"Wir müssen wieder zur Bewegung werden"

Max Lercher

Er gilt als Zukunftshoffnung der steirischen Sozialdemokratie und zugleich als kritischer Geist, der auch schon gegen die Parteilinie gestimmt hat. Ein Interview mit dem steirischen Landtagsabgeordneten Max Lercher, in dem er Einblicke über den Zustand der SPÖ gewährt.

Interview geführt von Fergus Sweeney

Was hat dich motiviert politisch aktiv zu werden?

Da gab es mehrere Gründe. Zum einen die furchtbare schwarz-blaue Regierung und zum anderen mein Geschichte-Professor an der AHS. Ausschlaggebend war für mich aber die „Gegen Rechts“-Kampagne der SJ zu dieser Zeit und die Umsetzung eines „Rock gegen Rechts“-Konzertes. Ich komme aus einer sehr ländlichen Region und da wollte ich einfach für die Jugend etwas verändern und erreichen.

Was sind die wichtigsten Themen der nächsten Jahre, welche liegen dir besonders am Herzen und wie willst du sie lösen?

In der Landtagsarbeit vor allem das Jugendschutzgesetz. Wir wollen in der Steiermark auch eine Angleichung an das Wiener Gesetz, unseres ist ja noch restriktiver. Hier schaut es auch gut für eine Mehrheit aus. Zweitens die Jugendmobilitätsförderung. Wir sind geografisch gesehen ein ziemlich großes Bundesland und die Mobilitäts-Thematik ist gerade im ländlichen Raum eine Große. Ich will mit einer Kampagne und neuen Förderrichtlinien hier einiges verbessern. Auch Themen wie LehrerInnenfeedback und der „Sexkoffer neu“ sind Themen die ich bearbeite und von denen ich ausgehe sie auch umzusetzen. Auf Bundesebene ist für mich das zentrale Thema Verteilungsgerechtigkeit! Meine ganze Kraft wird hier in diese Richtung laufen. Abgesehen von Reichen- und Finanztransaktionssteuer müssen wir uns auch in Bereichen wie Pflege und Pensionen positionieren, denn auch hier gibt es riesiges Potential für Umverteilung. Ich glaube gerade dieses Thema und dessen Umsetzung wird zeigen ob wir als Sozialdemokratie langfristig noch relevant sein werden.

Du bist seit knapp einem Jahr der jüngste Abgeordnete zum steirischen Landtag, wie schwierig ist es in Zeiten der Sparbudgets seiner Linie treu zu bleiben?

In vielen Debatten und Beschlüssen natürlich sehr schwer. Gerade bei der Budgetdebatte war ich in einer schwierigen Situation. Die Wahrheit ist: Länder haben einnahmen-seitig einen verschwindend geringen Spielraum da wir maßgeblich am Finanzausgleich zwischen Bund und Länder partizipieren. Ich kämpfe wie wild dafür, dass dieser geringe Spielraum auch ausgenützt wird und habe dazu auch intern einiges eingebracht was auch kommen wird. Die Wahrheit ist aber auch dass in dieser Zwischensituation der Länder die Entscheidung nicht einfach Schwarz oder Weiß ist. Beim Bettelverbot wo ich gegen meine Fraktion stimmte war ich inhaltlich nie im Zweifel. Beim Budget bekam ich gerade mit Blick auf den Sozialhilfeverband und steigende Kosten für die Gemeinden ein anderes Bild. Ich bin ja auch Bezirksparteivorsitzender in Murau und somit auch für viele Gemeinden Interessenvertreter. Die Wahrheit ist, wir müssen als SPÖ neue Wege und Visionen finden unseren Sozialbereich abzusichern und langfristig auch auszubauen. Effektiv kann das nur auf Bundesebene geschehen. Ich merke einfach, dass wir in vielen Bereichen keine neuen Ideen haben progressive Politik zu betreiben. Um mich selbst auch immer wieder kritisch zu reflektieren gibt es in der SJ Steiermark auch die „AG Sozialistische Strategien“ die meine Landtagsarbeit beleuchtet. Durch einige schwierige Situationen steht man bald vor der Entscheidung ob man offen und aufgeschlossen mit Kritik umgeht oder einfach mit Funktionen aufhört.

Du bist vor allem von jungen Menschen gewählt worden. Was sagst du Jugendlichen die das Vertrauen in die Politik, bzw. die SPÖ verloren haben?

„Ich versteh‘ euch gut“, würde ich glaube ich sagen. Mir geht es selber auch oft so. Nichts desto trotz lasse ich den Kopf aber nicht hängen sondern kämpfe weiter für Verbesserungen und einen Kurswechsel und auch dazu würde ich jeden jungen Menschen einladen der enttäuscht ist. Wenn es gelingt bin ich mir sicher viele Enttäuschte kommen wieder.

Wo siehst du deine Rolle in der SPÖ, welche Erfahrungen hast du im Rahmen der Parteiarbeit gemacht?

Ich sehe meine Rolle in vielen Bereichen als kritisch reflektierende Stimme aber vor allem als Sprachrohr für die Jugend. Ich habe in der Parteiarbeit wirklich wunderbare Erfahrungen gemacht und mit der SJ wahnsinnige Erfolge gefeiert. Im Gegenzug hab ich auch wahnsinnig schlechte Erfahrungen gemacht wo ich am Boden zerstört war. Im Grunde geht’s aber immer darum das man am Boden bleibt und weiter kämpft.

Welche Möglichkeiten gibt es um die SPÖ demokratischer und offener zu gestalten?

In der SJ arbeiten wir mit einem SympathiesantInnensystem, welches glaube ich auch für die Partei sehr geeignet wäre. Wichtig ist aber vor allem ein Grundverständnis für Kritik wieder zu beleben. Ich rede immer gerne vom „Ochsenweg“ in unserer Bewegung, d.h. die guten kritischen Leute brechen uns über die Jahre hin weg und über bleiben die Ja-Sager mit gutem Sitzfleisch. Ein Prozess der Öffnung wird also nur funktionieren wenn wir es auch zulassen kritische Geister in Positionen zu lassen und uns selbstkritisch auch immer wieder mit dieser Kritik zu beschäftigen.

Welche Änderungen muss es in der Sozialdemokratie geben um auch im 21. Jahrhundert als Bewegung erfolgreich zu sein?

Naja, dass wir wieder zur Bewegung werden. Wir brauchen wieder eine Vision für unsere Gesellschaft. Wo ist die heute? Wir müssen wieder ein Bild vermitteln wo unsere Gesellschaft in 20 Jahren steht, für Umverteilung konsequent eintreten und die arbeitende Bevölkerung wieder in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. Wer glaubt, dass wir ewig von den Großtaten Bruno Kreisky leben können der täuscht sich. Unsere Politik muss künftig in allen Bereichen Umverteilung bedeuten und progressive Ansätze in Bildung wie auch Kultur beinhalten. Ein Programmprozess ist unumgänglich! Wenn wir wieder die Kraft und die Inhalte haben etwas positiv zu verändern, werden wir auch wieder erfolgreich sein, auch wenn wir einen Machtverlust,wie durch den Gang in die Opposition auf dem Weg dorthin in Kauf nehmen müssen.

Zur Person:
Max Lercher (24), aus St.Peter am Kammersberg ist Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Steiermark und der jüngste Abgeordnete zum steirischen Landtag.

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