Alle Jahre wieder – Die Verwaltungsreform

Pünktlich zur Budgeterstellung entflammt die Diskussion wie gespart werden kann. Durch die Wirtschaftskrise hat dieses Thema freilich spezielle Relevanz und die ÖVP fordert daher verschärft Einsparungen in der „ausufernden“ Verwaltung. Es bleibt die Frage ob sie am Ende des Tages auch bereit ist tatsächliche Privilegien und Ineffizienzen zu beseitigen oder es sich um bloße Wahlrhetorik handelt.

Rafael Wildauer

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat deutliche Spuren in den öffentlichen Haushalten hinterlassen. So lag das Budgetdefizit im Jahr 2009 bei 3,5% des BIP und soll im Jahr 2010 weiter auf 4,7% des BIP anwachsen. Vor diesem Hintergrund plant die Regierung mit der Budgetsanierung im Jahr 2011 zu beginnen. Nach den Wahlen in der Steiermark und Wien werden SPÖ und ÖVP die konkreten Maßnahmen diskutieren und beschließen mit denen die Konsolidierung des Staatshaushalts vorgenommen wird. Das selbst gesteckte Ziel ist die Senkung des Budgetdefizits auf 2,7% des BIPs im Jahr 2013 und somit wieder unter die Maastrichtgrenze von 3%. Dies bedeutet im Zeitraum von 2011 bis 2013 müssen insgesamt rund 10 Mrd. € eingespart oder mehr eingenommen werden. 60% dieser Summe sollen durch Ausgabeneinsparungen und 40% durch Mehreinnahmen aufgebracht werden. Auch wenn noch unklar ist welche neuen Steuern die zusätzlichen Einnahmen generieren sollen, so hat sich die Regierung auf der Ausgabenseite mit dem bereits im Mai beschlossenen Bundesfinanzrahmengesetz schon auf Einsparungen in allen Bereichen festgelegt. In Bildung und Forschung soll lediglich weniger als bei anderen Ausgaben gespart werden.

Soweit der (ursprüngliche) Plan der Regierung. Konkrete Vorschläge für die (Teil)Umsetzung gibt es bis jetzt nur von Seiten der SPÖ, die ein begrüßenswertes Paket zur Einführung vermögensbezogener Steuern vorgelegt hat. Der schwarze Koalitionspartner verweist hingegen auf die Einsparungsmöglichkeiten in der Verwaltung die es primär auszuschöpfen gilt und will seit letzter Woche von Steuererhöhungen aufgrund der besseren Konjunktur nichts mehr wissen. Für Kanzler Faymann besteht die Herausforderung somit nicht nur in der Durchsetzung seiner Steuerpläne sondern auch im Schnüren eines intelligenten Sparpaketes, das bestehende Ineffizienzen und Privilegien beseitigt ohne einen Kahlschlag des österreichischen Sozialstaats zu bewirken. Freilich ist ein Teil des Wegs durch das erwähnte Finanzrahmengesetz schon vorgegeben.


Die Einsparungsmöglichkeiten im Zuge einer Verwaltungsreform werden sehr unterschiedlich beurteilt. Der Rechnungshof geht in seinem zweiten Bericht zur Verwaltungsreform im Jahr 2009 von einem Einsparungspotential von rund 1 Mrd. € jährlich aus und bezieht das Sozialsystem weitläufig in diese Analyse mit ein. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) ortet auf Basis internationaler Vergleiche ein Sparpotential in der österreichischen Hoheitsverwaltung zwischen 0,75 Mrd. € und 2,5 Mrd. € jährlich und klammert mit dieser Definition große Teile des Sozialstaats aus dem Sektor Staat aus. Trotz dieser großen Unterschiede in der Quantifizierung der Einsparmöglichkeiten decken sich zentrale Bereiche ihres Forderungskatalogs. Auf die sinnvollsten davon sollte sich die SPÖ bei den Verhandlungen des Sparpakets (und darüber hinaus) konzentrieren:

  1. Die Abschaffung von bestehenden Sonderregeln im Dienst- und Pensionsrecht von Landesbeamten sowie Angestellten des ORF, der ÖBB oder der Österreichischen Nationalbank (OeNB) und die Angleichung an ASVG Standards stellt eine Möglichkeit dar ungerechtfertigte Privilegien abzuschaffen und Einsparungen zu erzielen. Darüber hinaus kritisiert das WIFO die derzeit gültige Altersteilzeitregelung als eine staatlich subventionierte Senkung des faktischen Pensionsantrittsalters, die hauptsächlich von besser verdienenden Personen in Anspruch genommen wird. Eine Abschaffung der Regelung würde jährlich 100 – 130 Mio. € sparen. Die Abschaffung der Hacklerregelung, die ebenfalls meist nicht von ArbeiterInnen oder GeringverdienerInnen in Anspruch genommen wird, würde das Budget zusätzlich um rund 250 Mio. € im Jahr entlasten.

