Links der Woche – KW 22

Letztes Mal noch Elefant im Raum (oder Lücke in den Links), macht sich die EU-Wahl diese Woche hier breit wie ein Blauwal. Das erklärt auch das große Schisma der untenstehenden Linkliste: Die erste Hälfte ist für alle, die von der EU-Wahl nicht genug kriegen können. Die zweite Hälfte für alle anderen und alles andere: Wahlen in Kolumbien, den Bürgermeister von Reykjavik, Journalistinnen in der New York Times, und na gut, auch Europa: Was wären für Großbritannien eigentlich die Folgen eines EU-Austritts? Die Fleißigen lesen natürlich alles. Schöne Woche!

Inhalt

Europawahl

Wahlanalysen

European Parliament election results – our experts react

Auf dem Europa-Blog der London School of Economics analysieren sechs ExpertInnen die Europawahl: Wie ist das nun mit dem Front National, Ukip, der goldenen Morgenröte und der Alternative für Deutschland? Kriegen die am schlimmsten von der Krise Betroffenen nun mehr Gehör und werden wir gerade Zeugen einer Rückkehr zur Politik der Klassen?

Quelle: blogs.lse.ac.uk/europpblog

Ein “cordon sanitaire” gegen die extreme Rechte im EP

Michaela Kauer, SPÖ-Kandidatin und seit fünf Jahren sie Chefin des Verbindungsbüros der Stadt Wien zur EU gibt einen Tag nach der Wahl eine erste fundierte und ehrliche Analyse der Ergebnisse: „(Die) Mobilisierung für ein progressives Veränderungsprojekt (ist) nicht gelungen: Too little, too late“

Quelle: michaelakauer.at

Nach der Europawahl

Obwohl die Ergebnisse der Europawahl feststehen, sind noch viele Fragen offen: Viele „junge“ Parteien haben sich noch nicht für eine Fraktion entschieden, viele „alte“ Parteien sind mit ihren Fraktionen unzufrieden. Manuel Müller vom (europäischen) Föderalisten versucht sich in einer Erklärung.

Quelle: foederalist.blogspot.de

Ein guter Wahlsonntag, eine historische Wahl

Wenn sich Robert Misik nach der Europawahl in Optimismus übt, wirkt das irgendwie überzeugender als bei den meisten anderen: „Denn erstens erlebten wir die erste gesamteuropäische Wahl, mit einer gemeinsamen europäischen Wahldebatte und gemeinsamen Spitzenkandidaten – ein großer Sprung vorwärts für die europäische Demokratie. Zweitens schwingt das ideologische Pendel weg von Banken- und Vermögendenschonung und Austeritätspolitik – auch innerhalb der christdemokratischen und liberalen Parteien.“

Quelle: derstandard.at

The Daily Blumenau

Martin Blumenau setzt in seinen Gedanken zur EU-Wahl und Sozialdemokratie andere Schwerpunkte. Das Ergebnis und die Diskussion darüber zeugt von der Machtlosigkeit der Regierenden: „Und zwar nicht gegenüber einer durch globale Konzerne und mächtige europäische Nachbarn beherrschten Lage, sondern wegen einer selbstverschuldeten austro-inneren Blockade […] (barocker Föderalismus, Diktat der Interessensvertretungen, biedere Klientelpolitik und Reform-Ausreden ohne Ende)“. Ein sozialdemokratischer Elefant im Raum.

Quelle: fm4.orf.at

Gewinner – Verlierer 2014

Yussi Pick analysiert auf eu2014.at die Gewinner und Verlierer des vergangenen Wahlkampfes: Gewinner: Inhalte – Verlierer: Werbeslogans.

Quelle: eu2014.at

Von Nichtwählern bis Schrebergarten-Scheiß: Zehn Gedanken zur EU-Wahl

Michael Hufnagel hat in einem kurzweiligen Kommentar im Standard seine Gedanken zur Europawahl gesammelt, es geht um die Performance der österreichischen Parteien und MeinungsforscherInnen.

