Über politische Ökonomie lässt sich trefflich streiten. Über den Irrsinn manch ökonomischer Analysen aber nicht mehr. Eine Serie.
In der gestrigen Ausgabe der Presse forderte IHS-Ökonom Bernhard Felderer Einsparungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Abbau der krisenbedingt gestiegenen Staatsschulden. Soweit, so irre. Denn sowohl ausgabenseitige Kürzungen als auch die Erhöhung indirekter Steuern treffen einkommensschwächere Schichten überproportional. Das schwächt nicht nur die ohnehin dahindümpelnde Massenkaufkraft, sondern es bestraft genau jene Leute für die Krise, die am allerwenigsten zu ihr beigetragen haben. Eine so offensichtliche Ungerechtigkeit, dass sie auch Presse-Interviewer Franz Schellhorn auffällt:
Und das Argument, dass höhere Mehrwertsteuern Bezieher niedrigerer Einkommen stärker träfen…
Felderer: Das wird zwar immer wieder behauptet, ist aber ein Irrtum. Jeder zahlt 20 Prozent; wir haben es hier mit einer Flat Rate zu tun
Und wen, wenn nicht Menschen mit niedrigeren Einkommen trifft eine „Flat Rate“ überproportional? Schließlich zahlen beide, der Einkommensmillionär und die Mindestrentnerin 10 bzw. 20 Prozent Mehrwertsteuer für ihre Einkäufe. Relativ zum Einkommen wird die Mindestrentnerin dadurch von der Mehrwertsteuer viel stärker belastet als der Millionär. Wieder hakt Schellhorn nach:
Jemand, der wenig verdient, wird von einer „Flat Rate“ auf Nahrung doch stärker belastet, als jemand, der viel verdient, oder?
Felderer: Das wäre dann auch jetzt schon der Fall. Zudem bleibt die Frage: Wo will der Staat sonst das Geld für seine hohen Ausgaben hernehmen? Natürlich müssen Ausgaben zurückgenommen werden, das allein dürfte aber nicht reichen.
Was ist das für ein Argument? Nein, das wäre dann nicht nur jetzt schon der Fall. Das IST jetzt schon der Fall. Die degressive Wirkung der Mehrwertsteuer ist der Grund dafür, dass einnahmenseitig trotz Lohnsteuerprogression kaum ein Umverteilungseffekt erzielt wird. Wenn umverteilt wird, dann Ausgabenseitig über Sozial-, Transfer- und Infrastrukturleistungen. Nur gut, dass diese „Ausgaben zurückgenommen werden“ müssen, wenn es nach Felderer geht.
Was will man denn von Felderer? Der ist doch seit ewig und einem Tag Sprachrohr der besitzenden Klasse in Österreich. Schwafelt ständig von Einsparungspotentialen die darauf hinauslaufen, Menschen, die nix haben, Geld wegzunehmen, um es den so genannten „Leistungsträgern“ zu geben. Also jenen Leuten, deren einzige Leistung darin besteht, von der Arbeit anderer zu leben und das übrig gebliebene Geld auf die hohe Kante zu legen. Was dazu führt, dass zehn Prozent der Bevölkerung zwei Drittel aller Vermögenswerte besitzen. Aber die sind für einen Felderer natürlich Heilige Kühe.
Die irrige meinung eines felderer
ist nicht einmal für fruchtbare
landwirtschaft anzuwenden.
Selbstverstänlich müssen besser/
höher verdienende mehr steuern
zahlen als gering verdienende.