Der Fall Heini Staudinger – Feindbild Finanzmarktaufsicht?

Wenn Heini Staudinger dieser Tage behauptet, er sei Schuster und möchte einfach nur in Ruhe sein Unternehmen führen, ist das angesichts der Anzeigen im Falter zumindest kokett. Es gibt in Österreich eine ziemliche Wut auf die Banken und das Politikversagen ihnen gegenüber. Beides ist berechtigt. Ärgerlich am „Fall GEA“ ist aber, dass die politische Kritik an den Banken vermischt wird mit persönlichen Fragen.

von Silvia Angelo*

Da steht der gute Unternehmer – vulgo Realwirtschaft – der bösen Finanzmarktaufsicht (FMA) – vulgo „Bankenschutzzentrale“ – gegenüber. Dass aufmerksame politische BeobachterInnen die FMA genau umgekehrt wahrnehmen – Stichwort „Bankeninsolvenzrecht“, für das sich die FMA gegen den Willen des Finanzministeriums stark macht -, geht im Trubel der Befindlichkeitsdiskussion unter. Sollten sich die Beamten tatsächlich arrogant verhalten, wie von GEA behauptet wird, ist das menschlich natürlich daneben. Aber nun zum Inhaltlichen: Die FMA verbietet GEA den Sparverein. Nun, das ist gut so. Ein Sparverein ist ein Vehikel, das zu Recht unter das Bankwesengesetz fällt und zwar gerade auch zum Schutz der SparerInnen. Nur weil sich die BeamtInnen angeblich daneben benehmen, ist der Anlegerschutz noch nicht obsolet. So weit, so oberflächlich in der bisherigen Diskussion. Wenn sich dann aber plötzlich ATTAC auch gegen die FMA stellt und ihnen die Frage stellt, ob sie das Bankgeschäft für die Banken retten wollen, dann wird es langsam problematisch. Seit der Pleite von Lehman haben sich kritische linke Kräfte massiv für mehr Regulierung von Finanzplätzen und wohl gemerkt auch Finanzinstrumenten eingesetzt. Das waren immer universelle politische Forderungen, keine der persönlichen Sympathie. Die Einzigen, die sich derzeit über diese Diskussion freuen, sind die neoliberalen Liberalisierer! Der Sparverein ist kein Instrument mächtiger Großanleger und das was Staudinger will, ist im Gesellschaftsrecht zu regeln und nicht im Bankwesengesetz. Dass es dort wahrscheinlich Änderungen braucht, um Unternehmensfinanzierungen leichter zu ermöglichen, ist jedenfalls diskussionswürdig. Den Anlegerschutz für alle Sparvereinsmitglieder dieser Republik deshalb aufzuweichen und die FMA zum neuen politischen Feind zu erklären, ist aber jedenfalls Themenverfehlung.

* Silvia Angelo arbeitet als Wirtschaftswissenschaftlerin in Wien. Wie bei allen Artikeln am Blog der Sektion 8 handelt es sich um die persönliche Meinung der Autorin. Offizielle Standpunkte der Sektion finden Sie auf unserer Homepage.

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10 Responses to Der Fall Heini Staudinger – Feindbild Finanzmarktaufsicht?

  1. Gerhard 3. Mai 2014 at 12:31 #

    Vor vielen Jahren hatte ich bereits Gespräche mit Hr. Staudinger bzgl. Geldmarkt und Finanzierungen. Unsere Einstellung war – Geld darf nicht mit Geld verdient werden, sondern nur durch Arbeit. Dem stimme ich nocjh immer zu.
    Dieser Sparverein, Geldeinleger erhalten 4% Zinsen, agiert, meinem Verständnis nach, wie eine Bank.
    Diese 4 % müssen verdient werden um die Gläubiger zu bedienen. Die Mirarbeiter der Schuhfabrik und GEA müssen diese Zinsen erwirtschaften, somit mehr Druck. Gehälter zu Einsatz der Mitarbeiter stehen in keinem realitätsbezogenem Verhältnis.
    Wozu benötigt ein angeblich gut florierendes Unternehmen soviel Fremdkapital?
    Wird ein (?großer?)Teil dieser Einlagen direkt in das Unternehmen investiert, oder für persönliche Interessen verwendet, z.B. Hotel in Schrems. Könnte zwar als Umwegrentabilität geltend gemacht werden, die „HAKLER“ haben nichts davon.
    Geht eine Bank zu leichtfertig mit Krediten um – wird zurecht kritisiert. In diesem Fall – die Bank hat zu einem Kreditansuchen von Hr. Staudinger NEIN gesagt, das Risiko ist zu groß -ist legitim. Es gibt keine Erklärung von Hr. Staudinger, warum dieser Antrag abgelehnt wurde. Hat das Unternehmen bereits zu viele Schulden bzw. Fremdfinanzierungen?
    Herr Staudinger ist eine sehr schlaue jedoch auch berechnende Person. Aussagen bei öffentlichen Auftritten und Intervies sollten kritischer betrachtet werden.

