Es wurde zwar schon alles zum epischen Battle Peter Pilz gegen Julian Schmid auf der grünen Bundesliste gesagt, aber noch nicht von allen. Den Unkenrufen gegen die demokratische Listenwahl kann man aber mit aller Deutlichkeit das SPÖ-Modell entgegenstellen. Es zeigt, wie schwierig personelle Frischluftzufuhr ohne Vorwahlen ist, gleichzeitig kann man es viel besser machen, als die Grünen. Wir hätten da ein paar Ideen.
*Eva Maltschnig
Am vergangenen Wochenende verlor Peter Pilz, einer der längstdienenden Abgeordneten des Nationalrats (geschlagen nur von unserem Josef Cap und ÖVP-Mann Auer) die Wahl um den 4. Listenplatz gegen Julian Schmid, der erst eine Legislaturperiode als Jugendsprecher vorweisen kann.“Wie kann man nur?“ fragen nur die Fans von Peter Pilz, die im Meinungs-Internet stark vertreten sind. „Scheiß Basisdemokratie!“ schallt es aus dem Äther hintennach.
Aber was ist denn die Alternative zum grünen basisdemokratischen Modell? Vielleicht der Modus der Wiener SPÖ, wo im wesentlichen die Präsidien der jeweiligen Ebene in großer Weitsicht und noch größerer Weisheit für die Zusammenstellung der Liste sorgen? Das Ergebnis dieses Prozesses ist 2017 erstaunlich. Im Jahr der Erneuerung und des frischen Windes sind auf allen Wahlkreisen außer unserem (Wien Innen-West) dieselben Personen auf Listenplatz 1 wie bei der Wahl 2013. Über die Landesliste zogen zuletzt drei Personen in den Nationalrat ein. Hinter Kern finden sich dort nun Bures, Schieder, Kuntzl, Krainer und dann einige Regierungsmitglieder. Die Zusammensetzung der WienerInnen im SPÖ Nationalratsklub wird also auf spektakuläre Art und Weise genau gleich bleiben.
Wer das nicht will, muss für demokratische Vorwahlen offen stehen. Dass auch alte Hasen solche verlieren können, wenn sie herausgefordert werden, ist etwas Gutes. Dass es kein lebenslanges Anrecht auf ein Mandat gibt, ebenso. Die Sektion Acht fordert dieses Vorgehen für die SPÖ schon lange ein.
Das Glück der SPÖ in dieser Situation ist nun, dass sie aus den verschiedenen Vorwahlen-Modellen, die in anderen politischen Parteien teilweise seit Jahrzehnten etabliert sind, die besten Teile wählen kann. Im Blick auf die grüne Listenerstellung lässt sich, so Parteidemokratie-Experte Oliver Zwickelsdorfer, folgendes schließen:
JA, wir wollen auch Konkurrenz bei „Listenwahlen“.
JA, wir haben nichts dagegen, wenn amtierende MandatarInnen abgewählt werden können. Wir finden das sogar in vielen Fällen gut.
JA, wir sind auch dafür, dass diese Wahlergebnisse dann von allen akzeptiert werden.
Unser Vorschlag unterscheidet sich aber in wesentlichen Bereichen von der Listenwahl der GRÜNEN:
NEIN, wir wollen unsere KandidatInnen nicht nach einem Mehrheitswahlsystem wählen, das große Minderheiten nicht bei der Listenerstellung berücksichtigt – wir schlagen ein Verhältniswahlsystem, nämlich Single Transferable Vote (STV) vor, das eine breite Repräsentanz aller innerparteilichen Strömungen ermöglicht.
NEIN, wir wollen nicht, dass KandidatInnen von Delegiertenversammlungen gewählt werden. Wir fordern eine Direktwahl durch alle Parteimitglieder. Wir können uns sogar vorstellen, dass diese Vorwahlen auch für SympathisantInnen geöffnet werden.
*Eva Maltschnig ist Vorsitzende der Sektion Acht, der Text entstand mit Unterstützung des Parteidemokratie-Experten Oliver Zwickelsdorfer.
Ich finde euren Ansatz interessant. Aber eine Sache beschäftigt mich doch als jemand ohne politische Erfahrung sehr. Auch in eurem Modell ist es den Delegierten, Parteimitgliedern, … nicht möglich eine qualifizierte Entscheidung zu treffen. Bleiben wir am Beispiel der Grünen. Verkürzt haben um Platz vier ein Jugendsprecher und ein Abgeordneter mit Schwerpunkt Korruptionsbekämpfung gekämpft. Niemand wir bestreiten, daß beide Arbeitsgebiete für eine Partei und das Parlament wichtig sind. Die Delegierten konnten an dieser Stelle nur zwischen einem vielleicht sozial schwierigen und einem jungen Menschen der „lieb“ ist wählen. Inhaltlich waren beide überhaupt nicht zu vergleichen! Jetzt muß Schmid mit Spott und Häme leben, die er wohl nicht verdient hat. Mit ihrem Wahlsystem haben es die Grünen nun geschafft Aushängeschilder im Kampf gegen die Korruption wie Gabi Moser, Peter Pilz, …, Budgetexperten wie Rossmann abzuwählen oder an eher unwählbare Stellen zu reihen.
Wäre es auch in eurem Modell nicht sinnvoller gewisse Listenplätze mit gewählten Schwerpunkten für die nächste Legislaturperiode „auszuschreiben“? Als Beispiel 1) Spitzenkandidatin 2) Jugendarbeit 3) Gleichstellungsarbeit 4) Korruptionsbekämpfung. Damit hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Schwerpunkte des Parteiprogramms für die nächste Periode wären sofort klar. Zu jedem Schwerpunkt hätte man ein kompetentes Gesicht das man im Wahlkampf präsentieren könnte. Die Parteimitglieder, Delegierte, … könnten nun die Bewerberinnen anhand ihrer Erfahrung und Expertise vergleichen und nicht mehr nur nach sozialer Verträglichkeit. Die restlichen Listeplätze könnte man frei vergeben um z.B. Nachwuchs die Möglichkeit zu geben sich zu entwickeln. Meiner Meinung nach könnte eine Partei so ihr Profil schärfen und würde gleichzeitig nicht fahrlässig die Menschen abwählen, die maßgeblich ihr Image z.B. in Kampf gegen Korruption geprägt haben. Eure Meinung zu dem Thema würde mich brennend interessieren!