  2. Österreich schüttet überdurchschnittlich viel Geld an Subventionen und Förderungen aus. Im Jahr 2008 beliefen sich Subventionen und Vermögenstransfers (Steuervergünstigungen nicht enthalten) auf 5,5% des BIP im Vergleich zu 2,2% im Durchschnitt der EU 15. Große Posten sind das Spitalswesen (4,3 Mrd. €), die ÖBB (Bundesbeitrag 2008 1,8 Mrd. € plus Landesbeiträge), die nationale Agrarförderung (1,4 Mrd. € ohne Mittel der Europäischen Union) sowie Subventionen für Forschung und Entwicklung (rund 0,5 Mrd. €). Förderungen werden von allen Verwaltungsebenen vergeben doch schlecht bis gar nicht koordiniert oder die Zielerreichung evaluiert. So werden beispielsweise über 80% der bewilligten Neubauten durch die Wohnbauförderung gefördert, die soziale Treffsicherheit ist mehr als fraglich. Das WIFO geht von einem kurzfristigen Einsparungspotential bei Subventionen und Förderungen von 0,85 Mrd. € aus. Langfristig deutlich mehr.

  3. Die Bezüge der österreichischen BeamtInnen werden zwar weder von WIFO noch Rechnungshof explizit erwähnt, doch zeigt ein Blick auf die Homepage der Statistik Austria, dass eine Nulllohnrunde allemal machbar ist. So verdienten BeamtInnen im Jahr 2008 im Durchschnitt 49.458€ brutto im Vergleich zu 33.924€ bei Angestellten und 18.534€ bei ArbeiterInnen. Woher diese Unterschiede kommen, wird klar wenn mensch sieht, dass das Medianeinkommen zwischen 2007 und 2008 für BeamtInnen um 5,2% gestiegen ist im Gegensatz zu 2% für ArbeiterInnen. Die sozialen Härtefälle die die BeamtInnengewerkschaft bei einer Nulllohnrunde an die Wand malt dürften also aus bleiben. (Es sei angemerkt, dass es sich in dieser Darstellung um BeamtInnen und nicht um Vertragsbedienstete handelt.)

  4. Die wichtigste Reformforderung von Rechnungshof und WIFO ist die Zusammenführung der Aufgaben-, und Ausgabenverantwortung. Anders ausgedrückt soll jene Verwaltungsebene die eine Leistung erbringt auch für die Finanzierung verantwortlich sein. Dieses Prinzip wird durch den Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vielfach verletzt. Das Ziel einer solchen Zusammenführung ist es durch die Verantwortung über Kosten und Ausgaben in einer Hand einen effizienteren Mitteleinsatz zu erreichen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Österreich zwar eine überdurchschnittlich hohe Verwaltungsqualität (Hoheitsverwaltung) aufweist, jedoch andere Länder wie Norwegen, Dänemark oder Großbritannien eine höhere Qualität bei niedrigeren Kosten gewährleisten. Einsparungsmöglichkeiten scheinen demnach vorhanden zu sein. Die Identifizierung und die Ausschöpfung bedarf jedoch langfristiger Planung und ist nicht für eine kurzfristige Budgetkonsolidierung geeignet.

Rechnungshof und WIFO nennen noch eine Reihe weiterer Einsparungsmöglichkeiten doch bauen diese entweder auf langfristigen Reformen auf, die für eine kurzfristige Budgetkonsolidierung nicht geeignet sind oder es handelt sich um Pauschalkürzungen aufgrund internationaler Benchmark-Vergleiche ohne konkrete Vorschläge. Es zeigt sich somit, dass Einsparungen nur durch Effizienzgewinne und ohne Pauschalkürzungen wahrscheinlich nicht in dem für die eingangs erwähnten Konsolidierungsziele ausreichendem Ausmaß erzielt werden können. Steuererhöhungen werden somit notwendig sein.

