Phänomen Piratenparteien: Umarmen, nicht bekämpfen!

Leonhard Dobusch

All jene, die für die Gründung von „Piratenparteien“ nur ein mildes Lächeln übrig gehabt oder sie für eine lokale, auf Schweden begrenzte Skurrilität gehalten haben, werden derzeit in Deutschland eines besseren belehrt. Beeindruckend sind nicht nur die ersten Mandate für die Piratenpartei in Münster und Aachen im Zuge der jüngsten Landtags- und Kommunalwahlen, sondern mehr noch das Ausmaß an Professionalisierung und vor allem Mobilisierung im Rahmen der Kampagne zur bevorstehenden Bundestagswahl. Eine kleine Übersicht:

  • Den hervorragend gemachten Wahlwerbespot der Piraten haben mittlerweile über 240.000 Menschen auf Youtube gesehen. Er ist dabei aber nur einer von zahlreichen Piraten-Wahlaufrufen, die im Rahmen eines Piratenspot-Wettbewerbs entstanden und nun in einem eigenen YouTube-Channel verfügbar sind. Neben dem Webauftritt sind auch die Plakate (siehe rechts) äußerst professionell und kreativ gestaltet.
  • Um mit dem Wahlwerbespot auch Nicht-Internetnutzer zu erreichen, läuft unter www.ichbinpirat.de eine sehr professionelle Fundraising-Kampagne. Per Fortschrittsbalken lässt sich dort der aktuelle Spendenstand verfolgen – derzeit steht der Balken bei beachtlichen 50.000 Euro aus Klein(st)spenden. Eine derartige Art der Wahlkampffinanzierung ist im deutschsprachigen Raum meines Wissens nach völlig neu und erinnert stark an US-Verhältnisse.
  • Mit mittlerweile über 7.000 Mitgliedern sind die Piraten nach eigenen Angaben („100 neue Mitglieder pro Tag„) Deutschlands mitgliederstärkste Partei, die nicht mit einer Fraktion im Bundestag vertreten ist und haben damit erfreulicherweise die NPD von dieser Position verdrängt. In StudiVZ sind die Piraten überhaupt die mit Abstand mitgliederstärkste Parteigruppe mit über 50.000 UnterstützerInnen.
  • Die mediale Aufmerksamkeit bewegt sich dementsprechend auch auf einem konstant hohen Niveau, Spiegel Online widmet den Piraten beispielsweise eine eigene Themenseite.

Was lassen sich daraus für die Sozialdemokratie im Allgemeinen und die SPÖ im speziellen für Schlüsse ziehen? Continue Reading →

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Bloglinks (2): Fünf Links zum „Blogday“ 2009

Blogday.org beschreibt die Intention hinter dem „Blogday“ wie folgt:

„BlogDay was created with the belief that bloggers should have one day dedicated to getting to know other bloggers from other countries and areas of interest. On that day Bloggers will recommend other blogs to their blog visitors.”

Die Stärke von dezentralen Online-Medien wie Blogs liegt in wechselseitiger Verlinkung von interessanten Inhalten. Denn nicht nur erkunden SurferInnen das Internet in dem sie Links folgen, auch Suchmaschinen reihen ihre Ergebnisse vor allem auf Basis von Anzahl und Aktualität von Links. Hinzu kommt der „virale Effekt“ von Verlinkungen: die allermeisten Blogs werden zwar nur von wenigen Menschen gelesen, das Verlinken und Kommentieren von einzelnen interessanten Beiträgen auf anderen Blogs kann aber dazu führen, dass auch Einträge von eher wenig gelesenen Blogs es letztlich in prominente Blogs und schließlich die „Mainstream“-Medien schaffen. Daraus folgt für Blogs, die versuchen politische (Gegen-)Öffentlichkeit für alternative Themen und Sichtweisen zu schaffen, dass gegenseitige Verlinkung und Zitierung nicht nur eine Frage intellektueller Redlichkeit und seriöser Debatte ist, sondern auch unmittelbar dem gemeinsamen Ziel des alternativen Agenda-Settings dient.

