Regen? Couch? Drehen Sie Ihre Internetmaschinen auf, wir haben das perfekte Programm! Spaß in den Wirtschaftswissenschaften: Paul Krugman erdachte 1978 eine ökonomische Theorie interstellaren Handels – eine wunderbare Parodie auf den Mainstream in der Ökonomie, schreibmaschinen-getippt. Verschwörungstheorien der Angry White Men: Die Beschimpfungen der „Gamer“ auf Twitter gegenüber feministischen AktivistInnen und Computerspiel-KritikerInnen zeigen Abgründe des Spiele-Publikums auf. Melodrama in der Kunst-Kritik: Warum in der aktuellen Jeff Koons Retrospektive (das ist der mit der Luftballonhund-Skultpur) Marchel Duchamp (das ist der mit dem Pissoir) mit dem ganzen Dadaismus sterben geht. Verantwortung für Menschenrechte: Kik muss sich möglicherweise vor Gericht für den fehlenden Arbeitsschutz seines pakistanischen Zulieferers verantworten. Sehr viele, sehr tolle Links!
Inhalt
International
Menschenrechtler drohen kik mit Klage
MenschenrechtsanwältInnen versuchen in Deutschland einen Prozess gegen den Textildiskonter kik wegen eines Fabrikbrands in Pakistan anzustrengen. Erstmals könnte ein solches Verfahren Unternehmen wie kik zwingen nachzuweisen, wie sie Arbeitsschutzverpflichtungen entlang ihrer Lieferketten nachkommen.
Quelle: spiegel.de
Kuba sollte nach vorherrschender neoliberaler Logik wirtschaftlich gar nicht funktionieren – tut es aber doch, wie die Entwicklungsökonomin Emily Morris (University College London) im New Left Review darlegt.
Quelle: newleftreview.org
Whatever Scotland decides, the old order is dead and buried
Der Beitrag von New Labour zum schottischen Unabhängigkeitsreferendum: „If Scotland votes for independence next week, it is the British establishment – and the establishment alone – that is to blame. The yes surge is not being driven by blood-and-soil nationalism, by dewy-eyed Celtic nostalgia or the resurrection of a Braveheart spirit. It is a defiant protest at a bankrupt order built by Margaret Thatcher and then preserved and entrenched by New Labour.“
Quelle: theguardian.com
Warum Obama alles andere als eine Enttäuschung ist
Am Blog 8 haben wir ja bereits mehrfach über die US-Gesundheitsreform Obamacare berichtet. Aber auch jenseits dieser Leistung gibt es gute Grunde, warum Obama alles andere als eine Enttäuschung ist.
Quelle: deliberationdaily.de
Schweden vor der Wahl: Petter Nilsson von der schwedischen Linkspartei mit einem kritischen Blick auf Möglichkeiten einer Linkskoalition, die regierende Mitte-Rechts-Allianz und deren Politik zu ersetzen.
Quelle: jacobinmag.com
The Life and Death of a „Cool“ City
Das New Republic Magazin analysiert wie Berlin und zunehmend auch andere Städte als „cool cities“ vermarktet werden und damit Gentrifizierung, Immobilienspekulation und andere Probleme heraufbeschwören.
Quelle: newrepublic.com
Wirtschaft
Ja zu Steuern! 7 gute Gründe von neuwal, warum Steuern für unsere Gesellschaft unabkömmlich sind.
Quelle: neuwal.com
The Theory of Interstellar Trade
1978 hat Paul Krugmann, damals noch Assistenzprofessor in Yale eine 15seitige Wirtschaftstheorie des interstellaren Handels aufgestellt, nachzulesen am Princeton-Server. Schon damals hatte Krugman ordentlich beef mit der Orthodoxen Ökonomie, die er mit feiner und witziger Klinge aufknüpft. „This paper is chiefly concerned with the following question: how should interest charges on goods in transit be computed when the goods travel at close to the speed of light? […] A solution is derived from economic theory, and two useless but true theorems are proved.“, und später: „It should be noted, that while the subject of this paper is silly, the analysis actually does make sense. This paper, then, is a serious analysis of a ridiculous subject, which is of course the opposite of what is usual in economics.“
Quelle: princeton.edu
Abkommen von den Abkommen: TTIP als Wiedergänger
Sektionsmitglied Leonhard Dobusch setzt sich in einem auf deutsch und englisch erschienen Beitrag im Eutopia Magazin mit TTIP und dessen Zombie-Klauseln auseinander.
Quelle: eutopiamagazine.eu
Zur Abwechslung, ein Cartoon: First Dog on the Moon, how to upset a billionaire. „Some of the non-billionaires called for the extremely richest billionaires to be a tiny bit less extremely rich. Mayhem ensued“
Quelle: theguardian.com
Last Week Tonight with John Oliver: Wage Gap
John Oliver, wie immer großartig, über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen in den USA.
Quelle: youtube.com
Kunst
Jed Perl in der NY Review of books brilliant über die Jeff Coons Retrospective im Whitney Museum of American Art:“The Koons retrospective is a multimillion-dollar vacuum, but it is also a multimillion-dollar mausoleum in which everything that was ever lively and challenging about avant-gardism and Dada and Duchamp has gone to die.“
Quelle: nybooks.com
Endlich wieder kritisches Theater!
