Schön, so ein Sommerloch! Endlich Zeit für politische Fragen, die nicht an „die Politiker“ delegiert werden können – unsere Sprache, zum Beispiel. Die Diskussionen zu geschlechtergerechten Texten veranlassen zur gewagten These: JournalistInnen können gut Politik-Kritik, aber keine Selbstreflexion (ein weiteres Indiz dafür lieferte kürzlich der Spiegel). Falsifikationen werden mit Spannung erwartet, hier irren wir uns gerne.
In den Links ist neben Gender und Sprache auch was zum Nahen Osten und Sprache dabei. Und neues aus der Politik-Politik: Über den Linksheits-Grad von Matteo Renzi ist sich das Internet uneinig, und schon wieder hat eine erfolgreiche Direktwahl eines Parteivorsitzenden stattgefunden – die Spanischen SozialistInnen haben einen neuen Chef. Möge es nützen. Schönen Sonntag!
Inhalt
Gender
Die fehlenden Töchter der Forschung
Klaus Taschwer schreibt auf diestandard.at über Österreichs vergessene WissenschaftlerInnen „Frauen mit wissenschaftlichen Ambitionen hatten es im Land der akademischen Männerbünde allzu lange besonders schwer. Viele dieser Pionierinnen waren jüdischer Herkunft, arbeiteten außerhalb der Uni, wurden vertrieben, ermordet – und lange vergessen.“
Quelle: diestandard.at
Die Münchner Bloggerin Kaltmamsell schreibt über einen Brauch, den sie fast vergessen hatte: Die Aussteuer. Mädchen bekamen (bekommen?) ab ihrer Konfirmation zu Geburtstag, Weihnachten und wo es sonst noch Geschenke gibt, Einzelteile ihres zukünftigen Hausstands (Geschirrtuch bis Vorlegbesteck). Sonst nichts. Lesenswert sind auch die Kommentare.
Quelle: vorspeisenplatte.de
Je n’ai pas besoin du féminisme (quoique…)
Ein cooler französischer feministischer Tumblr: „You are tired of those feminists who keep yelling for anything ? You think that it’s ok, now we’ve got the contraception, the right to vote and all those stuffs, and that we won’t complain about not having little things that men have? You think that rape happens because of psychopaths and girls who still wear skirts after 10:00 pm?“ (Die Beiträge sind auch alle ins Englische übersetzt).
Parteivorsitzende
Sanchez neuer Partei-Chef der spanischen Sozialisten
Schon wieder eine erfolgreiche Vorsitzenden-Direktwahl: Pedro Sanchez wurde zum neuen Parteichef der spanischen sozialistischen Partei (PSOE) gewählt. Rund 200.000 Mitglieder waren wahlberechtigt, mit 48,5% der Stimmen konnte Sanchez die relative Mehrheit erringen.
Quelle: derstandard.at / APA
Just How Left-Wing Is Italy’s New Prime Minister?
Interessanter Blick aus den USA auf Italiens neuen Ministerpräsidenten Matteo Renzi, der von vielen Linken kritisch betrachtet wird. Seine ersten politischen Initiativen klingen aber durchaus vielversprechend, so dieser Artikel.
Quelle: thenation.com
Matteo Renzi: Should You Believe The Hype?
Ist Italiens neuer Premierminister Matteo Renzi der Gegenspieler von Angela Merkel? Steht er im Gegensatz zum deutschen Establishment für ein Ende der Austeritätspolitik in Europa? Das bezweifelt Thomas Fazi im Social Europe Journal. Renzi sagt zwar er möchte den 3-Prozent Spielraum den Maastricht bietet nützen (Italiens Defizit liegt derzeit bei 2,6 Prozent), doch der Premier greift die Regeln des Fiskalpakts nicht an. Überdies hat sich der italienische Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble im Wall Street Journal zu einer ‘pro-business, pro-growth agenda’, bekannt. Diese sei auch innerhalb des aktuellen fiskalischen Frameworks erreichbar.
Quelle: social-europe.eu
Wirtschaft
The Pitchforks Are Coming… For Us Plutocrats
In einem offenen Brief an seine reichen Freunde sieht US-Milliardär Nick Hanauer die Mistgabeln schwingen, wenn nicht bald ordentlich umverteilt wird: „These idiotic trickle-down policies are destroying my customer base. And yours too.“
Quelle: politico.com
Die Unterzeichnung des Bretton Woods Abkommens zur globalen Koordination von Handel und Finanzen erfolgte im Sommer vor 70 Jahren. Heiner Flassbeck ist der Auffassung, die weitreichenden staatlichen Eingriffe in den Kapitalismus die mit diesem Vertrag vereinbart wurden würden von heutigen Ökonomen als Quasi-Sozialismus interpretiert werden. Doch gerade dieses Mischsystem aus kapitalistischer Dynamik und staatlicher Regulierung brachte die wirtschaftlich erfolgreichsten 20 Jahre ständig steigender Prosperität mit sich.
Quelle: flassbeck-economics.de
Julian Bank, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Till von Treeck, Professor für Sozioökonomie an der Universität Duisburg-Essen, bespielen zusammen das lesenswerte Blog Verteilungsfrage.org.
Sprache und Internet
Wikipedia-Artikel zum MH17-Absturz: Twitter-Bot meldet Manipulationsversuche des Kreml
Spannender Einsatz von Automatisierung im Web: Der Spiegel schreibt über einen Twitterbot, der immer dann automatisch anschlägt, wenn aus Netzwerken russischer Behörden Einfluss auf Wikipedia genommen wird.
Quelle: spiegel.de
In Gaza, Epithets Are Fired and Euphemisms Give Shelter
Die Macht der Sprache. Jodi Rudoren schreibt in der New York Times über den Social Media Propagandakrieg, der den Gaza-Konflikt begleitet und wie die israelischen Streitkräfte und die Hamas mit Worten um die Deutungshohheit des Konflikts kämpfen.
Quelle: nytimes.com
Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland wird gerne und heftig um innovative, geschlechterbezogene Sprachideen gestritten. Ein feiner Kommentar dazu in der Taz.
Quelle: taz.de
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