  2. witzbold49 28. November 2012 at 23:00 #

    @ alle, die diese pseudo-FMA noch immer für seriös halten:

    Die Großen hören auf zu herrschen, wenn die Kleinen aufhören, zu kriechen (c) Friedrich Schiller.

  3. Heinrich Elsigan 22. November 2012 at 05:52 #

    Wir hatten ein NICHT-Durchgreifen bei den Telekom Ostgeschäften der FMA,
    und bei diversen Giebelkreuz Lagerhaus Genossen Geschichten.
    Der Anlegerschutz ist so krankhaft ausgeartet, dass Anlegevermögen auf Kosten des Steuerzahlers gerettet wird. Die message heisst klar:
    „Wir stehen entgegen der neoliberalen Ansicht auf Seiten der Großanleger und des Finanzkapitals zum Schutze des Großkapitalsten und lassen die Arbeiter dafür gerade stehen “

    Da auf politischer Ebene nicht die Trennung zwischen Geschäfts und Investmentbank noch immer nicht vollzogen wurde, wobei der Anlegerschutz nur für die Geschäftsbanken zu gelten hat, zeigt dies eindeutig die Absicht zum Schutz von Risikokapital.
    Damit ist jeder Neoliberale näher bei Marx, weil der dem Risikokapital weniger Schutz gewährt als die Sozialdemokraten.
    Bitte zeigt mir die Stelle, wo Karl Marx oder Leo Trotzki den Anlegerschutz als Eckpfeiler der Sozialistischen Internationalen nennt.

  4. Bernd 21. November 2012 at 16:55 #

    ich halte den herrn staudinger natürlich für anders gstrickt und motiviert als die herren meinl, petrikovics, auer v. welsbach etc. – nichts desto trotz, sollte gea pleite gehen, gibt es viele anleger, die verluste erleiden und eben diese würden sich – so sicher wie das amen im gebet – an den staat wenden und ihm versagen vorwerfen. daher halte ich die prüfung durch die fma für mehr als legitim, wie oben erwähnt, gesellschaftrechtlich gibt es was zu tun, aber deswegen darf man nichtfür sich selbst das bwg verkürzen.

  5. David Walch 21. November 2012 at 16:36 #

    Die Attac-PA lautet wiefolgt: FMA vs. GEA: Grundlegende Lösung muss Bankensektor einbeziehen

    Alternative Finanzierungsformen erleichtern / Banken auf Kernaufgaben beschränken

    http://www.attac.at/news/detailansicht/datum/2012/11/16/fma-vs-gea-grundlegende-loesung-muss-bankensektor-einbeziehen.html

  6. Rafael 21. November 2012 at 13:35 #

    @Thomas Zehetbauer:
    Verstehe die Argumentation nicht. Weil in diesen Fällen der AnlegerInnenschutz nicht ausreichend funktioniert hat, soll man bei anderen auch ein Auge zu drücken?
    Seine Produkte mögen ja gut sein, zur Frage wie seriös seine Finanzen sind empfehle ich diesen Auszug aus einem Interview mit der Presse vom 9.11.:

    Die Presse: Herr Staudinger, Sie hatten in Ihrem Leben schon sehr wenig und sehr viel Geld. Was ist Ihnen persönlich denn lieber?

    Heini Staudinger: Ich habe schon im Jahr 2003 aufgehört, privat Geld zu besitzen. Ich habe kein Bankkonto, kein Sparbuch, keinen Bausparvertrag, keine Lebensversicherung, kein Wertpapier. Wenn ich Geld brauche, gehe ich ins Geschäft und sage: „Bitte gebt mir ein paar hundert Euro.“ Dann unterschreibe ich einen Zettel mit „Danke, Heini“.

    http://diepresse.com/home/wirtschaft/boerse/1311065/Heini-Staudinger_Wir-pfeifen-auf-den-Gewinn

    Kurzum es geht nicht darum alternative Finanzierungsmodelle abseits des klassischen Bankkredits zu verbieten, sondern bei solchen Geschäften ein Mindestmaß an Qualitätsstandards im Finanzgebaren des Unternehmens sicherzustellen.

  7. Thomas Zehetbauer 21. November 2012 at 12:33 #

    Bei Meinl, Immofinanz, AvW wurden tausende Kleinanleger unter den Augen der FMA um Millionen Euro geschädigt.

    Bei Hypo, Kommunalkredit, Volksbanken wurden Millionen steuerzahlende Bürger unter den Augen der FMA um Milliarden Euro geschädigt.

    Und nun kommt diese FMA und will einem Unternehmen schaden, das im Gegensatz zu den unnötigen Finanz-Spekulationen der Banken ein volkswirtschaftlich gefragtes Produkt herstellt? Man sollte den Damen und Herren dort einmal die Bedeutung von schamhaftem Schweigen näherbringen.

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