Eva Maltschnig*
Als SPÖ-Mitglied ist man da ja Expertin am Spielfeldrand, darum folgende Info zum Spielablauf an alle neu zugeschalteten Gäste dieses Ereignisses:
Schritt 1: Die SPÖ verliert eine Wahl, macht irgendwas dummes oder irrationales.
Schritt 2: Zeit für Sozialdemokratie-Analysen: Das beliebteste Genre zwischen Meinungsspalte und Innenpolitik, Feuilleton und Politikklatsch wird ausgepackt – “Ist die Sozialdemokratie noch zu retten”, schallt es aus den Redaktionsstuben und dem Internet.
Schritt 3: Weil alles recht unübersichtlich ist, konzentriert sich die Debatte auf das Simple. Sind das einfach alles Wappler? Die Berater, die sich zu dieser Phase der Debatte noch vors Mikro trauen, wissen: Sicher.
Schritt 4: Wer ist der Messias? Heftig wird in den Innenpolitik-Redaktionen herumtelefoniert und jemand gesucht, der nicht dementiert, schon einmal vorm Einschlafen darüber nachgedacht zu haben, SPÖ-Parteivorsitzender zu werden. Dann wird heftig herumtelefoniert und ein Funktionär oder eine Funktionärin gesucht, der/die einen anderen Satz als “Wir stehen geschlossen hinter Allem und Jedem”, sagt.
Schritt 5, Variante 1: Irgendjemand mit Hausmacht in der SPÖ hat die Schnauze voll, wittert eine Chance und versucht durch intensive Hinterzimmergespräche, eine neue Person (oder sich selbst) zu installieren. Was diese Person dann anders macht, und warum’s dann besser werden soll, darf man aber nicht fragen, weil jetzt muss mal das dringende Personalproblem gelöst werden und dann brauchen wir Geschlossenheit, und sicher keine Strategiedebatten.
Schritt 5, Variante 2: Alle SpitzenfunktionärInnen beißen sich auf die Zunge, in die Wange, schauen auf den Boden, hoffen, dass es schnell vorbei geht. Die Frage, was nun genau geändert wird, um in Zukunft erfolgreich zu sein, darf aber auch niemand laut stellen, weil das wäre öffentliche Kritik und würde großen Schaden anrichten, während “Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen”, selbstverständlich keinen Schaden anrichtet.
Danach folgt wieder Schritt 1.
Das muss nicht so sein. Wenn Parteivorsitzende in Urwahlen durch die Mitglieder gewählt werden, ist klar, wie viel Rückhalt eine Person wirklich hat. Wer meint, er/sie kann es besser, kann sich nicht durch Name-Dropping oder Hinterzimmerdeals durchsetzen, sondern muss zumindest eine Mehrheit der Mitglieder von sich und seinen/ihren Konzepten überzeugen. Und es kann auch nicht per Zuruf in jeder durchschnittlichen Krise nach einer Ablöse verlangt werden, denn kompetitive Wahlen, bei denen mehrere Personen kandidieren, folgen einem bestimmten Regelwerk. Klingt super, aber utopisch? Naja, eigentlich machen es fast alle sozialdemokratischen Parteien so, und das aus gutem Grund.
*Eva Maltschnig ist Vorsitzende der Sektion Acht und kann nicht mehr zählen, wie oft sie die Direktwahl des Parteivorsitzes schon vorgeschlagen hat.
Na ja, da zeigt sich’s, dass es die Österreicher insgesamt nicht so mit der Demokratie haben. Oder irre ich mich?