Quelle: derstandard.at

Kommissionspräsidentschaft

Merkels Spiel ist ungewöhnlich dumm

Selbst der sonst eher nüchterne ARD-Journalist Rolf Dieter Krause verliert in der Tagesschau zum ersten Mal in seiner Karriere die Fassung: „Das ist mir noch nie passiert, dass ich der Bundeskanzlerin in einer Pressekonferenz gegenüber saß, und so langsam die Fassung verlor.Denn Frau Merkel plant in aller Offenheit einen Betrug. Betrug nicht im Sinn des Strafrechts, aber politischen Betrug. Betrug an Ihnen, den Wählern.“

Quelle: tagesschau.de

Europa wird direkt ins Herz getroffen

Europa wird nicht gemacht, weil „keine einzige Politikerin bereit und in der Lage ist, sich aus den Routinen des täglichen Machtpokers zu lösen“ Jürgen Habermas spricht in einem Interview mit der FAZ über die europäische Volkspartei: „Zum ersten Mal erfährt das Europäische Parlament eine tatsächliche Legitimation […] Man fragt sich ja, auf welche Seite eigentlich eine EVP-Fraktion gehört, die sich nicht einmal zu ihrem eigenen Kandidaten Jean-Claude Juncker zu bekennen wagt. Während sich die CDU zu Hause immer noch als europafreundliche Partei aufplustert, denkt deren Parteienfamilie im Europaparlament offensichtlich nicht daran, „Parteifreunde“ wie die offen europafeindlichen Orbán- und Berlusconi-Abgeordneten aus ihren Reihen auszuschließen.“

Quelle: faz.net

Nach Merkel-Festlegung beginnt nun eine Schlammschlacht gegen Juncker

Noch einmal EVP: Thomas Meyer gibt in seinem Europablog im Standard einen sehr erleuchtenden Einblick in die wunderbare Intrigenwelt innerhalb der europäischen Konservativen. Wie ist es möglich, dass sich die europäischen SozialdemokratInnen, Grünen und Linken (!) für Juncker aussprechen, innerhalb der EVP aber Zwietracht gesät wird?

Quelle: derstandard.at

Europa wagt mehr Demokratie

Vielleicht ist ausgerechnet Angela Merkels Rückzieher vom Rückzieher ein historischer Moment für Europa? Bernhard Schinwald ist optimistisch: „Die Kür Junckers ist nicht irgendeine Personalentscheidung, in der politisches Kleingeld getauscht wird. Wir erleben in diesen Tagen vermutlich die Geburtsstunde einer wahrlich europäischen Demokratie, ein neues Kapitel in der Geschichte der EU als politische Union, einen Paradigmenwechsel.“

Quelle: theeuropean.de

Alles andere

Geschlechterpolitik

Gender At The NY Times: The Most Comprehensive Analysis Ever

Nachdem die New York Times kürzlich ihre erste weibliche Chefredakteurin loswurde, ist dieser Artikel zur Rolle von Redakteurinnen in der Zeitung besonders lesenswert: Philip N. Cohen, schreibt auf Sociological Images über seine semantische Genderanalyse der New York Times RedakteurInnen: „Women wrote the majority of stories in five out of 21 major sections, from Fashion (52% women), to Dining, Home, Travel, and Health (76% women). Those five sections account for 11% of the total.“

Quelle: thesocietypages.org

Krieg gegen Frauen

Nils Pickert schreibt im European über den Amokläufer in Kalifornien, der den Frauen den Krieg erklärt hatte: „Wie viele Männer stehen wohl in unserer Welt unter dem Eindruck, es gäbe ein Recht darauf, sexuell begehrt zu werden? Wie viele Männer halten die Sexualität von Frauen für „fehlerhaft und pervertiert“, einzig und allein aus dem Grund, dass sich diese Sexualität nicht auf sie persönlich bezieht?.“ #YesAllWomen

