Links der Woche – KW 39

Die Links der Woche konzentrieren sich diesmal auf die Wahl in Oberösterreich und die Erklärungsansätze für die Verluste von SPÖ und ÖVP und für die Gewinne der FPÖ. Wiewohl nun die Flüchtlinge als alles entscheidenden Faktor gesehen werden, kommt man auch hier nicht drum herum, darauf zu verweisen, dass die SPÖ seit Jahrzehnten an Stimmen verliert und auch in Umfragen im Frühjahr diesen Jahres als prognostizierte Verliererin dastand. Die Flüchtlingsfrage mag die Wahlen entschieden haben, aber nicht unbedingt so, wie die Regierungsparteien uns das weismachen wollen.

Ein Zitat von Josef Weidenholzer aus dem August erscheint noch immer passend: „Traiskirchen steht für politische Handlungsunfähigkeit, für administrativen Dilettantismus und für mangelnde Sensibilität. Ja, und es zeigt einmal mehr, dass der Föderalismus die Republik nicht zusammenhält, vielmehr zu einem bedrohlichen Zentrifugalfaktor geworden ist.“

Inhalt

Österreich

Sonja Ablinger argumentiert am Mosaikblog, dass der Ausnahmezustand, der in allen Erklärungen für die Niederlagen der alten Großparteien herhalten muss, eine schlechte Ausrede ist. „„Für Alle“ war der Hauptslogan auf den Plakaten. Man wollte sich mit niemandem anlegen und niemanden vergraulen und zugleich für alle da sein. Im Ergebnis war man für niemanden interessant.“

Ein Beispiel für Regierungsarbeit à la autrichienne gibt es ebenfalls auf Mosaik, wo Sonja Luksik die Idee ‚Asyl auf Zeit‘ umreißt, die von der ÖVP zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise präsentiert wurde. Der enthaltene Vorschlag ist nicht weniger und nicht mehr als geltendes Recht; die Möglichkeit zur Überprüfung, ob ein Asylstatus nach wie vor gerechtfertigt ist, war gesetzlich immer so vorgesehen. In der Praxis werden aus dem schlichten Grund keine Überprüfungen nach drei Jahren vorgenommen, weil es wahnsinnig ressourcenintensiv ist, das zu tun, und sich auch im Fernsehen nachverfolgen lässt, wenn irgendwo ein Bürgerkrieg zu Ende geht und damit ein Land wieder sicher wird.

Nicht aktuell zur Wahl in Oberösterreich, aber einen guten Kommentar zur politischen und gesellschaftlichen Lage in Österreich hat Josef Weidenholzer angesichts des Dramas geschrieben, das der Durchzug von knapp 100.000 Menschen im 10-reichsten Land der Welt verursacht hat. „Traiskirchen ist kein Sommerthema. Es wird nicht möglich sein, im Herbst einfach in der politischen Tagesordnung weiter fortzufahren. Die Landtagswahlen in OÖ und in Wien werden – wenn sich nichts mehr grundlegend ändert – für ein politisches Erdbeben sorgen, dass die politischen Gewichte verschieben wird. Und nicht, weil die Menschen die FPÖ so sehr schätzen, vielmehr, weil sie ihrer Unzufriedenheit Ausdruck geben wollen. In diesem Zusammenhang spielt Traiskirchen als Metapher für die gescheiterte „Ausländerpolitik“ (die sie im Bewusstsein vieler Menschen immer noch ist) eine Schlüsselrolle. Traiskirchen steht für politische Handlungsunfähigkeit, für administrativen Dilettantismus und für mangelnde Sensibilität. Ja, und es zeigt einmal mehr, dass der Föderalismus die Republik nicht zusammenhält, vielmehr zu einem bedrohlichen Zentrifugalfaktor geworden ist.“

Auch Sibylle Hamman’s Text in der Presse zum Wahlergebnis in Oberösterreich ist eine Reihe von bescheidenen und grundsätzlichen Empfehlungen an die politische Kaste, die man alle unterschreiben kann.

Ein Porträt der 101-jährigen Friederike Reithofer im Profil: „Reithofer ist zeitlebens Sozialistin geblieben. Doch sie ist schwer enttäuscht. Das Beste seien noch die Kreisky-Jahre gewesen, meint sie. Seit den 1990er-Jahren gehe es mit der Partei jedoch steil bergab. Das waren die Haider-Jahre, da ging es um Ausländer und Privilegien. Sie habe dem Jörg Haider gut zugehört, doch die Sozialdemokratie habe keine Antworten gehabt. Sie hat damals an die SPÖ-Zentrale geschrieben: „Das ist das Ende der Sozialistischen Partei.“ Sie sieht es als Fehler, dass die SPÖ von vornherein eine Koalition mit der FPÖ ausschließt und sich dadurch der ÖVP ausliefert. Sie vermisst den Willen, den Zug zur Macht.“

Wolfgang Weisgram schreibt im Standard eine Analyse über Rot-Blau im Burgenland, in der eine lange Geschichte der Zusammenarbeit, die Mühen der Regierungs-Ebene für die FPÖ und die verbleibenden Ärgernisse für Hans Niessl beschrieben werden: „Peinigender sind wohl die Ausharrenden wie der Neudörfler Bürgermeister Dieter Posch. Die eröffnen ein linksgewuchtetes Flügelspiel, das einer eng und enger gewordenen „Niessl-SPÖ“ so unangenehm ist, wie es die „innere Emigration“ spätestens beim nächsten Beitragsinkasso sein könnte. Sagt man, hört man.“

Der Autor Manfred Rebhandl unternimmt eine Reise in seine Heimat Oberösterreich und in seine Kindheit, als die Welt dahoam noch „in Ordnung war“.

Frauen

Antiintellektualität und Theoriefeindlichkeit sind der kleinste gemeinsame Nenner des „Anti-Genderismus“, dieser hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschlechterforschung zu diskreditieren. Franziska Schutzbach in der WOZ.

Amy Poehler, Tina Fey, Amy Schumer: feministische Comedians, die Witze über Sexismus und Diskriminierung machen, sind in den USA mittlerweile kein Randphänomen mehr, sondern im Zentrum der Unterhaltungsindustrie angekommen.  Auch im Standard.

Ideologie und Geschichte

Auch außerhalb Österreichs geht es in der Linken rund: die Labour-Wahl als Mini-Polit-Thriller, nachzulesen im Guardian.

Ingrid Brodnig hat im Renner Institut einen tollen Vortrag zum Thema „Misstrauen und Vorurteile in der Politik“ gehalten. Ihren Schwerpunkt legt sie darauf, was das Internet für politsche Kommunikation, Interaktion und Wahrnehmung bedeutet.

Im Politico wird anhand der Figur der französischen Intellektuellen und dessen Niedergang in jüngerer Vergangenheit sowohl erklärt, welche Funktion Intellektuelle übernehmen, als auch die kulturelle Lage Frankreichs erklärt, die von ihrer alten Selbstzufriedenheit derzeit weit entfernt ist.

Netzpolitik

Apple lässt mit dem neuen IPhone Update Werbe-Blocker für den mobilen Browser Safari zu, zum großen Missfallen der Verlags- und Online-Handels-Szene. Warum die Aufregung? Eike Kühl erklärt auf Zeit Online ein paar Hintergründe.

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