In den letzten Wochen hat die FPÖ eine eindeutige Wende im Bereich der vermögensbezogenen Steuern vollzogen. Strache stellt sich nun gegen eine ursprünglich selbst geforderte Millionärssteuer und möchte Stiftungen unangetastet lassen. Die SPÖ wäre gut beraten, diesen Kurswechsel dem selbst ernannten Anwalt des kleinen Mannes um die Ohren zu schmeißen.
Nikolaus Kowall
Es ist zum schmunzeln. HC Strache, der seit Jahren von der Politik lebt und als Klubobmann der FPÖ ein Gehalt von 14.000 Euro im Monat kassiert, beschwerte sich im Zuge einer FPÖ Klubklausur in Graz über die angeblichen roten Millionäre Faymann, Voves und Häupl. Eine seriöse Diskussion über die Höhe von Politikergehältern ist mit Sicherheit zulässig und die neoklassische Arbeitsmarktlogik, dergemäß man gute Politiker/innen nur bei entsprechender guter Bezahlung bekäme, darf sicherlich bezweifelt werden. Politik ist kein Unternehmen und Politiker/in sollte in erster Linie Berufung, nicht Beruf sein. Dem FPÖ-Klubobmann muss jedoch eine gewisse Doppelmoral konstatiert werden. Der Blinde sticht den Einäugigen die Augen aus. „Wir wissen, was wir verdienen, aber wir stehen dazu“, machte Strache den eindrucksvollen Unterschied seiner Partei zur SPÖ klar.
Wesentlich relevanter ist jedoch ein Kurswechsel in der FPÖ, für den sich auch rote Strateg/innen ganz schnell interessieren sollten. Die FPÖ bewegt sich gegen ihre ursprüngliche Positionierung weg von den vermögensbezogenen Steuern. Wie der Kurier berichtet, hieß es noch am 3. Mai des Vorjahres im blauen Parteipressedienst: „Die FPÖ fordere schon seit geraumer Zeit, die Stiftungsprivilegien zu hinterfragen[.]“ Zwei Tage vorher hatte Strache bei der 1.-Mai-Feier der Blauen in einem Bierzelt in Linz-Urfahr eine Vermögenssteuer für „Superreiche, Stiftungen und Spekulanten“ gefordert. „Die Täter und Spekulanten müssen zur Verantwortung gezogen werden.“ Ebenso verlangte er einen Runden Tisch bei SPÖ-Kanzler Werner Faymann, um über eine „Millionärssteuer, die die wirklich Reichen trifft“, zu debattieren.
In jüngster Vergangenheit kommen plötzlich ganz andere Töne aus den Reihen der FPÖ. Die von Strache als „Nadelstreifsozialisten“ titulierte SPÖ-Führung, würde nun mit „Scheinheiligkeit“ ehrlich verdientes Eigentum besteuern wollen, was die FPÖ ablehne, so Strache letzte Woche in Graz. Auf der Webseite der FPÖ wird noch nachgelegt: „Die sogenannte Reichensteuer, über die jetzt debattiert wird, ist ja nur ein Name, damit die Sache schöner klingt. Schlussendlich wird dabei eine neue Mittelstandssteuer herauskommen. Treffen werde diese Vermögenssteuer Besitzer von Eigentumswohnungen oder Häuslbauer.“ Es ist nicht Straches erster Angriff auf vermögensbezogene Steuern. Bereits in einem Interview mit dem Kurier Ende August meinte Strache „Ich bin gegen eine Reichensteuer“ und weiter „es wäre verrückt, neue Stiftungsgesetze zu machen und ein Stiftungskapital von 60 Milliarden Euro zu gefährden. Das würde Österreich nicht weiterhelfen.“
In der Auseinandersetzung um die Stimmen der Arbeitnehmer/innen sollte die SPÖ diesen FPÖ-Kurswechsel ganz rasch thematisieren. Es ist anzunehmen, dass einige reiche Freunde und Financiers der FPÖ sich HC Strache zur Brust genommen haben, um die unangenehmsten Steuerideen wie die Steuer auf Vermögenssubstanz (Millionärssteuer) und die Verschärfung der Stiftungsbesteuerung von der blauen Agenda zu streichen. In Frage für solche Interventionen kommen alte Haider-Förderer wie beispielsweise Waffenproduzent Gaston Glock, der Chef des Möbelriesen Leiner-Kika Herbert Koch sowie Mitglieder der Industriellenfamilie Turnauer. Also klassische Proponenten jenes kleinen Mannes, den die FPÖ bei ihrer Politik angeblich im Auge hat.