Zur Lage der Flüchtlinge in Österreich gibt es gerade verhältnismäßig viel Berichterstattung, die Zahlen, Fakten und historische Vergleiche bemüht, von denen wir einige gesammelt haben. Die tendenziöse Berichterstattung zu Griechenland geht weiter, ebenso aber auch die Kritik daran.
Außerdem noch in den Links der Woche: Die Berliner Naturfreunde haben einen alternativen Staatsschutzbericht geschrieben um ihr Misstrauen gegenüber dem Amt zum Ausdruck zu bringen, und ein Jahr nach dem Tod von Michael Brown im Fergueson addressiert der Historiker Colin Gordon das gesellschaftliche Erbe der Segregation in den USA.
Inhalt
Medien & Archive
Die Berliner Naturfreunde sind sehr engagiert gegen den deutschen ‚Staatsschutz‘, der bewußt in Anführungszeichen geführt wird: ihr bester Streich in ihrem Engagement seit den NSU-Morden ist ein nun veröffentlichter und hier abrufbarer alternativer Staatsschutzbericht, in dem sie ‚brutalstmögliche Aufklärung‘ betreiben. Der Freitag berichtete.
Die Griechenlandkrise ist im Hang zur tendenziösen Berichterstattung, die sie zutage gebracht hat, bislang unübertroffen. Simon Rothöhler ärgert sich im Freitag wortgewaltig und amüsant über Jauch & Co. und mutmaßt: „Dem schrecklich bornierten Staatsfernsehen hilft vielleicht wirklich nur noch das von ihm selbst munter propagierte „Gesundsparen“. Unbedingt ausnehmen sollte man davon jedoch etwas, das die Sender zwar reichhaltig besitzen, aber kaum mehr intellektuell bewirtschaften: ihr Archiv.“
Nicht zu Herzen nimmt sich diesen Ratschlag das deutsche Bundesarchiv, das laufend historisches Filmmaterial vernichtet, und das im großen Stil. Ebenfalls nachzulesen im Freitag.
Anneliese Rohrer plädiert gegen zuviel mediale Aufmerksamkeit für Hans Niessls Gebärden im Schulreformprozess und anderswo: „Wenn wir uns irgendeinen Sinn für Relationen bewahrt hätten, wüssten wir heute schon, dass die Reform aus ganz anderen Gründen – Führungsschwäche und mangelnde Bildungskompetenz, Planlosigkeit und Mangel an Ideen etwa – scheitern kann und vielleicht wird. Sicher aber nicht daran, dass der ehemalige Hauptschullehrer Niessl nicht am Verhandlungstisch sitzt.“
Rassismus & Gesellschaft
Sprache prägt einen Diskurs, so auch in der aktuell geführten Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen, in der gefährliche Begriffe verwendet werden. Ein Bericht auf orf.at.
Wie ist das genau mit den Asylsuchenden vom Balkan? Der Spiegel klärt auf.
Als die Republik noch tat, was zu tun war: auf Orf.at gibt es eine Übersicht über den Umgang Österreichs mit den Flüchtlingen aus Ungarn und den restlichen Oststaaten in den 90ern. „Die Betreuung von Asylwerbern und Kriegsflüchtlingen sei vor 20 Jahren „von Beamten gemacht“ worden, die keine „Welle“ und keinen „Ansturm“ vor sich sahen, sondern eine Aufgabe, die es zu lösen galt“. Und: Damals wurde auch der Arbeitsmarkt für die Ankommenden geöffnet, um ihnen zu ermöglichen, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.
„Rechtsextreme Parteien machen im Internet Stimmung gegen Asylbewerber. Wenn dann Flüchtlingsheime brennen, sagen sie: Wir waren das nicht, aber wir verstehen es.“ Ein Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über die aktivistische und tatkräftige Beteiligung Rechtsextremer an rassistisch motivierten Gewaltverbrechen.
Gestern vor einem Jahr ist der 19-jährige Michael Brown erschossen worden: 12mal wurde auf ihn gefeuert, sechsmal wurde er getroffen, danach lag sein toter Körper stundenlang auf der Straße. Anlässlich des traurigen Jahrestages schreibt der Historiker Colin Gordon im Dissent Magazine über das Erbe der Segregation im amerikanischen Süden.