Für den „Blogday 2009“ haben wir nun schweren Herzens fünf Blogs ausgewählt, die in keinem Blogreader von kritisch-sozialdemokratischen LeserInnen fehlen sollten (einige davon sind bereits seit längerem in der Blog-Acht-Blogroll, sollen aber hiermit nocheinmal nachdrücklich empfohlen werden: Continue Reading →

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Leseliste #5: “The Conscience of a Liberal”

In der Serie “Leseliste” werden hier in unregelmäßigen Abständen lesenswerte Bücher, Artikel und sonstige Texte vorgestellt. Diesmal: Paul Krugmans „The Conscience of a Liberal – Reclaiming America from the Right”

Simon Sturn

Seit drei Jahrzehnten steigen die realen Medianlöhne in den USA – je nach Maß – nicht oder kaum während die Einkommenssituation „of a narrow elite today matches its concentration in the 1920s“ (S. 16). Wenn sich Mainstream-Ökonom/inn/en mit den Gründen für die extrem zunehmenden Polarisierungstendenzen in der Einkommensverteilung hin zu Gewinn- und hohen Einkommen beschäftigen – was selten vorkommt –, so werden überwiegend zwei Ursachen genannt: Globalisierung und technologischer Fortschritt, welcher Hochqualifizierte bevorzugt. Demnach hat Einkommensverteilung wenig mit der Zurückdrängung der organisierten Arbeiter/innen/schaft in Form der Gewerkschaften, Makro-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik, oder mit den politisch durchgesetzten Interessen einer kleinen Einkommenselite zu tun.

Paul Krugman – Gewinner des „Ökonomienobelpreis“ 2008   sieht das anders. Vertrat er Mitte der 1990er Jahre noch die obige Standard-Mainstream-Story, so hat er seine Meinung mittlerweile gründlich revidiert und diesen Umschwung auf gut 300 Seiten ausführlich begründet. Was sind laut Krugman die Gründe für die enorme Zunahme der Einkommenskonzentration? Continue Reading →

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Leseliste #4: “Roosevelt und Obama”

In der Serie “Leseliste” werden hier in unregelmäßigen Abständen lesenswerte Bücher, Artikel und sonstige Texte vorgestellt. Diesmal: Rainer Lands Buchkapitel “Roosevelt und Obama – Transformationen des Kapitalismus”

Bereits in den 1930er-Jahren wurde unter dem Stichwort „New Deal“ in den USA ein liberaler Kapitalismus in einen Teilhabekapitalismus umgewandelt. Mit diesem Begriff bezeichnet der aus Ostdeutschland kommende Sozialwissenschaftler und Redakteur diverserer reformsozialistischer Publikationen Rainer Land, ein sozialdemokratisch orientiertes kapitalistisches Regime. Für die 1930er-Jahre hieß das, „die Gewerkschaften erhielten eine feste rechtliche Grundlage, ein formelles Streikrecht wurde eingeführt. Kinderarbeit wurde verboten. Eine staatliche Rente und eine Arbeitslosenversicherung wurden eingeführt, für Industriearbeiter Mindestlöhne festgesetzt. Die Arbeitszeit wurde auf eine 40-Stunden-Woche verkürzt.“ Rainer Land ist überzeugt, dass Barack Obama den Willen und die Chance hat, diesmal unter den sozioökonomischen Voraussetzungen des 21. Jahrhunderts, ein liberales Regime in ein Teilhabe-Regime umzuwandeln, allen antikapitalistischen Unkenrufen zum Trotz: „Aber was macht das schon – Obama oder Hitler, Clinton oder Bush, Carter oder Reagan, Kohl, Lambsdorff oder Brandt – durch die schwarze Brille des antiimperialistischen Klassenkämpfers sehen alle gleich aus.

Rainer Lands äußerst lesenswerter Buchbeitrag ist im von Thomas Flierl und Frank Raddatz herausgegebenen Band „WeltenWenden. 89/09. Arbeitsbuch 2009“ erschienen und online verfügbar.

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Das Versagen der Sozialdemokratie in der Wirtschaftskrise

Versuch einer Analyse

Dominik Bernhofer

Die Sozialdemokratie Europas, und speziell jene in Österreich, befindet sich in einer offensichtlichen Krise. Die aktuelle Regierungspolitik ist dabei weniger die Ursache als vielmehr ein Symptom dieses Niedergangs. Die Gründe liegen tiefer und reichen weit zurück. Das Hauptproblem der SPÖ ist das mangelnde Zutrauen in die Kompetenz und Durchsetzungsfähigkeit der Partei. Innerparteilich ist das Phänomen unter einem Mangel an Mut bekannt.

