Zwischen Glücksspielverbot und neuen Casinos: Eine Klärung

Wien. In der Glücksspielindustrie herrschen stürmische Zeiten. Doch das Verbot des kleinen Glücksspiels hält – und schützt.

Lea Six

Neue Casinolizenzen in Wien? Aufweichung des Glücksspielverbots? Die Schlagzeilen der letzten Wochen verhießen nicht gerade Gutes. Doch die frohe Botschaft ist: Das Verbot des kleinen Glücksspiels ab 01.01.2015 steht. Eine Klärung.

Foto: Oliver abels, CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons

Foto: Oliver abels, CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons

Als beim Wiener Landesparteitag 2011 die Parteibasis das Verbot des kleinen Glücksspiels gegen den expliziten Willen der Parteispitze beschloss, war der Wirbel groß. Von einem Coup der Sektion 8 war die Rede, die Freude über die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Partei war beträchtlich .

Nun, mehr als 3 Jahre später, mögen sich manche fragen, was denn nun bitte aus dem Verbot geworden ist. So manche Straße Wiens ist noch immer regelrecht gepflastert mit bunt blinkenden Früchten und “Open”-Schildern, dieser Tage liest man in sämtlichen Zeitungen Österreichs davon, dass unterschiedliche Betreiber um die Vergabe von zusätzlichen Casinolizenzen rittern. Also noch mehr vom Alten?

Die Sache ist im Detail komplex, aber in den Grundzügen doch einfach zu verstehen: Glücksspiel fällt eigentlich unter Bundesrecht – der Bund vergibt die Lizenzen für das Betreiben von Casinos, für Online-Spiele, Wett-Cafes und die sogenannten Video-Lotterie-Terminals (VLT). Eine Ausnahme gibt es nur für das sogenannte kleine Glücksspiel, welches Ländersache ist. Unter kleinem Glücksspiel versteht man gemeinhin das Automatenglücksspiel. Dabei wird noch weiters unterschieden, in welcher organisatorischen Form die Automaten herumstehen: 1) in Ausspielungen in Automatensalons mit mindestens 10 und höchstens 50 Glücksspielautomaten oder 2) in Einzelaufstellung mit höchstens drei Glücksspielautomaten. (Glücksspielgesetz §5).

Viele Möglichkeiten Geld zu verlieren

In Wien gab es bislang folgende Möglichkeiten auf Glücksspielautomaten sein Geld zu verlieren: Da wäre erst einmal das Casino in der Kärnterstraße, betrieben von Casinos Austria (Bundesrecht). Des weiteren gibt es zwei Automatensalons, nämlich das “Casino Admiral Prater” beim großen Prater und das Casino Monte Laa im Böhmischen Prater, beide betrieben von Novomatic (Landesrecht). Die Namen mögen irreführend sein, es handelt sich dabei aber um keine Casinos im eigentlichen Sinn, sondern um Automatensalons. Und dann gibt es natürlich die vielen vielen kleinen Ausspielungsstätten, an denen wir täglich auf Wiens Straßen vorbeilaufen (Landesrecht). VLT-Automaten, die sich rein äußerlich nicht von den üblichen Glücksspielautomaten unterscheiden, aber anderen technischen Voraussetzungen unterliegen, gibt es in Wien zur Zeit nicht und sollen dem Vernehmen nach auch in absehbarer Zeit nicht kommen (wären jedoch Bundesrecht).

Das 2011 beschlossene Verbot des kleinen Glücksspiels tritt nach einer langen Übergangszeit nun endlich mit dem Stichtag 01.01.2015 in Kraft. Dies bedeutet, dass dann sowohl sämtliche Einzelausspielungen als auch die beiden Automatensalons illegal werden. Jeder Glücksspielautomat außerhalb des/r Casino(s) wird dann von der “SoKo Glücksspiel” konfisziert, des weiteren können hohe Geldstrafen über die Betreiber verhängt werden. Eine kurzfristige Verwirrung um ein Interview Häupls in der Wiener Zeitung, in dem von einer Aufweichung des Verbots bezüglich der Automatensalons berichtet wird, hat sich als Missverständnis herausgestellt. Auch Bürgermeister Häupl steht nun hinter dem vollständigen Verbot des kleinen Glücksspiels.

Neue Casinolizenzen

Wer sich nun fragt, warum gerade von Casinos, sprich Mehrzahl, die Rede war, hat schon gemerkt, dass die Sache noch einen Haken hat. Die Glücksspielnovelle aus dem Jahr 2010 sieht vor, dass der Bund im ganzen Bundesgebiet drei weitere Casinolizenzen vergeben kann, zwei davon in Wien. Bisher hatte Wien nur eine Lizenz (Standort Kärntnerstraße). Um die Ausschreibung der beiden zusätzlichen Lizenzen (plus einer für Niederösterreich) geht es derzeit in vielen Medienberichten, das Resultat des Lizenzvergabeprozesses soll dieser Tage veröffentlicht werden. Bei diesen Lizenzen geht es um eine Menge Geld, dementsprechend umkämpft sind sie.