Dass 3% aller amerikanischen Männer mit afrikanischen Wurzeln im Gefängnis sitzen, kann ebenfalls nicht gesondert der Geschichte der Sklaverei betrachtet werden. Über die strukturellen Nachwirkungen des Sklavenhandels bis in die heutige Zeit schreibt Konrad Ege im Freitag.
Arbeit
Seit dem Ausbruch der Krise 2009 erlebt Irland eine Auswanderungswelle von jungen Menschen, die dem Land nun fehlen: die Süddeutsche berichtet.
Arbeitssoziologe Jörg Flecker schreibt im Standard-Kommentar über die Rhetorik der „harten Hand“ gegenüber Arbeitslosen. Dabei hat er ein paar spannende Argumente für die Diskussion parat, zum Beispiel dieses hier: „Wenn man für die miesesten Jobs niemanden findet, hebt das insgesamt die Qualität der Arbeitsplätze und letztlich auch die Produktivität. Den einzelnen Arbeitgeber freut das möglicherweise nicht. Er wird nicht verstehen, warum er trotz Rekordarbeitslosigkeit einen gesundheitsgefährdenden, schlecht bezahlten Arbeitsplatz nur schwer besetzen kann.“
Asiye Sel in einem Blogbeitrag der AK über die Faktenlage zu den Querverbindungen zwischen Kinderbetreuungsangebot, Bildungssystem und Rekrutierungskultur bei Berufstätigkeit unter Frauen mit türkischem Migrationshintergrund.
Das Kosovo mag für eine überwiegende Mehrheit der Deutschen ein fremdes, fernes Land sein – umgekehrt trifft aber genau das Gegenteil zu: der Balkan gehört zu Deutschland wie der Maghreb zu Frankreich und das Commonwealth zu Großbritannien.“Deutschland ist für Albaner oder Bosnier das, was für Algerier und Ivorer Frankreich und für Pakistaner und Migranten aus Ghana Großbritannien ist: das Referenzland – ein Land, das man kennt, dessen Sprache man spricht oder wenigstens im Ohr hat, dessen Fernsehprogramme man schaut, dessen Kultur einem vertraut ist.“ Ein Geschichte der Arbeitsmigration zwischen Deutschland und dem Balkan, im Freitag.
Neue Versuche, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, gibt es derzeit vor allem in den Schwellenländern dieser Welt: Leon Schreiber über Versuche in Namibia, Indien, dem Iran und Brasilien.
Wohnen
Ein Blogbeitrag mit der Forderung nach ‚mehr Slums für Großbritannien‘ hat eine Debatte über den Wohnungsmarkt und Deregulierung ausgelöst: der Autor ist ein 18-jähriger Oxford-Student, erschienen ist der Beitrag auf dem Blog des konservativ-liberalen Adam Smith Instituts.
@ „Rechtsextreme Parteien machen im Internet Stimmung gegen Asylbewerber. Wenn dann Flüchtlingsheime brennen, sagen sie: Wir waren das nicht, aber wir verstehen es.“
Vielleicht wäre es für die „wegweisende“ Analyse der SPÖ-Politik dienlich wahrzunehmen, dass die Stimmung nicht gegen Asylbewerber sondern gegen Scheinasylanten/Asylbetrüger gerichtet ist. Außerdem muss man feststellen, dass nicht nur Rechtsextreme von der Politik ein konsequentes Vorgehen gegen alle unberechtigt im Lande anwesenden wünschen.
Am 1.8. hat Gallup für ÖSTERREICH 33% SPÖ und 31% FPÖ prognostiziert. Mit der angegebenen Bandbreite von +/- 4,9% ginge sich 28% SPÖ und 35% FPÖ aus.
Das bedeutet in meinen Augen, dass die SPÖ vielleicht gar nicht mehr genug Zeit hat, um ihre Politik (und ihre Repräsentanten) dem Erfordernis, das ist der Wählerwunsch, rechtzeitig anzupassen.