  1. Der Sozialdemokratie fehlt das sichtbare und fortschrittliche Programm. Die falsche Hinwendung zum 3. Weg und deren Krise hat die Bewegung ideologisch tot zurückgelassen. Die aktuelle Krise (und die damit verbundene Wirtschaftspolitik) verschärfen das Problem zusätzlich. Die wichtigste Voraussetzung einer Erneuerung ist somit die Wiederbelebung der innerparteilichen Debatte zwischen Wissenschaft und Politik. Die Existenzberechtigung der Sozialdemokratie ist die soziale Frage: Der Kapitalismus braucht demokratische Kontrolle. Ein Rückbesinnen auf diese Kernkompetenz bedeutet: 1) Klassische sozialdemokratische Politik auf nationalstaatlicher Ebene vorantreiben, 2) Aufgreifen internationaler und alternativer Politikfelder (EU, ATTAC, etc.), 3) Visionen entwickeln und kommunizieren (neue Finanz- und Währungsordnung, soziale Sicherheit und Partizipation als Menschenrecht, etc.)
  2. Dieses an sich gute und konsensfähige Programm hat mit Widerständen zu kämpfen. Rationalen Argumenten für eine hohe Staatsquote stehen die Interessen jener entgegen, die sie finanzieren. Durch ideologische Vorurteile schaffen sie es, die AnhängerInnen der Sozialdemokratie zu spalten. Die Krise verschärft das Problem zusätzlich. Die SPÖ muss aus diesen Debatte raus, der kapitalistischen Logik die Logik der Demokratie entgegenstellen und auf dieser Basis die eigene Politik kommunizieren. Die Zielgruppe der SPÖ können nur die unteren Einkommensschichten sein. Das zweite große Widerstandsnest gegen sozialdemokratische Politik ist die (selbst verschuldete) Ohnmacht der Politik überhaupt. Nur wenn es der SPÖ und der Sozialdemokratie Europas mit ihr gelingt das Primat des Kapitals zu brechen, kann die Partei wieder als Gestalterin des sozialen Fortschritts auftreten.
  3. Die Sozialdemokratie hat schwere Probleme in den Bereichen Organisation, Kommunikation und Kompetenz. Symptomatisch und ursächlich zugleich ist das grassierende Personalproblem. Die SPÖ braucht einen Wiederaufbau der Vorfeldorganisationen, der genossenschaftlichen Strukturen sowie ein Revival der Arbeiter-Zeitung. Auch andere Möglichkeiten zur Genesung der Partei werden diskutiert. Die Krise der Sozialdemokratie ist fundamental. Es geht nicht um einzelne Wahlergebnisse, sondern um die Existenz der Bewegung als solche. Das muss uns bewusst werden.

Eine detaillierte Analyse dieser drei Punkte liefert die folgende Langfassung: PDF (22 Seiten).

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Plädoyer für einen Neoreformismus

Dieser Text von Leonhard Dobusch und Nikolaus Kowall ist in der Juni09-Ausgabe der Zeitschrift ZUKUNFT erschienen.

Die Finanzmarktkrise mag das Ende des Neoliberalismus als dominante Ideologie einläuten. Wenn er scheitert dann ökonomisch und nicht politisch. Er ist nicht wegen, sondern trotz der Sozialdemokratie am Ende. An der Krise der Sozialdemokratie in einem von Wirtschaftslobbys dominierten politischen System, das Colin Crouch treffend als Postdemokratie (1) bezeichnet, ändert das allerdings wenig. Im Gegenteil, weil die Macht der Wirtschaft auch in der Krise nahezu ungebremst wirkt, erleben wir „Lemon Socialism“ in Reinkultur: Nach Jahrzehnten privatisierter Gewinne, werden die Verluste vergesellschaftet. Auch wenn sie in ihrer neoliberalen Form offensichtlich gescheitert ist, verhindert die weit fortgeschrittene Globalisierung ein zurück zu den (scheinbar) „guten alten Zeiten“ des keynesianischen Fordismus der 1970er Jahre.

