„Im Namen der Republik“ dürfen wir die höchst freudige Neuigkeit vermelden: Die Klage der Mediengruppe „Österreich“ GmbH gegen eine Vertreterin der Sektion 8 wurde in erster Instanz abgewiesen. Inhaltlich begründet das Gericht seine Entscheidung damit, dass die Vorwürfe aus den Mails der Geklagten an inseratenstarke Unternehmen aus dem Jahr 2016„anerkennt nicht den Ehrenkodex“ und „oftmals vom Presserat verurteilt“ wahr seien und die „journalistische Hetze“ eine zulässige Wertung darstelle.
Rekapitulieren wir kurz, was bisher geschah: AktivistInnen der Sektion 8 hatten im Herbst 2016 im Zuge der Kampagne #KeinGeldfürHetze Emails an inseratenstarke Unternehmen gesendet, in denen wir die ethischen Unternehmensrichtlinien anfragten. War für uns ein Widerspruch zwischen den ethischen Unternehmensrichtlinien (zb „Wir bekennen uns zu gesellschaftlicher Verantwortung der gesamten Umwelt gegenüber: Politik, Ökologie, Investoren, Mitarbeiter,…“) und der Werbestrategie des Unternehmens ersichtlich – nämlich dem Inserieren in Zeitungen, die den Presserat [im Jahr 2016] nicht anerkennen und mittels journalistischer Hetze die Gesellschaft spalten – so machten wir die Unternehmen darauf aufmerksam. Wir kündigten außerdem an, über die Social Media Kanäle der Sektion Acht auch die Öffentlichkeit über diese Widersprüche zu informieren, sodass KundInnen selber entscheiden konnten, ob sie möchten, dass das von ihnen ausgegebene Geld in Werbung in hetzerischen Medien landet.
Im Jänner flatterte uns dann reichlich unerfreuliche Post ins Haus: Die Mediengruppe „Österreich“ klagte uns wegen Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Der Mail-Verkehr mit einem der inseratenstarken Unternehmen (nämlich dem Verbund) hatte seinen Weg zu Wolfgang Fellner gefunden. Im Speziellen wurde uns vorgeworfen, dass folgende Textbausteine aus dem Mail nicht der Wahrheit entsprachen und wir weiters mithilfe von Massenmails zu einem Anzeigenboycott aufrufen würden
- „Die genannten Medien erkennen den Ehrenkodex es österreichischen Presserats nicht an und wurden in der vergangenen Zeit oftmals wegen Verstößen gegen den Ehrenkodex verurteilt“
- „Die Berichterstattung […] zu Menschen, die zu den Schwächsten unserer Gesellschaft zählen […] ist jedoch alles andere als positiv und verletzt zudem häufig deren Privatsphäre, wie an den beim Presserat angezeigten Artikeln der genannten Zeitungen ersichtlich ist.“
- „Die Finanzierung derartiger journalistischer Hetze durch Schaltung von Inseraten in diesen Medien steht in klarem Widerspruch zu Ihren Unternehmensgrundsätzen.“
Eine genauere Erklärung „Was bisher geschah“, samt der genauen Klageschrift findet sich im Blogbeitrag hier.
Im Juli fand die Gerichtsverhandlung am Handelsgericht Wien statt, die geklagte Aktivistin der Sektion 8 wurde vom Anwalt Michael Pilz vertreten, für „Österreich“ war Geschäftsführer Wolfgang Zekert, vertreten durch die Kanzlei Peter Zöchbauer&Partner, anwesend.
Das Urteil erging schriftlich und kann hier (Urteil (1) ) nachgelesen werden (die Namen der Beklagten und der ZeugInnen wurden von uns geschwärzt), die wichtigsten Punkte fassen wir so zusammen:
- Wir versendeten keine Massenmails.
- Die Behauptung, „Österreich“ wurde in der vergangenen Zeit oftmals wegen Verstößen gegen den Ehrenkodex des Presserats verurteilt bezog sich nicht nur auf das Jahr 2016 und ist daher richtig.
- „Die Berichterstattung […] zu Menschen, die zu den Schwächsten unserer Gesellschaft zählen […] ist jedoch alles andere als positiv und verletzt zudem häufig deren Privatsphäre, wie an den beim Presserat angezeigten Artikeln der genannten Zeitungen ersichtlich ist.“ ist keine unwahre Tatsachenbehauptung und damit von der Meinungsfreiheit gedeckt.
- Die Bezeichnung der vom Presserat kritisierten Berichterstattung als „journalistische Hetze“ ist von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Besonders gut gefallen uns folgende Zitate aus dem Urteil
– zum Vorwurf der Klägerin, die Beklagte würde fälschlicherweise behaupten „Österreich“ verletze häufig die Privatsphäre von Menschen, die zu den Schwächsten der Gesellschaft zählen:
Unwahre Tatsachenbehauptungen liegen aber nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor. Notorisch ist auch: Verletzungen der Privatsphäre durch „Österreich“ sind immer wieder Gegenstand von Verfahren vor dem Handelsgericht Wien.
Und weiters
Dass die Beklagte die vom Presserat kritisierte Berichterstattung der Klägerin als „journalistische Hetze“ bezeichnet hat, stellt ein zulässiges und nicht exzessives Werturteil dar, das von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist.
Die Kostenforderungen der Klägerin wurden vom Gericht abgewiesen, die Klägerin hat für die Gerichtskosten aufzukommen.
Die Klägerin hat nun vier Wochen Zeit, gegen dieses Urteil Einspruch zu erheben. Kommt es zu keinem Einspruch, werden wir die zweckgewidmeten Spenden an die Sektion Acht wie angekündigt an „Reporter ohne Grenzen“ weitergeben. Kommt es jedoch zu einem Einspruch, werden wir die gesammelten Spenden solange als „Sicherheitspolster“ behalten, bis das Verfahren sicher abgeschlossen ist.
Nicht zuletzt sei gesagt: Wir freuen uns riesig, dieser Einschüchterungsversuch ging ordentlich daneben! Wir kämpfen weiter!
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