Links der Woche – KW 18

Diese Woche in den Links der Woche: Labour kandidiert mit dem stärksten Programm seit 1992, gerade die schottische Bevölkerung ist aber über weite Teile zu verärgert mit dem politischen Personal der Partei, um sie noch einmal zu wählen. Und langsam werden auch die Langzeitfolgen der amerikanischen Invasion im Irak sichtbar: die chemischen Waffen, die im irakischen Falluja eingesetzt wurden, haben zu höheren Raten bei Folgeerkrankungen wie Krebs und Leukämie geführt als in Japan nach Hiroshima und Nagasaki gemessen wurden.

Außerdem: Antje Schrupp schreibt über den Unterschied zwischen Schuld und Verantwortung in der politischen Debatte, Colin Crouch im 5-Minuten-Interview über die Illusion nationaler Souveränität, und Margot Wallström, die sozialdemokratische Außenministerin Schwedens, weckt mit ihrer Amtsführung Erinnerungen an Olaf Palme.

 

Inhalt

Theorie und Medien

Antje Schrupp schreibt über den Unterschied zwischen Schuld im moralischen Sinn und Verantwortung in der politischen Debatte und hat dabei wie immer einen guten Vorschlag, wie die Politik-Politik ein wenig erträglicher für alle werden könnte: „Nicht nur die „Täter“ und „Mächtigen“ sind für ihr Handeln verantwortlich, nicht nur sie haben Handlungsspielräume – zum Glück, denn es ist keine aussichtsreiche politische Strategie, bloß Forderungen an „die da oben“ zu stellen. […]“. Feminismus, schreibt sie – Politik im allgemeinen, könnte man verallgemeinern, wird wirkungsvoller und interessanter, „Indem wir also gerade nicht moralische Anforderungen an uns selbst oder gar an andere Frauen stellen, sondern durch eine realistische Betrachtungsweise die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass jede im Rahmen ihrer Möglichkeiten tut, was sie kann.“

Kobuk-Dossier über die Kampagne der Krone mit der versucht wird, Druck auf die Politik auszuüben. Der Hauptnutznießer ist natürlich der größte Werbekunde der Zeitung, die Spar-Gruppe. Das Niveau ist gewohnt tief, es wird sogar zur Kommunismuskeule gegriffen und darüber berichtet wie es der Traum jedes Mädchens ist, mal im Europapark (das das schönste Einkaufszentrum der Welt sein soll) auf dem Laufsteg zu stehen. Was bei der Krone passiert ist ein typisches Beispiel vom Verlust der Unabhängigkeit der Medien und vom Einfluss von werbenden Großkonzernen auf die redaktionelle Berichterstattung. Jürgen Gramke, der Vorsitzende vom Arbeitskreis Corporate Compliance, der den „Kodex für die Medienarbeit von Unternehmen“ herausgegeben hat, meint dazu: „Unternehmen können heute in einem Ausmaß redaktionelle Berichterstattung kaufen, wie das früher völlig undenkbar war. Und sie machen davon Gebrauch.“

Krieg und Frieden

Die Bombardements der USA in der Stadt Falluja im Irak haben zu mehr Folgeerkrankungen geführt als jene nach den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Nachdem im Jahr 2004 vier Mitarbeiter der Firma Blackwater getötet und verbrannt worden waren, lieferte sich die amerikanische Armee ein acht Monate langes Stand-off um die Stadt, in der sie, wie sie später zugab, auch weiße Phosphorbomben einsetzte. Im Independent.

Yassin Musharbash ruft bei einem Schlepper an, den er über Facebook (Reisen/Freizeit) gefunden hat: „Bei den Preisen, die der Mann verlangt, nimmt er mit nur einer Überfahrt vermutlich über 100.000 Dollar ein. Und es ist ziemlich sicher, dass sich anschließend niemand beschweren und sein Geld zurückverlangen wird – entweder kommen die Reisenden an; oder sie ertrinken.
So banal, in aller Öffentlichkeit, agieren diese Kriminellen.“ Im Zeit-Blog. Und: Charlie Hebdo hat die Tragödien im Mittelmeer ‚Familienzusammenführungen‘ genannt.

Im Norden Syrien in Rojava baut die kurdische Bevölkerung inmitten des Islamischen Staates, Krieg und Zerstörung eine feministische und radikaldemokratische Enklave, seit Assad’s Truppen sich aus der Gegend zurückgezogen haben. Noch hält sie dabei sogar militärisch dem IS stand – eine Geschichte im Dissent Magazine.

Wahlen

Die Pasokifizierung findet auch bei Labour statt: in der Haltung vieler Schottinnen und Schotten gegenüber Labour ist Ernüchterung und Enttäuschung blanker Wut gewichen. Im Kernland der Partei, wo sie einst 50 von 72 Sitzen gewinnen könnte, werden Labour-Kandidaten nun ‚rote Tories‘ geschimpft und das Wahlergebnis den zweistelligen Bereich vermutlich nicht erreichen. Im Guardian.

Between Labour and a Hard Place. Der ideologische Raum zwischen Labour und Tories war lange nicht so groß wie heute, befindet James Bloodworth von Left Foot Forward in einem Beitrag auf Dissent Magazine: die letzten Wahlen mit einem derartig sozialdemokratischen Programm hat Labour 1992 bestritten. Das Programm findet auch Anklang – die Personen weniger. Gedanken zur Wahl und zu möglichen Szenarios danach gibt es hier.

Politik & Demokratie

Margot Wallström, die sozialdemokratische Außenministerin Schwedens, verfolgt ein neuen, ethischen Ansatz. Ihr Konzept einer ‚feministischen Außenpolitik‘ ist eine willkommene Neuerung, sie weckt aber auch Erinnerungen an die Politik des ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olaf Palme. Sie eckt damit bereits bei der Waffenindustrie und dem westlichen Verbündeten Saudi-Arabien an.

Colin Crouch sagt was Sache ist: Auf dem Weg zu einer wahren europäischen Demokratie müssen wir mit unserem national(istisch)en Posen aufhören und aufhören zu behaupten es gäbe noch nationale Souveränitäten.

Justiz

Wieso werden eigentlich GewerkschafterInnen, die sich gegen angreifende Hooligans wehren, von der Justiz schärfer verurteilt als die Hooligans selbst? Diese berechtigte Frage stellt der folgende Artikel völlig zu Recht, auch wenn man sich dafür durch einen Meter ideologisches Pathos graben muss.

Arbeit & Kapitalismus

Weltweit befinden sich Millionen Menschen in Arbeitsverhältnissen, die einige oder alle Elemente von Sklaverei aufweisen. Besonders lange Tradition hat dabei die Verbindung zwischen dem indischen Subkontinent und dem persischen Golf, die ihren Anfang im Ölboom der 70er-Jahre nahm, als der Bedarf nach Arbeitskräften in die Höhe schnellte. Dabei setzt man setzt bewußt auf MigrantInnen, um ArbeiterInnenrechte niedrig zu halten.

Drei Gründe, warum der deutsche Streik der Gewerkschaft der Lokführer der wichtigste der Berliner Republik ist, hat der Krautreporter.

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