Die Krise kann der Sozialdemokratie die Aufgabe der inhaltlichen und organisatorischen Erneuerung nicht abnehmen – im Gegenteil, sie macht sie dringlicher und damit auch komplizierter. Sehr wohl aber sind die Erfolgschancen einer erneuerten Sozialdemokratie durch die Krise so hoch wie lange nicht mehr. Unser Plädoyer für einen „Neoreformismus“ ist eine Skizze, die versucht sowohl aus den Schwächen und Fehlern wie den Erfolgen und Stärken der europäischen Sozialdemokratie nach dem zweiten Weltkrieg Lehren zu ziehen. Sie gliedert sich in vier Teile: Der Diskussion prinzipieller Charakteristika reformistischer Ansätze folgt eine Analyse der Probleme des historischen Reformismus und ein Versuch zu klären, worin das „Neo“ in unserem „Neoreformismus“ besteht. Der letzte Teil widmet sich konkreten Handlungsableitungen für sozialdemokratische Parteien. Continue Reading →

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Irre ÖkonomInnen (1): Bernhard Felderer

Über politische Ökonomie lässt sich trefflich streiten. Über den Irrsinn manch ökonomischer Analysen aber nicht mehr. Eine Serie.

Leonhard Dobusch

In der gestrigen Ausgabe der Presse forderte IHS-Ökonom Bernhard Felderer Einsparungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Abbau der krisenbedingt gestiegenen Staatsschulden. Soweit, so irre. Denn sowohl ausgabenseitige Kürzungen als auch die Erhöhung indirekter Steuern treffen einkommensschwächere Schichten überproportional. Das schwächt nicht nur die ohnehin dahindümpelnde Massenkaufkraft, sondern es bestraft genau jene Leute für die Krise, die am allerwenigsten zu ihr beigetragen haben. Eine so offensichtliche Ungerechtigkeit, dass sie auch Presse-Interviewer Franz Schellhorn auffällt:

Und das Argument, dass höhere Mehrwertsteuern Bezieher niedrigerer Einkommen stärker träfen…

Felderer: Das wird zwar immer wieder behauptet, ist aber ein Irrtum. Jeder zahlt 20 Prozent; wir haben es hier mit einer Flat Rate zu tun

Und wen, wenn nicht Menschen mit niedrigeren Einkommen trifft eine „Flat Rate“ überproportional? Schließlich zahlen beide, der Einkommensmillionär und die Mindestrentnerin 10 bzw. 20 Prozent Mehrwertsteuer für ihre Einkäufe. Relativ zum Einkommen wird die Mindestrentnerin dadurch von der Mehrwertsteuer viel stärker belastet als der Millionär. Wieder hakt Schellhorn nach:

Jemand, der wenig verdient, wird von einer „Flat Rate“ auf Nahrung doch stärker belastet, als jemand, der viel verdient, oder?

Felderer: Das wäre dann auch jetzt schon der Fall. Zudem bleibt die Frage: Wo will der Staat sonst das Geld für seine hohen Ausgaben hernehmen? Natürlich müssen Ausgaben zurückgenommen werden, das allein dürfte aber nicht reichen.

Was ist das für ein Argument? Nein, das wäre dann nicht nur jetzt schon der Fall. Das IST jetzt schon der Fall. Die degressive Wirkung der Mehrwertsteuer ist der Grund dafür, dass einnahmenseitig trotz Lohnsteuerprogression kaum ein Umverteilungseffekt erzielt wird. Wenn umverteilt wird, dann Ausgabenseitig über Sozial-, Transfer- und Infrastrukturleistungen. Nur gut, dass diese „Ausgaben zurückgenommen werden“ müssen, wenn es nach Felderer geht.

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Europa ist der Schlüssel

Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) hat bei den EU-Wahlen vor allem deshalb verloren, weil sie nicht weiß, was sie mit Europa anfangen soll. Das Paradoxe dabei ist, dass niemand Europa so sehr für seine politischen Ziele braucht, wie die Sozialdemokratie.