Neben den Casinos Austria und Novomatic bewarben sich auch noch weitere internationale Betreiber um die jeweiligen Lizenzen samt die daran gebundenen Standorte. Novomatic versucht nun über diesen Weg seine Automatensalons im großen und im böhmischen Prater zu retten – fällt der Entscheid zu Novomatics Gunsten aus, könnten die Automatensalons zu richtigen Casinos ausgebaut werden (sprich zusätzlich zu den Automaten gäbe es auch andere Spielangebote). Weitere Standorte im Rennen sind unter anderem das Palais Schwarzenberg und das Intercontinental. Die bereits kritisierte Intransparenz des Vergabeverfahrens soll für uns hier nicht weiter von Belang sein.

Halten wir also die guten Nachrichten fest: Die über Wien verstreuten Glücksspielautomaten wird es ab 01.01.2015 nicht mehr geben, es können keine neuen Automatensalons entstehen und mehr als diese drei Casinos – wo immer diese dann auch platziert sein mögen – werden es nicht.

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3 Responses to Zwischen Glücksspielverbot und neuen Casinos: Eine Klärung

  1. Helmut Kafka 26. Juni 2014 at 11:56 #

    Viele Millionen Steuergeld herrichten! Denn es gibt hunderte von Konzessionen für das Kleine Glücksspiel, welche länger als 2014 laufen, teilweise sogar unbefristet sind. Entschädigungslos wegnehmen geht nicht, obwohl genau das im Glücksspielgesetz so naiverweise vorgesehen ist. Da stehen die Verfassung, EU Richtlinien und die Grundrechtcharta dagegen. Interessant auch die Entscheidung des OGH vom 23.4.14: http://www.ogh.gv.at/de/entscheidungen/weitere/behoerdlich-bewilligte-spielautomaten-duerfen-bis . Zukünftig dürfen in Wien bis zu 1500 hard core Casinoglücksspielautomaten aufgestellt werden, welche den geringsten Spielerschutz aufweisen. Binnen weniger Minuten kann man auf so einem Casinoglücksspielautomaten ein Jahresgehalt verlieren. Dazu schweigt nicht nur Sektion 8 ganz besonders lautstark – auch vom Grünen Peter Pilz gibts kein aufklärendes Wort dazu. Erst nach massiver Intervention der Branche über die Spielerschutz-Heucheleien wurde eine Begrenzung auf 500 Stk. pro Casinostandort eingeführt. Dafür gibts jetzt schon +53 % Zuwachs an Spielsüchtigen bei Casinoglücksspielautomaten(dzt. 212 Stk. in Wien) seit 2008. Bei Kleinen Glücksspielautomaten (weniger als 2500 Stk.) +2% seit 2008!!
    Soviel zur, zu Gunsten von plumpen Populismus, verdrängten Realität.

    • Lea Six 26. Juni 2014 at 14:07 #

      Es würde mich sehr interessieren, woher Sie die immer wieder herumgeisternde, aber nie bestätigte, Information haben, dass “hunderte Automaten (in Wien?) über 2015 hinauslaufende Lizenzen haben. Die lang Übergangsfrist sollte doch genau diesem Problem zuvorkommen.
      Selbstverständlich goutiert auch die Sektion8 nicht den Zuwachs an Automaten in Casinos. Ginge es nach uns, gäbe es diesen nicht. Dennoch muss man auch anmerken, dass der Spielerschutz in Vollcasinos einfacher ist als in den Einzelausspielungen. Ebenso gibt es einen Unterschied, ob Spielsuchtgefährdete am Heimweg an x.Versuchungen vorüberlaufen oder extra in ein Casino fahren müssen.

      • Helmut Kafka 26. Juni 2014 at 19:07 #

        „herumgeisternde, nie bestätigte“: glauben Sie vermutlich lieber gerne statt einfach die Betroffenen oder die zuständige Magistratsabteilung zu fragen.
        Nachdem die Novomatic nun die Casinokonzession für ihre Admiral Spielhalle im Wiener Prater bekommen hat, wird sie ihre langlaufenden Landeskonzessionen im Prater und Böhmischen Prater zurücklegen. Das sind mindestens über 500 Kleine Glücksspielautomaten. Dafür gibt’s dann 500 hard core Casinoglücksspielautomaten – durchschnittliches Monatsgehalt in Sekunden weg ist besser?
        Trotzdem verbleiben noch hunderte Automaten mit länger laufenden Konzessionen in Wien.
        „Spielerschutz in Vollcasinos einfacher“: + 53% Zuwachs an Spielsüchtigen zeugt von einfach vollkommen unzureichenden Spielerschutz.
        „am Heimweg x Versuchungen“: + 2% Zuwachs an Spielsüchtigen zeigt, dass der falsche Baum angebellt wird. Die weggewünschte und ignorierte Realität ist halt ein Hund.

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