Linke Köpfe: Bertolt Brecht
von Matthias Gazso*
Politisch links und damit per se ein Störenfried, bringt er den Klassenkampf auf die Bühne, prangert soziale Ungerechtigkeit an und hält denen den Spiegel vor, die auf Kosten anderer leben, aber auch denen, die sich ausbeuten lassen. So zeichnet Brecht in Die heilige Johanna der Schlachthöfe das Bild einer Schaukel, auf der nur wenig Leute auf einer Seite oben sein können, weil auf der anderen Seite viele Leute unten sein müssen.
„Eine Antwort auf Fragen der Gegenwart, wenn man nicht völlig dämlich ist, lässt sich bei Brecht finden“, sagte Claus Peymann, einer seiner Nachfolger am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin. Ein Stelle aus den Flüchtlingsgesprächen, in denen Brecht seine eigene Flucht vor den Nazis über Prag, Wien und Zürich nach Dänemark, später nach Schweden, Finnland und in die USA verarbeitete, veranschaulicht Peymanns These:
“Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.”
Im Exil in den USA, gerade im selbsternannten Land der Freiheit, muss Brecht seine Überzeugungen als Kommunist leugnen. So sagt er vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe zwar wahrheitsgemäß, nie in einer kommunistischen Partei gewesen zu sein, auch nicht in Deutschland, reist jedoch am nächsten Tag zurück nach Europa.
Als Kommunist, der die DDR abscheulich fand, hatte es Brecht im Nachkriegsdeutschland auch nicht viel leichter. Zum Trotz nahm er 1950 die österreichische Staatsbürgerschaft an. Als Dank kam es 1953 zum Wiener Brecht-Boykott, der bis 1963 hielt.
Und jetzt: „Glotzt nicht so romantisch!“
* Matthias Gazso ist Kellner und engagiert sich in der Arbeitsgruppe Ideologie und Geschichte der Sektion 8.
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