„Kommentar der Anderen“ von Nikolaus Kowall in „Der Standard“

Die Niederlage für die SPE bei den EU-Wahlen hat, abgesehen von innenpolitischen Spezifika, vor allem zwei Gründe. Nach 20 Jahren Koketterie mit dem Neoliberalismus fehlt es an Wirtschaftskompetenz einerseits und an Glaubwürdigkeit bezüglich eines Kurswechsels andererseits. Progressive Vorstellungen über die Organisation der sozialen Marktwirtschaft sind nur noch marginalisiert in der innerparteilichen Opposition vorhanden. Die Führungsebene der europäischen Sozialdemokratie hat jene Deregulierungspolitik die zur Krise führte selbst mitgetragen. Sie kann den Menschen nicht von heute auf morgen eine Alternative zum Wirtschaftsliberalismus glaubhaft vermitteln, weil sie keine hat. Das spürt die Bevölkerung und wählt jene Parteien, die zumindest mit dem Thema Wirtschaft assoziiert werden, wie der Wahlsieg der Konservativen beweist. Die Zündler werden zur Feuerwehr gemacht, weil die Menschen sich politisch nicht orientieren können. Die Sozialdemokratie hat die dazu notwendigen Ecken und Kanten längst geschliffen. Dabei müsste die Schaffung einer Sozialunion das prioritäre Kampffeld der SPE sein. Jede nationale Lohnerhöhung und jede progressive Steuer kann ein Wettbewerbsnachteil gegenüber jenen Ländern bedeuten, die einen gegenteiligen Kurs fahren. Bei EU-Mindeststeuersätzen, einer gemeinsamen Devisentransaktionssteuer oder im Falle koordinierter Lohnverhandlungen, vermindert sich diese Problematik schlagartig. Europa ist der völlig unterschätzte Schlüssel im Kampf für eine soziale und demokratische Gesellschaft.

Die SPÖ streifte mit ihrer Wahlkampagne immer wieder am ersten Gebot des Provinzialismus an: „In der EU das beste für Österreich herausholen“. Dabei müsste man laut sagen, dass das Beste für Europa auch das Beste für Österreich ist. Die Absenz einer positiven Vision für Europa ist der zweite Grund für das desaströse Wahlergebnis. Der Grundstein für eine „Eurovision“ wäre die Betonung der europäischen Wertegemeinschaft. Natürlich stehen die europäischen Staaten – bei allen Fehlern – für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Damit unterscheiden sie sich jedoch wenig von anderen westlichen Industirestaaten. Auch die USA heften sich diese Werte auf ihre Fahnen. Es gibt darüber hinaus jedoch so etwas wie einen kontinentalen Konsens, der viele Menschen weltanschaulich zusammenhält und identitätsstiftenden wirkt. Teile dieses Konsenses sind in manchen Regionen weniger stark ausgeprägt und einzelne Regierungen mögen gelegentlich daraus ausbrechen, aber im Großen und Ganzen kann man sich in Europa auf die folgenden Werte verlassen: Continue Reading →

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Rückenwind ohne Glaubwürdigkeit

Vor den EU-Wahlen zeigt sich in europäischen Umfragen, dass die Konservativen in Straßburg eindeutig die größte Fraktion bleiben werden. Anhand von SPD und SPÖ kann exemplarisch erklärt werden wieso trotz  Finanzkrise und Verteilungsdebatte kein neues sozialdemokratisches Zeitalter anbrechen wird.

Nikolaus Kowall*

Eigentlich, so denkt man, müsste die Sozialdemokratie in Europa dieser Monate ein leichtes Spiel haben. Zum zweiten Mal in 80 Jahren scheitert ein aggressiver Wirtschaftsliberalismus, gleichzeitig scheint in den USA ein nachhaltiger politischer Paradigmenwechsel vonstatten zu gehen. Banker/innen in der Londoner City müssen sich tarnen, in Frankreich mobilisieren die Gewerkschaften die Massen und in Österreich wollen selbst ÖVP-Landesorganisationen über Vermögenssteuern diskutieren. Das nennt man wohl Rückenwind. Sozialdemokratische Ideen haben derzeit Konjunktur, das Problem der namensmäßig zugehörigen Parteien ist nur, dass sie sich von selbigen zwecks „Regierungsfähigkeit“ schon längst entfernt haben. Vielleicht wäre die eine oder andere europäische SP in den letzten 20 Jahren nicht an der Regierung gewesen, wenn sie sich dem Zeitgeist entgegengestellt hätten. Schade für die jeweilige Führungsgarnitur der Partei, irrelevant für die sozialdemokratische Idee. Etliche Parteien der Arbeiter/innenbewegung hätten als konsequente Opposition wohl mehr bewirken können als in der Regierung. Continue Reading →

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