Rechnungshof und WIFO zeigen jedoch sehr wohl, dass sinnvolle Einsparungsmöglichkeiten vorhanden sind. Es bleibt die Frage ob es die Regierung auf sich nimmt diese auch zu nutzen oder lieber die bequemere Variante von pauschalen Kürzungen in allen Bereichen wählt, wie dies im Bundesfinanzrahmengesetz bereits vorgegeben ist. Die großen Sparankündigungen der ÖVP sollten daher nicht im Vorhinein abgewehrt, sondern dazu benützt werden den Fokus der Einsparungen auf die oben erwähnten Bereiche zu richten.

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3 Responses to Alle Jahre wieder – Die Verwaltungsreform

  1. Rafael Wildauer 4. Oktober 2010 at 15:26 #

    es ist ja auch die intention von dem artikel sich anzuschauen was „die“ verwaltungsreform für die budgetkonsolidierung bringen kann. und es stimmt bzw. ist ja auch die aussage von dem artikel, dass einsparungen in der verwaltung durch eine bessere strukturierung nur schwer zu beziffern und kurzfristig nicht zu realisieren sind.

    die einsparungsdiskussion, in deren zuge über eine verwaltungsreform diskutiert wird, ist der zweite inhaltliche strang des artikels und da ist die aussage es gibt bereiche in denen es möglich ist sinnvoll einzusparen abseits der verwaltungsorganisation. die subventionen und förderungen beinhalten (wie im artikel auch angeführt) die förderungen für spitäler und zuwendungen an die öbb. es geht nicht darum zu sagen es ist besser wenn in diesen bereichen weniger ausgegeben wird (vorallem gehts im gesundheitsbereich eher um den mitteleinsatz wie um absolute einsparungen. denke da an die diskussion um ambulante behandlung und kleinkrankenhäuser). selbst wenn mensch den gesamten gesundheitsbereich herausrechnet (zahlen für 2007), dann belaufen sich die subventionen immer noch auf 3,8% vom BIP.
    vor diesem hintergrund und aufgrund der situation dass förderungen auf allen ebenen und oft unkoordiniert vergeben werden, die sinnhaftigkeit von agrarsubventionen ohnehin mehr als fragwürdig ist und auch die wohnbauförderung eine gießkannenaktion darstellt, finde ich es daher sehr wohl angebracht zu sagen diese bereiche sollen unter die lupe genommen werden.

  2. Georg Feigl 1. Oktober 2010 at 14:28 #

    Es ist bezeichnet für die Diskussion zur Verwaltungsreform, dass auch in diesem Artikel bestensfalls einer der 4 Vorschläge (Förderalismusreform) mit einer Verwaltungsreform im engeren Sinne zu tun hat. Hat sich die Verwaltung qualitativ verändert, wenn die darin einmal tätig gewesenen weniger Pension erhalten? Oder Beamte weniger Lohn erhalten? Man kann darüber diskutieren ob hier Kürzungen gerechtfertigt sind oder nicht – so oder so hat es dann allerdings nichts mit einer Verwaltungsreform zu tun.
    Darüber zeigt der Eintrag einmal mehr, wie leicht es ist Hausnummern ohne genaue Prüfung wiederzugeben. So sind etwa die Förderungen in Österreich nur deshalb überdurchschnittlich hoch, weil es hier besonders viele Ausgliederungen gibt (etwa Spitäler), die sich statistisch dann als Subventionen darstellen. Auch hier stellt sich – neben der Sinnhaftigkeit des Sparvorschlages – die Frage: Ist die Verwaltung reformiert, wenn Spitäler weniger Geld erhalten oder weniger Investitionen in die Schieneninfrastruktur getätigt werden? Wohl nicht …

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  1. Lohnerhöhungen statt Steuersenkungen | blog.sektionacht.at - 10. Oktober 2011

    […] keinesfalls von den Möglichkeiten einer Staats- und Verwaltungsreform ablenken, die nach Ansicht mancher AutorInnen am Blog 8 (zu denen ich mich zähle) erhebliche Mittel freisetzen könnte, nach Ansicht anderer […]

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