Der Kompromiss vom Kompromiss

Gestern wurde im Bundesparteivorstand beschlossen, dass nur ein Teil der Parteireform, die von den Mitgliedern abgestimmt wurde, umgesetzt werden soll. Die Gegenwehr zur völligen Absage war zu groß gewesen, daher brauchte es einen Kompromiss vom Kompromiss. 

Eine Einschätzung von Eva Maltschnig.

Der Punkt, der die meisten Auswirkungen gehabt hätte – die Urabstimmung von Koalitionsabkommen – wird de facto gestrichen. Der Parteivorstand legt nun eine Statutenänderung vor, in der er sich selbst die Wahl überlässt, ob er die Mitglieder bestimmen lässt, oder es lieber selbst beschließt. Die Mitglieder könnten falsch entscheiden, der Parteivorstand nicht, das ist der Gedanke dahinter.

Rhetorisch will sich die SPÖ zwar öffnen. Gastmitglieder sind herzlich willkommen! Aber sobald ein Mitglied wesentliche Fragen mitbestimmen möchte (strategischer und personeller Natur), heißt es in der SPÖ nach wie vor “lieber nicht”. Die Partei ist offen für Fans, aber nicht für Menschen mit politischem Gestaltungswillen.

Der in der SPÖ viel diskutierte Perioden-Paragraph, gemäß dem man nach zwei Perioden eine erhöhte Zustimmung für die erneute Nominierung auf eine Wahlliste benötigt, gilt nun nur mehr für die Bundesliste. Von den aktuell 52 Nationalratsmandaten der SPÖ werden sieben über die Bundesliste bestimmt. Diese ohnehin eher symbolische Regelung betrifft nun also nur noch einen kleinen Teil der potenziellen Abgeordneten.

Soweit es den Medien zu entnehmen ist, werden die restlichen Teile (Gastmitgliedschaft, Mitgliederentscheide, Mitgliederbefragungen, Themensektionen) der ursprünglich von den Mitgliedern beschlossenen Statutenreform am Parteitag unverändert eingebracht.

Nach dem Zick-Zack der letzten Wochen zur Parteireform bleibt eine unangenehme Wahrheit übrig: Zentrale SPÖ-FunktionärInnen halten die eigene Mitgliederbasis für nicht entscheidungsfähig. Sie behalten sich weiterhin alle Weichenstellungen selbst vor, und müssen sich weiterhin nicht einmal durch interne Wahlen den Mitgliedern gegenüber verantworten. Sie ignorieren bereits getroffene Gremienbeschlüsse und Mitgliederbefragungen nach tagespolitischer Opportunität. Dieser Kompromiss des Kompromisses wirkt dementsprechend trist. Er ist nicht genug, um die SPÖ zu einer schlagkräftigen politischen Bewegung umzubauen.

Einigen in der SPÖ ist das durchaus bewusst. Wir waren nicht die einzigen, die sich über die Absage der Reform beschwerten. Viele Mitglieder und einige Teilorganisationen teilten unsere Einschätzung. Hätten wir alle das nicht vehement artikuliert, wäre von den Änderungen gar nichts übrig geblieben. Aufbruchsstimmung kommt mit diesem halben Kompromiss aber keine auf.

Eva Maltschnig ist Vorsitzende der Sektion Acht.

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