Die Links der letzten Woche: Tamara Ehs über den Zustand unserer Sozialdemokratie, die drei zentralen falschen Glaubenssätze deutscher Ökonomen und ein Interview mit dem Philosophen Jason Stanley, in dem der sehr interessante Dinge über Propaganda sagt.
Außerdem gibt es derzeit einige der besten Beiträge zu feministischer Ökonomie gratis zu lesen. Enjoy!
Inhalt
Ökonomie & Verteilung
Wer gegen den „Grexit“ ist, muss für Merkel sein: Wie der „Stern“ und Forsa Stimmung für die Union machen. Am Blog von Stefan Niggemeier.
Die drei zentralen falschen Glaubenssätze deutscher Ökonomen, nachzulesen auf dem Econoblog.
„In keinem anderen Land der Eurozone sind Erbschaften für den Aufstieg im sozialen Gefüge so wichtig wie in Österreich. Mit Einkommen alleine ist es hierzulande im Vergleich mit anderen Ländern der Eurozone deutlich schwieriger, in der Vermögensverteilung nach oben zu kommen.“ Im Standard.
Michael Dauderstädt und Cem Keltek in den FES Perspektiven: „Auch im Jahr 2013 ist die Ungleichheit in Europa weiter gestiegen. Bis zum Jahr 2009 war in den ärmeren Ländern zwar eine aufholende Entwicklung zu beobachten, aber dieser Prozess stagniert nun auf Grund der Sparpolitik und des allgemein schwachen Wachstums. Obwohl die innerstaatliche Ungleichheit seit dem Jahr 2012 nur in wenigen Ländern, darunter Deutschland, gestiegen ist, bleibt das Versprechen eines europäischen, sozialen Zusammenhalts weitestgehend unerfüllt. Nur ein Wachstum, das primär auf dem steigenden Einkommen der ärmeren Bevölkerungsgruppen beruht, ermöglicht nachhaltigen Wohlstand für alle.“
Parteien
Tamara Ehs war in Athen und hat ihren klugen Kopf über die österreichische Sozialdemokratie zerbrochen – das kann man nachlesen in der Wiener Zeitung.
Kann Jeremy Corbyn die UK Labour Leadership Wahl gewinnen und würde sein Vorsitz die Partei so unwählbar machen wie behauptet? Seine Kandidatur hat jedenfalls Schwung in den Vorsitz Wahlkampf gebracht, auch durch die Polarisierung. Im Guardian.
Arbeit
‚Time Is Political‘, argumentiert Stephanie Luce im Jacobinmag und erklärt, warum die Kontrolle der Arbeitszeit nach wie zu den wichtigsten und anhaltenden Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung zählt.
‚Technologischer Fortschritt wird die Arbeitskraft befreien‘ haben wir schon oft gehört. Die verschwimmenden Linien zwischen Arbeit und Freizeit und Lohn und Leistung und die Verringerung des generellen Bedarfs nach Arbeitskraft machen die postkapitalistische Gesellschaft möglich, argumentiert zum Beispiel Paul Mason im Guardian unter dem verheißungsvollen Titel ‚The end of capitalism has begun‘. Stimmt so nicht, sagt Doug Henwood im Jacobinmag. Die klassische Arbeitskraft ist nicht verschwunden und auch nicht im Begriff des Verschwindens, die Beziehung zwischen BIP und Beschäftigung ist intakt – daher auch die zurückgehende Produktivität, die er mit Zahlen belegt. Der Rest ist Politik und daher Subjekt von Gestaltung: ” Sure, wages and benefits stink, but that’s about politics and class power, not because of the latest generation of Intel chips or something fresh out of the latest TechCrunch Disrupt.“
Entwicklung
Die Latte für die globale Entwicklungspolitik machten einst die Millenium Development Goals aus: die sahen die Beseitigung von extremer Armut und Hunger und flächendeckende Grundschulbildung auf der ganzen Welt vor. Die Bilanz ist gemischt: so gut ist es nicht geworden, aber, wie hier auch sehr gut dargestellt ist, es ist besser, als wir oft geneigt sind, zu denken. „Addis Abeba, New York, Paris: Man kann diesen Gipfelzirkus als illusionär kritisieren und auf eine lange Liste gescheiterter Hoffnungen verweisen. Oder man setzt darauf, dass solche Weltkonferenzen immer wieder Druck aufgebaut haben“ – welches politische Potential hinter solchen Gipfeln steckt, kann man in der Zeit nachlesen. Noch heuer wollen sich die Vereinten Nationen auf 17 neue ‚Sustainable Development Goals (SDGs)‘ einigen, die die Bemühungen im Bereich Entwicklung, Ungleichheit und Klima innerhalb der nächsten 15 Jahre leiten sollen. Ob Gender dabei ein eigenes Ziel, ein sogenanntes ’stand alone goal‘ werden wird, ist noch umstritten, der österreichische Außenminister ist nicht mal zur Konferenz gefahren. Einen ‚All-you-need-to-know-Artikel‘ gibt es im Guardian.
Frauen und Männer
Die Zeitschrift Feminist Economics wird 20! Zur Feier gibt es 20 Artikel kostenlos zu lesen, die in den Augen der Redaktion am besten darstellen, worum es in Feminist Economics geht.
Eine neue Dokumentation aus den USA zeigt, wie die Gesellschaft unter konstruierter Maskulinität leidet. Im Bitch Magazine gibts nähere Informationen sowie den Trailer zum Anschauen.
Medien
Ein Interview mit dem Philosophen Jason Stanley zu einem unserer Lieblingsthemen: Medien und Berichterstattung. Seine Message: Propaganda ist überall, sie war nie weg. „Am besten lernen schon Kinder in der Schule, was Sprache bewirken kann. Die Euro- und Finanzmarktkrise könnte da bestimmt Material liefern, mir scheint da sehr viel von effizienten Märkten, faulen Griechen und fleißigen Deutschen die Rede zu sein. Alles hervorragende Beispiele für Propaganda.“ Durchaus auch einige streitbare Aussagen wie: „Die Absichten eines Menschen, der Propaganda verbreitet, sind nicht entscheidend.“ Aber sehr schön und sehr treffend für unsere Gefechte für mehr Demokratie innerhalb der SPÖ finden wir jedenfalls die abschließende Aussage: „Nichts hat so viel Strahlkraft wie eine Demokratie, die treu gegenüber ihren Idealen ist und hart mit sich ins Gericht geht, wenn diese Ideale verletzt werden.“
Auch in anderer Hinsicht wird derzeit genauer beobachtet, was medial passiert: eine Gruppe auf Facebook nutzt den neuen schärferen rechtlichen Rahmen für Verhetzung und bringt die VerfasserInnen von Hasspostings zur Anzeige. Denn seit Juli gilt: wer vor einem Publikum von mindestens 30 Personen hetzt, macht sich strafbar. Im Standard.
Asyl
Alle Fakten zur Asylrechtsnovelle hat der mosaik-blog.
@ „Alle Fakten zur Asylrechtsnovelle“
Warum ist (auch in dieser angeblich richtungweisenden Darstellung) die Rückführung von endgültig abgewiesenen Asylwerbern einfach kein Thema?