Häupl-Nachfolge: Lasst uns wählen!

Die Art und Weise von Personaldebatten in der SPÖ ist erbärmlich. Nur Demokratisierung kann der Partei ihre Würde zurückgeben.

Eva Maltschnig*

Was ist eigentlich in der SPÖ Wien los? In der Partei scheint wildes Gerangel um Michael Häupls Nachfolge ausgebrochen zu sein, so steht es zumindest in der Zeitung. Offiziell ist natürlich genau gar nichts. Niemand (außer Häupl) hat eine Kandidatur erklärt, niemand ein Programm vorgelegt. Geredet, diskutiert und mobilisiert wird im Hinterzimmer und über Social Media. In den Medien lesen wir Gerüchte, Mutmaßungen und Unterstellungen. Nicht nur für Außenstehende, auch für aktive Parteimitglieder wie sie in der Sektion Acht der SPÖ Alsergrund organisiert sind, liefert die SPÖ ein unwürdiges Schauspiel ab. In puncto “Würde” fühlt man sich an die Tage der Ablöse von Werner Faymann erinnert. Die einzige Variante, AmtsinhaberInnen abzulösen, ist derzeit öffentliches Mobbing. Selbst ein Blick weiter zurück in die Vergangenheit zeigt das immergleiche Muster politischer Personalauswahl in Österreich: lang wird im Geheimen diskutiert und medial diskreditiert, bevor irgendwann überfallsartig ein Personalwechsel verkündet und in den Gremien durchgewunken wird.

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Personaldiskussionen in der Politik können auch offen und transparent ablaufen, sie können Vorteile für die Parteien bringen. Das zeigt ein Blick ins europäische Ausland. In der Berliner SPD war die Nachfolge von Klaus Wowereit 2014 alles andere als unumstritten. Die Partei fand jedoch in einem Mitgliederentscheid unter drei Bewerbern den geeigneten Kandidaten. Sadiq Khan, großer Lichtblick der britischen Labour Party, holte im Sommer den Londoner Bürgermeistersessel zurück in Labour-Hand. Auch seine Kandidatur ist Ergebnis einer Vorwahl, in der er sich gegen eine starke Mitbewerberin durchsetzen konnte. Und soeben läuft die Vorwahl für den konservativen Spitzenkandidaten der französischen Präsidentschaftswahl. Über 2,5 Millionen BürgerInnen wählten im ersten Wahlgang, teilnehmen durften alle Wahlberechtigten, die zwei Euro zahlten und unterschrieben, konservative Werte zu teilen. Kommenden Sonntag entscheidet die Stichwahl über den Sieger. Nicholas Sarkozy wurde in der ersten Runde von François Fillon und Alain Juppé deutlich abgehängt. Sarkozy akzeptiert das Ergebnis selbstverständlich. Wer sich in einer Wahl durchsetzt, hat die größte Legitimität, wer verliert, weiß genau, wie viele Stimmen bis zur Spitze fehlen.

Ganz anders die Situation in Wien. Mangels erklärter Kandidaturen und vertretener Inhalte, ist eine seriöse Positionierung selbst für Parteimitglieder unmöglich. Weil es an demokratischen Spielregeln fehlt, warten alle nur gebannt auf “Machtworte” des aktuellen Vorsitzenden. Weil es keine transparenten Wahlen gibt, können sich Gruppen unwiderlegbar “die Mehrheit” nennen, und auch behaupten, “die Mehrheit” würde übergangen, kommen sie nicht zum Zug. Weil es an klaren personellen und inhaltlichen Alternativen fehlt, ist das Niveau der Auseinandersetzung tief.

Gegen eine Wahl des oder der Parteivorsitzenden durch die Mitglieder werden zwei Argumente ins Treffen geführt. Einerseits fürchten viele den Kontrollverlust, der mit einer Direktwahl verbunden wäre. Weil die Mitglieder kaum je ernsthaft und mit realen Alternativen befragt werden, weiß eigentlich niemand, wie sie in so einem Fall entscheiden würden. Nicht zuletzt deshalb fürchten viele, dass sie bei so einer Wahl verlieren könnten. Dieses Argument wird deshalb aber kaum offen vorgebracht: eine echte Wahl vermeiden zu wollen, weil man sie verlieren könnte, wäre eine öffentlich nur schwer vertretbare Position.

Andererseits wird betont, dass bei einer offenen Wahl unter den Parteimitgliedern von Außen auf die innerparteiliche Entscheidungsfindung Einfluss genommen werden könnte. Und in der Tat wären bei so einer Wahl jene im Vorteil, die öffentlich und damit medial sichtbar sind. Gleichzeitig ist es aber keineswegs so, und dafür ist die aktuelle Debatte der beste Beweis, dass die etabliert-autokratischen Nachbesetzungsverfahren jenseits medialer Stimmungsmache ablaufen würden. Im Gegenteil, seit Monaten mischt der Boulevard mit klaren Präferenzen und Kampagnenjournalismus in Reinkultur bei der Personaldebatte der SPÖ Wien mit.

Eine Vorsitzwahl mit alternativen Kandidaten und Kandidatinnen durch die Mitglieder wäre ein Befreiungsschlag. Personaldiskussionen verlieren den Geruch von Königsmord, weil Kandidaturen öffentlich sein müssen – wer kandidiert, muss überzeugen anstatt seine Ambitionen möglichst lange geheim zu halten. Die Inhalte rücken ins Zentrum, weil im Wettstreit der KandidatInnen eben deren Ideen unterscheidbar sein müssen. Nebenbei schärft sich so das Profil der Partei. Und schlussendlich sorgt eine Vorsitzwahl für klare Verhältnisse. Man weiß, woran man ist, und kann sich die Gerüchte sparen.

*Eva Maltschnig ist Vorsitzende der Sektion Acht der SPÖ Alsergrund.

One Response to Häupl-Nachfolge: Lasst uns wählen!

  1. Rudolf T.Z. Scheu 30. November 2016 at 08:39 #

    Offenbar will man mit Haeupl einen der letzten FPOe-gegner in der SPOe loswerden.

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