Links der Woche – KW 38

Diese Woche in den Links der Woche: Warum auch NichtwählerInnen politisch sein können, wo Amazon neue billige Arbeitskräfte findet und die geplante Überwachungsdystopie in China. Außerdem: die Angststörung als psychische Diagnose unserer Zeit, eskalierende Globalisierungsfurcht und vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen!

Inhalt

Wahlen

Wie sich das Aufwachsen in einem Hartz IV Haushalt anfühlte und warum ihre Eltern nicht (mehr) wählen gehen, davon erzählt die Journalistin Anna Mayr in einem sehr persönlichen Beitrag auf Deutschlandfunk Nova: „Je mehr Geld man hat, desto einfacher ist es, sich als Teil dieser Gesellschaft zu fühlen. Wer mehr verdient, hat auch auf dem Wahlzettel mehr Auswahl. Man kann die FDP wählen, wenn man weniger Steuern zahlen will. Oder die CDU, wenn man will, dass alles so bleibt, wie es ist. Oder die Grünen, wenn man zwar viel Geld hat, aber ein schlechtes Gewissen dabei. Oder die AfD, wenn man denkt, die Flüchtlinge sind an allem Schuld. Meine Mutter hingegen kann sich auf dem Wahlzettel zwischen den Parteien entscheiden, die Hartz-IV eingeführt haben und denen, die es nicht wieder abschaffen wollen.“

Nicht nur der Österreichische Wahlkampf ist leicht verrückt, den Deutschen geht’s genauso. In der Zeit schreibt Jens Jessen, was das mit „eskalierender Globalisierungsfurcht“ zu tun hat. Man kommt nicht umhin, nach der Lektüre Sebastian Kurz als Österreichs leitenden Globalisierungskritiker einzuordnen.

Sie wollten auf einer Plattform Nichtwähler und Nicht-Wahlberechtigte zusammenbringen, damit letztere auch wählen können. Doch jetzt packen Aktionskünstler rund um das Peng Kollektiv aus und sagen: Das Stimmentauschportal „Votebuddy“ war nur eine Attrappe, die ganze Aktion Satire, wie netzpolitik.org berichtet.

Wirtschaft und Arbeit

Wer weiß was „Camperforce“ bedeutet? Amazons unstillbarer Hunger nach hyperflexiblen billigen ArbeiterInnen hat prekär lebende PensionistInnen in Mobilheimen entdeckt, wie auf wired nachzulesen ist.

In den nächsten Wochen wird der BEIGEWUM (Beirat für gesellschafts-, wirtschafts- und umweltpolitische Alternativen) einige Factsheets veröffentlichen. Wichtige Themen sollen somit in kompakter Form vermittelt werden. Den Anfang macht Factsheet I: Mythos „schwarze Null“.

Andreas Sator ist Wirtschaftsjournalist und Podcaster beim Standard. Er hat sich über seine GesprächspartnerInnen Gedanken gemacht – in seinem Podcast zu ökonomischen Themen sprach er bisher nur mit Männern, in der Zeitung steht es seit vier Jahren 46:4 für das männliche Geschlecht. Jetzt hat er sich eine 40%ige Frauenquote verordnet.

International

Auf wired wird berichtet, wie in Indiana versucht wird mittels Big Data gegen die dort grasierenden Opinoid-Abhängigkeit anzukämpfen.

Don Weinland in Hong Kong und Yuan Yang in Dalian haben für die Financial Times Investigation das Netzwerk der nordkoreanischen Briefkastenfirmen und Schiffseigentümer untersucht das trotz der Sanktionen den Prolieferationshandel mit Nordkorea aufrecht erhält.

Axel Dorloff analysiert auf Deutschlandfunk detailiert die digitale Überwachungsdistopie die bis 2020 in China in die Realität umgesetzt werden soll: Zusammenführung aller öffentlichen und privaten Datenbanken und Schaffung eines Sozialkreditpunktesystem für alle 1,4 Mrd Bürger mit Belohnungs- und Sanktionsmechanismen.

Gesellschaft

Der große Teil der Gesellschaft hat ein widersprüchliches Wertebild. Einerseits sollen Grenzen geschlossen werden, andererseits soll man Flüchtlingen helfen. Der Falter berichtet über diese „Value Shifter“ und die zunehmende Stärkung der „Grenzen Dicht“-Meinung durch die Übernahme von Frames des rechten Rands in der politischen Mitte.

Die Angststörung hat die Depression als Diagnose unserer Zeit abgelöst. Laurie Penny gelingt mit diesem Text im The Baffler eine großartige Verbindung zwischen dem Persönlichen und dem Politischen: „Of course we’re anxious: if you’re not anxious and you’re living on the same planet as me, I’d like to know what’s in your medicine cabinet—although I have a feeling it might be money.“

Das Beislsterben verändert Wien, schreibt die Wiener Zeitung. “Großstädte werden zum austauschbaren Spielplatz für internationale Investoren und unleistbar für jene, die sie definieren und bewohnbar machen: Postler, U-Bahnfahrer, Verkäufer, Straßenkehrer – Wirte. (…) Alkohol – und dessen vielschichtiger Missbrauch – ereilt in den Beiseln ein ähnliches politisches Schicksal wie Prostitution und Drogen. Die Probleme werden zunehmend ins Unsichtbare verschoben, anstatt sinnvolle Gesetzgebungen zu schaffen. Städte werden zu antiseptischen Investitionsprojekten. Für die Schwächeren ist Sperrstund’.“ Zum im Artikel zitierten Buch gab es letztes Jahr auch Berichte und Bilderserien im Spiegel, der Zeit und der Süddeutschen.

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