Ähnliches Thema, anderes Medium: „Man kann nichts mehr aussagen, aber das sieht sehr schön aus“, beschrieb ein deutscher Dramaturg das Motto zeitgenössischen deutschen Theaters. Im Neuen Deutschland kritisiert Christian Baron diesen Postmodernismus, der nicht nur, aber vor allem die ArbeiterInnenklasse von den Theatern vertreibt. Am eindrucksvollsten gelingt ihm die Kritik vielleicht mit der Bildunterschrift: „Um eine Kuh in einer Stadtwohnung tanzen nackte Frauen in einer Medea-Aufführung“.
Quelle: neues-deutschland.de
#GamerGate
#GamerGate: Spieler-Revolution oder Rückzug ins Ghetto?
Und wieder wälzt sich ein misogyner Shitstorm durch die Untiefen der social media. Nicht genug dass eine Feministin es sich zur Aufgabe gemacht hat, die großteils noch immer frauenverachtende und chauvinistischen Narrativa und Ästhetiken von Videospielen anzuprangern (Anita Sarkeesian), jetzt haben sich auch noch viele SpielekritikerInnen (Leigh Alexander, Rainer Sigl, etc.) und SpieleproduzentInnen (Tim Schafer, Phil Fisch, etc.) sich auf ihre Seite gestellt. Das war zu viel für eine Handvoll laut krakelender Spieler, die sich selbst als „Core-Gamer“ verstehen und am liebsten nur einen Blockbuster First Person Shooter nach dem anderen spielen würden. Rainer Sigl gibt im Standard einen guten Überblick zu #GamerGate.
Quelle: derstandard.at
‚Gamers‘ don’t have to be your audience. ‚Gamers‘ are over.
Dazu passend ein Aufsatz von der Spiele-Analystin Leigh Alexander (die mit ihrem Twitteraccount auch inmitten des Shitstorms aufs Heftigste angegriffen wird).
Quelle: gamasutra.com
The death of the “gamers” and the women who “killed” them
Auf Ars Technica schreibt Kultur-Redakteurin Casey Johnson einen lesenswerten Beitrag zu #GamerGate.
Quelle: arstechnica.com
Video Games, Misogyny, And Terrorism: A Guide To Assholes
Das Problem von #Gamergate und den fast ausnahmslos persönlichen Angriffen auf feministische SpielerInnen und unabhängigen SpieleproduzentInnen ist, dass Videospiele zwar wirtschaftlich die Kinoproduktion an Umsatz überholt haben in der öffentlichen Wahrnehmung aber noch immer eine Nische darstellen, in der der Bodenlurch unkontrollierter (großteils) männlicher Aggressivität wuchert. Das kritisiert beispielsweise Andrew Todd in seinem – reichlich persönlichen – Kommentar.
Quelle: badassdigest.com
Medien
Der Aufstieg des Datenproletariats
Günter Hack ersetzt in seinem lesenswerten Text über den Aufstieg des Datenproletariats in Zitaten aus dem kommunistischen Manifest die Worte „Bourgeois“ durch „Internet“.
Quelle: zeit.de
Anna-Katharina Meßmer (#Aufschrei) und Christina Schildmann (Friedrich-Ebert-Stiftung) haben drei Typen des zornigen weißen Journalisten gefunden:
1. Der Dandy-Konservative, angetrieben von einem biografisch bedingten Ekel vor linkem „Gutmenschentum“ und vom nie versiegenden Bedürfnis, mit den 68er-Eltern und -Lehrern abzurechnen.
2. Der gewendete Ex-Linke, dessen Vergangenheit als Legitimationsbasis für ein neues Konservativsein dient.
3. Der intellektuelle Berserker, der keine Angst hat, sich die Finger schmutzig zu machen; er stürzt sich, laut brüllend, ins Getümmel.
Quelle: zeit.de
Wissenschaft
Professor in spe für 8,33 Euro die Stunde
Über den Spaß den es bedeutet, sich im Augenblick der Forschung zu verschreiben: „Ich habe den Lebensstandard und das Lebensgefühl eines Studenten“, sagt er. Das klingt beschwingt, doch so ist es nicht gemeint, weil man mit 43 Jahren das Studentenleben durchaus satt haben kann. Wenn er frühere Mitschüler aus seinem Abiturjahrgang trifft, sieht er Mittvierziger in gut bezahlten Jobs mit Kindern. Er hat dann die Rolle des armen Exoten und akademischen Lebenskünstlers.“
Quelle: sueddeutsche.de
Dazu passend: Vier NachwuchswissenschaftlerInnen erzählen in der Zeit von ihren Erfahrungen: „Nach sechs Jahren steht man auf der Straße, egal, was man geleistet hat“
Quelle: zeit.de
Wort zum Sonntag: Ein bösartiger Seitenhieb auf alle Linken und Neoliberalen!
Im Mittelalter war die Schere zwischen arm und reich (zwischen Lehensherrn – Leibeigenen) viel geringer als heute.
Allerdings war mit dem Zehent (Zehnte, 10%) die Besteuerung auch sehr schön extrem niedrig flat tax.
Trotzdem war die Lebensqualität, Bildung, Gesundheitswesen, Lebenserwartung im Mittelalter wesentlich schlechter als heutzutage und das obwohl
a.) die Schere zwischen Arm und Reich viel kleiner war
b.) die Steuern extrem geringer und flat tax mäßiger waren.
Schönen Herbst,
Heinrich Elsigan.