Die „Panama-Papers“ bezeugen nicht nur, dass Vermögenden mehr Möglichkeiten offen stehen, ihr Geld „steuerschonend“ anzulegen. Sie bezeugen schlichtweg die immer stärker werdende weltweite Ungleichverteilung von Vermögen und machen diese greifbarer, als es offenbar alle bislang veröffentlichten Statistiken und Fachkommentare dazu vermochten. Das kurze Fenster der Weltöffentlichkeit muss nun für eine gerechtere Finanzpolitik genutzt werden!
Joyce Rombach*
Die „Panama-Papers“, der riesige Datensatz einer Rechtsanwaltskanzlei auf Panama, der von einer anonymen Quelle an internationale Medien gespielt wurde, sorgen für Aufregung. Die bislang ausgewerteten Daten bringen ans Tageslicht, was seit langem common sense ist: wer viel Geld hat, behält sich (allzu oft) gerne möglichst viel davon und nutzt geschickt alle Wege, die offen stehen, um seine wahren Vermögensverhältnisse zu verschleiern. Sei es, um damit Gelder aus kriminellen Taten reinzuwaschen, kriminelle und terroristische Organisationen zu finanzieren oder aber, um dem Finanzamt seines steuereintreibenden Sitzstaats eines auszuwischen.
Dass derlei Versteckspiele von Kriminellen, Diktatoren, Kleptokratien und Autokratien betrieben werden, verwundert wohl niemanden, auch nicht, dass besonders ertragsgierige UnternehmenseigentümerInnen gerne in möglichst niedrig regulierten Gefilden ankern. Zumal der Markt ausreichend Rechts- und WirtschaftsberaterInnen hervorbringt, die gegen entsprechende Remuneration gerne ihre diesbezüglichen Künste zeigen.
Welchen Schluss aber sollen wir aus den „Panama-Papers“ ziehen? Es wäre irreführend einfach anzunehmen, dass „Superreiche“, „Schurkenstaaten“, und „die Banken“ ungehindert ihren Machenschaften nachgehen können. Wahrscheinlich schwingt auch etwas Neid mit, wenn in sozialen Foren und Kommentaren in Medien-Chats nur zu gerne artikuliert wird, dass es sich „die Oberen eh immer richten.“ Zu kurz gedacht ist es auch, den schwarzen Peter internationalen Finanzaufsehern zuzuschieben, weil diese „eh nie was hackeln“, respektive „immer die Falschen“ drangsalieren. Die Bestimmungen zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sind in der EU, in den G 7-Staaten und den meisten anderen „westlichen“ Ländern sehr streng, gerade wird in der EU auch die Umsetzung der 4. Geldwäsche-Richtlinie vorbereitet, welche die Regeln noch weiter verschärfen wird. Einige der bei dem Leak zu Tage getretenen Fälle standen bereits zuvor im Fokus der Aufsicht und waren schon aktenkundig. Bei diesen und auch bei den bislang noch nicht bekannten Verdachtsfällen kann man sich sicher sein, dass sie von den zuständigen Behörden schon allein des öffentlichen Drucks wegen penibel aufgearbeitet werden.
Wir sollten uns also von der vielseitigen Dimension der „Panama-Papers“ nicht durcheinanderbringen oder gar zu Verschwörungstheorien aller Art hinreißen lassen: Die „Panama-Papers“ machen schlicht weg die immer stärker werdende weltweite Ungleichverteilung von Vermögen greifbarer, als es offenbar alle bislang veröffentlichten Statistiken und Fachkommentare dazu vermochten.
Wer es sich leisten kann, darunter auch keineswegs zweifelhafte PolitikerInnen, Personen des öffentlichen Lebens und/oder UnternehmenseigentümerInnen, der greift zu „vermögensbewahrenden Mitteln“ wie etwa einer komplizierten Gesellschaftsstruktur inklusive Briefkastenfirma auf Panama oder den Cayman Islands – oder gründet eine Privatstiftung in Luxemburg, Liechtenstein oder zum Beispiel (vor Inkrafttreten der letzten diesbezüglichen Gesetzesreformen jedenfalls ) in Österreich.
Der Politik ist das lange bekannt, und Steueroasen sind mitnichten nur kleine Inseln, sondern auch große westliche Staaten. Panama ist die aktuelle Nummer 11 auf der regelmäßig von der NGO „Tax Justice Network“ veröffentlichten Liste1 von Steueroasen. Diese wird, wenig überraschend, von der Schweiz angeführt, einem Land in Europa, gefolgt von den USA auf Platz 3. Auf den ersten 10 Plätzen finden sich auch Staaten der Europäischen Union: Luxemburg auf Platz 6, sowie Deutschland auf Platz 8.
Diese Reihung kann recht simpel dadurch erklärt werden, dass sich einzelne Staaten nicht nur in der EU, sondern auch in der internationalen Staatengemeinschaft immer wieder durch Druckausübung Schlupflöcher in den Rechtsordnungen sichern. Sie versuchen durch für Vermögensanlegende günstige Regeln ein wenig am Kuchen mitnaschen zu können.
Die Briefkastenfirmen in Panama sind von einem rechtlichen Standpunkt aus gesehen in den wahrscheinlich überwiegenden Fällen genauso legal, wie es das vorherige Steuermodell von Amazon in Luxemburg war, das Abkommen zwischen Irland und Apple und der Deal zwischen Starbucks und den Niederlanden.
Dass sich das Vermögen auch durch derartige Vorgänge bei immer weniger Menschen auf der Welt konzentriert, während immer mehr Menschen in Armut leben, ihnen Aufstiegschancen aufgrund von Kürzungen des Bildungszugangs verwehrt werden oder soziale Unterstützungen gestrichen werden (um damit, nebenbei, budgetäre Defizite auszugleichen), das nehmen wir jeden Tag unaufgeregt zur Kenntnis.
Die Chance, die die Aufregung um die „Panama Papers“ auch den österreichischen PolitikerInnen jetzt bietet, ist es, das kurze Zeitfenster der Weltöffentlichkeit für gerechtere Finanzpolitik zu nutzen. Jetzt wäre der Zeitpunkt um eine konsequentere Quellbesteuerung von Unternehmen durchzusetzen und Rechtskonstrukte, die darauf ausgerichtet sind, für Behörden möglichst intransparent zu sein, zu verbieten.
*Joyce Rombach ist Jurist und arbeitet in der Finanzbranche in Wien
1 Die aktuellste Liste mit Stand November 2015 findet sich hier: http://www.financialsecrecyindex.com/.
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