik hat die Kritik einfach den größeren Nachrichtenwert. Dadurch kann aber der (falsche) Eindruck von Daueropposition entstehen, als ginge es vor allem darum, die eigene Partei zu kritisieren. Es geht aber vor allem darum, sozialdemokratische Themen und Inhalte zu befördern. Wenn dafür Kritik angebracht ist, gut. Wenn nicht, auch gut.
Umso wichtiger sind deshalb eigene Medien wie dieses Blog oder auch der Jahresbericht 2013 der Sektion 8 (PDF). In letzterem findet sich unter anderem auch folgende Liste mit den meistgelesenen Blogeinträgen im Jahr 2013:
- Keine Koalition ohne Mitgliedervotum!
- Die Volkswirtschaft ist eine Non-Profit Organisation
- Wieso SPÖ wählen?
- Für wen lobbyiert eigentlich ‚Kunst hat Recht‘?
- Die SPÖ-Bundesgremien sind politisch leblose Orte!
- „Mein Freund Kowall“
- Deckel drauf und durch: Ein Kommentar zur Faymann-Rede bei der SPOÖ
- Für einen demokratischen Klassenkampf
- Journalismus ist „Part of the Game“
- Das neue Dienstrecht der LehrerInnen und die Mär vom Untergang des bildungspolitischen Abendlandes
Das spannende daran ist, dass nur zwei Einträge (#5 und #7) Kritik an der SPÖ-Führung ins Zentrum stellen. In drei Einträgen (#3, #6 und #10) steht explizit die Unterstützung der SPÖ im Wahlkampf bzw. in Sachfragen im Vordergrund. Die übrigen fünf Beiträge wiederum widmen sich vor allem jenen Themen, die die Sektion 8 selbst versucht zum Thema zu machen: Parteidemokratie (#1), Kritik an der Standortwettbewerbsideologie in Europa (#2), Reform des Urheberrechts (#4) sowie politische Essays (#8 und #9). Ein Vorsatz für 2014 könnte sein, auch in diesem Jahr wieder vor allem eigene Themen zu setzen.
@Gabriele: ist verlinkt!
sehr gut!
neuerlich rege ich übrigens die Verlinkung mit Kurt Bayers Blog an