Leonhard Dobusch
Wenn es in den deregulierten und globalisierten Finanzmärkten der letzten Jahrzehnte und damit auch in der aktuellen Krise soetwas wie einen zentralverantwortlichen Akteur gegeben hat und immer noch gibt, dann sind das Rating-Agenturen. Mit ihren Bewertungen der Bonität sowohl von SchuldnerInnen als auch von einzelnen Wertpapieren von AAA (höchste Qualität) bis D (Zahlungsausfall) befreien sie Anleger scheinbar von der mit jedem Investment verbundenen Unsicherheit – eine im Unsicherheit produzierenden Kapitalismus ebenso nachgefragte wie letztlich unmögliche Funktion. Gleichzeitig bedeutet eine Abstufung in der Bewertung einer Rating-Agentur (z.B. von AAA auf AA) für eine/n Schuldner/in – und sei dieser auch ein Land wie das jüngst von Abstufungen betroffene Griechenland -, dass die Risikoaufschläge auf die Zinsen und damit die Kosten für Schulden steigen.
Die drei größten Rating-Agenturen – Standard&Poor’s, Moody’s und Fitch – kontrollieren zusammen 95 Prozent des Marktes. Ein Oligopol, das sich vor allem für die Aktionäre der Rating-Agenturen bezahlt macht, erzielte Moody’s 2006 doch eine Umsatzrendite von 54 (!) Prozent, zum damaligen Zeitpunkt noch mit bei einem jährlichen Gewinnwachstum von 20 Prozent (alle Daten: Economist). Folge der Machtfülle dieser drei Rating-Agenturen ist aber nicht nur die Bereicherung ihrer Eigentümer, sondern auch eine Verstärkung von Boomphasen sowie eine Verschärfung von Krisen, jeweils durch selbsterfüllende Prophezeiungen und andere Rückkopplungseffekte. Continue Reading →