Wieso Pragmatiker/innen bei den ÖH-Wahlen rot wählen sollten

Aus eigener Erfahrung als Studierendenvertreter erinnere ich mich, dass die mit Abstand größte Studierendengruppe die Pragmatiker/innen sind. Diese Gruppe weiß viel weniger gut über die ÖH Bescheid als die stärker politisierten Studierenden. Mit diesem Text möchte ich darstellen weshalb der rote VSStÖ auch für Pragmatiker/innen die beste Wahl ist.

Nikolaus Kowall

 

Gleich vorweg, ich war selbst im Verband sozialistischer Student_innen tätig und zwar an der WU Wien (ja, der Name VSStÖ rangiert punkto Sex Appeal hinter „Normverbrauchsabgabe“ – das liegt daran, dass der Verband 1894 gegründet wurde und Traditionen in der Sozialdemokratie höher gehalten werden als man meinen möchte). Es mag daher auf den ersten Blick wenig überraschen wenn ich empfehle den VSStÖ bei den ÖH-Wahlen 2013 zu unterstützen. Andererseits habe ich, genauso wie viele andere, den Verband sehr bewusst als politisches Tätigkeitsfeld ausgewählt. Es hat nicht die Organisation meine Meinung gebildet sondern ich habe mir eine Meinung über die Organisation gebildet. Weil ich genauso frei denken kann wie es allen Leuten die keiner Partei angehören auch zugestanden wird, möchte ich hier jene Charakteristika festhalten die für mich den VSStÖ auszeichnen. Dabei werden auch Aspekte aus dem konkreten und realistischen Wahlprogramm gestreift, der Fokus liegt jedoch darauf zu erläutern weshalb der Charakter und die Arbeitsweise des VSStÖ nicht nur für politisch, sondern auch für sehr pragmatisch denkende Studierende die naheliegendste Wahl ist. Dazu fallen mir fünf Punkte ein:

Seriosität

Der VSStÖ kann Service und Politik, das ist vielleicht seine größte Stärke, die Konkurrenz schafft oftmals kein so gutes Gleichgewicht. Leider wird von den Medien regelmäßig das simplifizierte Bild gezeichnet, die Spezialität der Rechten sei das Service und jene der Linken die Politik. Das stimmt zumindest nicht für den VSStÖ, weil dieser immer einen starken Fokus auf das Service hatte wie sich zum Beispiel an Hand dieser Zusammenstellung über die ÖH-Serviceleistungen der letzten Jahre zeigen lässt. Es stimmt auch nicht, dass nicht-linke Gruppen nur Service und keine Politik machen, ob diese Politik gefällt ist dann allerdings eine Frage des politischen Geschmacks. Der VSStÖ tritt politisch wesentlich kantiger auf als die bürgerliche Konkurrenz, er ist mit seinen Zielen aber klarer, konkreter und treffsicherer als die MitbewerberInnen auf der linken Seite. Der VSStÖ beschränkt sich einerseits nicht auf Serviceleistungen, andererseits verliert er sich nicht in utopischen Sphären. Die Leute im VSStÖ konzentrieren sich auf politische Fragen die für Studierende relevant sind und versuchen den Status quo mit Nachdruck zum Besseren zu bewegen. Der VSStÖ ist weder ein weltfremder Protest-Workshop noch ein aalglatter Skriptenverleih, sondern eine hochseriöse politische Vertretung. Die VSStÖ-Spitzenkandidatin Julie Freidl (VWL-Masterstudierende an der WU Wien) bringt die lösungsorientierte Sachpolitik des VSStÖ im Standard-Chat folgendermaßen auf den Punkt: „Wir sind die einzige Fraktion, die Service und Politik wirklich verbinden kann. Uns ist es wichtig, dass wir konkrete Projekte zur Verbesserung der Situation von uns Studierenden umsetzen können.“

Kompetenz

Die Leute im VSStÖ kennen sich mit den Dingen aus für die sie verantwortlich sind. Dort wo der Verband an der „Exekutive“ (also an der ÖH-Regierung) beteiligt ist, zeichnet er sich meistens auch für das Sozialreferat verantwortlich. Spitzenkandidatin Julie Freidl ist selbst Sozialreferentin auf der Bundes-ÖH. Über sozial- und arbeitsrechtliche Belange Bescheid zu wissen gehört zu den Kernkompetenzen des VSStÖ, weshalb seit über zehn Jahren die jährlich aktualisierte ÖH-Sozialbroschüre erscheint. Dieses Wissen ist aber auch eine wesentliche Grundlage für die politischen Verhandlungen die von ÖH mit der Regierung geführt werden, oder die der Verband innerhalb der SPÖ vorantreibt. Das jüngste Beispiel ist ein leichterer Zugang zur Studienbeihilfe, weil alle Studienanfänger/innen aufgrund einer Initiative des VSStÖ bereits bei der Inskription über die Studienbeihilfe informiert werden. Der VSStÖ ist mit Sicherheit jene politische Gruppierung, die sich am meisten studierendenspezifische Fachkompetenz angeeignet hat. Spitzenkandidatin Julie Freidl im Standard-Chat über konkrete Vorhaben der Zukunft: „Auch heuer haben wir uns wieder einiges vorgenommen, wie etwa den Ausbau der Beratung um einen Vertragscheck. Studierende sollen die Möglichkeit haben von Expertinnen und Experten Miet- bis Arbeitsverträge durchprüfen lassen zu können. Auf der andereren Seite ist uns wichtig, dass wir konkrete Konzepte in der ÖH einbringen, wie etwa unser Modell zur Reformierung des Beihilfensystems.“