Quelle: theeuropean.de

International

Wahlen in Kolumbien

Während wir in der EU die Wunden lecken, sollten wir nicht vergessen, dass letzten Sonntag auch anderswo auf der Welt gewählt wurde. So zum Beispiel in Kolumbien, wo der amtierende Präsident Juan Manuel Santos um seine Wiederwahl in der zweiten RUnde der Präsidentschaftswahl in zwei Wochen bangen muss. Santos war unter seinem Vorgänger Alvaro Uribe Verteidigungsminister. Er brach kurz nach seiner 2010 Wahl mit Uribe , um sich für Gespräche mit der FARC und den Friedensprozess einzusetzen. In der ersten Runde unterlag er dem ebenso aus dem rechten Lager stammenden und diesmal von Uribe unterstützen Kandidaten Oscar Ivan Zuluaga bei sehr niedriger Wahlbeteiligung. Diese Wahl ist auch richtungsweisend  über den Umgang mit einem Jahrzehnte dauernden Bürgerkrieg (insbesonders Amnestie/Gerechtigkeit für Opfer und Reintegration und Versöhnungsprozess) und die Zukunft der Friedensverhandlungen, da Zualaga eine militärische Lösung mit US-amerikanischer Hilfe befürwortet. Hier ein paar vor und nach-Wahl Artikel in englischer und spanischer Sprache:

Leaving the European Union would likely have a significant negative impact on the UK’s economy

James Cameron ist kein Fan der EU. Für Großbritannien wäre ein „Brexit“ aber zumindest ein großes Risiko: Gianmarco Ottaviano, João Paulo Pessoa, Thomas Sampson und John Van Reenen von der LSE erklären auf dem Europablog der LSE, warum ein Ausstieg Großbritanniens aus der EU negative Auswirkungen auf die britische Wirtschaft hätte.

Quelle: blogs.lse.ac.uk/europpblog

Mehr Punk, weniger Hölle!

„Die Beste Partei“, ursprünglich ein Sketch des isländischen Komikers Jon Gnarr, wurde zur Realität. Er trat mit ihr an und wurde 2010 zum Bürgermeister von Reykjavik gewählt. Diese Partei lässt sogar die dortigen SozialdemokratInnen irgendwie cool wirken: „Am Wahlabend formulierte die Beste Partei die Bedingung für den Koalitionspartner: Sie sollten alle fünf Staffeln von «The Wire» gesehen haben. Die Sozialdemokraten akzeptierten.“ Und darüber hinaus hat eine Partei, die als Satireprojekt begonnen hat, die Stadtfinanzen saniert und auch sonst eine bemerkenswerte Bilanz vorgelegt, berichtet der Tagesanzeiger. Das legt die Latte für die Partei hoch!

Quelle: tagesanzeiger.ch

Gesundheit

Bitte keine Antibiotika

Deutschland hat einen neuen Fleischskandal: Bei 16% geprüfter Wurstwaren wurden antibiotikaresistente Keime nachgewiesen. Die Produktion von Billigfleisch kommt ohne Antibiotika nicht aus, die Tiere würden unter den Haltungsbedingungen ohne Medikamente den Schlachttermin nicht erleben. “Der Großteil dieser Medikamente wird inzwischen in der Tierhaltung verbraucht und nicht etwa in der Humanmedizin.”, so ein Kommentar in der Süddeutschen Zeitung. Die Folge sind antibiotikaresistente Keime, die lebensrettende Medikamente unwirksam machen. Warum nimmt sich die Politik dem Problem nicht an? Das fragt sich Silvia Liebrich in einem Kommentar.

Quelle: sueddeutsche.de

Wirtschaft

Wer unbemerkt von der Bankenrettung profitierte

Viele Banken behaupten gerne, sie hätten kein Staatsgeld gebraucht, um die Krise zu überstehen. Diese vermeintliche Tatsache gilt als Argument gegen Regulierungen oder Bankenabgaben. Hier lohnt es sich, zweimal hinzusehen, so wie es die europäischen Grünen gemacht haben. Für einige deutsche Banken hätte es schlecht ausgesehen, wären andere nicht gerettet worden. Insofern profitierten sie genauso von Bankenrettungen, auch wenn ihr Institut keine Steuergelder erhalten hat.

Quelle: sueddeutsche.de

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