Professionalität

Die Leute im VSStÖ sind Profis. Auf inhaltliche und technische Schulung (Layout bis Projektmanagement) wird viel Wert gelegt, auf das Fachwissen wurde bereits hingewiesen. Der VSStÖ ist wie jede funktionierende Organisation ein Wissensspeicher der dazu dient, dass das Rad nicht immer neu erfunden werden muss. Diese organisatorische Professionalität wird dem Verband oftmals zum Vorwurf gemacht, weil viele Menschen glauben, dass spontanes und politisches Engagement abseits aller Organisation ursprünglicher, authentischer und letztlich besser sei. Das stimmt natürlich nicht, wie in jedem anderen Bereich ist auch politisches Engagement umso besser umso mehr Erfahrung gesammelt werden konnte und Frischlinge müssen sich erstmals mit Fragen die nicht trivial sind zurechtfinden – etwa in Bezug auf die interne Meinungsbildung oder bezüglich der  Mobilisierung zu Veranstaltungen. Gerade die große Protestbewegung „Uni brennt“ die 2009 Österreich erfasste hat gezeigt, dass spontaner Protest sehr wertvoll ist, dass jedoch ohne Kontinuität und die damit verbundenen Mühen der Ebene keine Nachhaltigkeit garantiert ist. Natürlich besteht bei professionellen Organisationen irgendwann die Gefahr der Abschottung und der Versteinerung, wie sich bei der SPÖ und andren Parteien zeigt. Der Vorteil von Studierendenorganisationen besteht darin, dass sie erstens auf Ehrenamt aufbauen und zweitens alle paar Jahre einen vollständigen Generationswechsel durchmachen, beides hält die Organisation frisch. Der VSStÖ ist sicher der professionellste unter den Studierendenorganisationen was garantiert, dass mit dem nötigen Realismus an den richtigen Schrauben gedreht wird.

Eigenständigkeit  

Einer Partei nahe zu stehen wirkt heute auf viele abschreckend oder befremdlich, als würde man damit seine Identität im Vorzimmer ablegen und zum/r willenlosen Parteisoldat/in mutieren. Faktum ist, Leute die zum VSStÖ gehen können genauso eigenständig denken wie alle anderen auch, es sind eben nur Leute die eine gewisse Weltanschauung teilen. Menschen kommen nicht mit 20 Jahren zum VSStÖ weil sie ein Parteiamt anstreben, sondern weil sie schon vorher sozialkritisch gedacht haben oder politisch spannend finden was die AktivistInnen treiben. Die Verankerung in der SPÖ ist auch kein Nachteil, sondern ein Vorteil für den VSStÖ weil es damit in der größten Partei Österreichs eine äußerst umtriebige Studierendenlobby gibt. Spitzenkandidatin Julie Freidl im Standard-Chat dazu: „Ich traue mich auch zu behaupten, dass es hauptsächlich durch unseren Einsatz innerhalb der SPÖ noch keine flächendeckende Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen gibt.“

Standhaftigkeit

Die Leute im VSStÖ wechseln ihre politischen Auffassungen nicht wie ihre Unterwäsche. Oftmals zum Leidwesen der SPÖ, die gerne versuchen würde in pragmatischen Deals mit dem Koalitionspartner diese oder jene Verschlechterung an den Unis durchzusetzen. Der Verband hält hinter wie vor den Kulissen dagegen und ist dabei auch erfolgreich. Das krasseste Beispiel ist vielleicht die Regierungsbildung 2007 unter dem damaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Dieser hatte im Wahlkampf zuvor die Abschaffung der Studiengebühren versprochen und weil die SPÖ das Versprechen nicht hielt, wurde ein Proteststurm losgetreten an dessen Spitze der VSStÖ stand. Die damalige rote ÖH-Vorsitzende Barbara Blaha ist aus der SPÖ ausgetreten und das Image der neuen Regierung und ihres Kanzlers war von der Geburtsstunde an beschädigt. Nur eineinhalb Jahre später war der Alfred Gusenbauer (aus vielerlei Gründen) politische Geschichte. Der erste Akt des neuen SPÖ-Chefs Werner Faymann bestand darin die Studiengebühren abzuschaffen. Historiker/innen werden die Relevanz des Aufstands des VSStÖ bei diesen Ereignissen einmal genauer beleuchten. Es ist aber sicher nicht übertrieben zu behaupten, dass die Abschaffung der Studiengebühren und das Ende eines Bundeskanzlers der seine Wahlversprechen nicht hielt sehr stark mit der Tätigkeit des VSStÖ verknüpft waren.

Das sind die Gründe weshalb ich den VSStÖ in meiner Studienzeit geschätzt habe und als politisches Betätigungsfeld auswählte. Jede politische Generation hat ihren Charakter und jeder Uni-Standort seine Spezifika. Meine Sicht auf den Verband ist sicher stark von meiner eigenen Zeit geprägt und klar auf Wien bezogen, nichtsdestotrotz glaube ich dass Professionalität, Kompetenz, Seriosität, Eigenständigkeit und Standhaftigkeit den Verband heute wie damals auszeichnen und dass der VSStÖ die beste politische Wahl ist – gerade auch für Pragmatiker/innen.

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